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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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Niederungen des gewöhnlichen Lebens, und steige auf die
Höhen der Tugend, des Adels!"
Wohlan, ist nicht dies
der Eindruck einer jeden wahren Größe auf jede noch
unverdorbene Seele? Das ist eine Wahrheit, die wir
Alle schon erfahren und gefühlt haben; wer sie nicht mehr
versteht, muß verzweifelt tief herabgekommen sein. Ob
und wie weit man dies Grundgesetz der wahren Erziehung
vergessen hat oder nicht beachtet, will ich nicht berühren;
aber hieraus wird hoffentlich manchem klar, mit welcher
Unwissenheit, mit welcher Oberflächlichkeit heute über Er-
ziehung und Bildung der Jugend vielfach geschrieben und
geredet wird. Und doch ist die Kinderwelt nicht so eine
Art Versuchsfeld! Mir genügt indessen diese Wahrheit:
"Ehrfurchtsvolle Kinder haben ein unwiderstehliches Be-
dürfniß, das, wovor sie Ehrfurcht haben, auch zu er-
reichen."

Was folgt nun hieraus für euch, christliche Eltern,
für Alle, die sich irgendwie mit der Erziehung zu be-
schäftigen haben? Setzet einmal den eigenthümlichen Fall.
Wenn ihr den schönsten Menschen gefunden, der je war,
und ihr könnet die ganze Schönheit und Kraft seiner
Gestalt auch euern Kindern mittheilen, falls ihr ihnen den-
selben nur recht oft sehen lasset: - würdet ihr das nicht
mit aller Sorgfalt thun, so oft es nur möglich wäre?
Wenn ihr ihnen auf gleiche Weise die Seelengröße, den
Geistesadel, die Herzensschöne eines hl. Paulus, eines
hl. Chrysostomus, eines hl. Aloysius, eines hl. Vinzenz von
Paul, einer hl. Cäcilia, Agatha, Agnes, einer hl. Catharina
von Siena geben könntet, wie würdet ihr frohlocken?
Wohlan nun, was ich da sage, ist kein Traum, keine
Täuschung, keine bloße Voraussetzung, sondern Wahrheit,
Wirklichkeit. Zeigt euern Kindern nur was wirklich groß,
wirklich erhaben, heilig und göttlich ist, haltet sie an, dies
Alles mit Ehrfurcht zu verehren und diese Größe, dieser

Niederungen des gewöhnlichen Lebens, und steige auf die
Höhen der Tugend, des Adels!“
Wohlan, ist nicht dies
der Eindruck einer jeden wahren Größe auf jede noch
unverdorbene Seele? Das ist eine Wahrheit, die wir
Alle schon erfahren und gefühlt haben; wer sie nicht mehr
versteht, muß verzweifelt tief herabgekommen sein. Ob
und wie weit man dies Grundgesetz der wahren Erziehung
vergessen hat oder nicht beachtet, will ich nicht berühren;
aber hieraus wird hoffentlich manchem klar, mit welcher
Unwissenheit, mit welcher Oberflächlichkeit heute über Er-
ziehung und Bildung der Jugend vielfach geschrieben und
geredet wird. Und doch ist die Kinderwelt nicht so eine
Art Versuchsfeld! Mir genügt indessen diese Wahrheit:
„Ehrfurchtsvolle Kinder haben ein unwiderstehliches Be-
dürfniß, das, wovor sie Ehrfurcht haben, auch zu er-
reichen.“

Was folgt nun hieraus für euch, christliche Eltern,
für Alle, die sich irgendwie mit der Erziehung zu be-
schäftigen haben? Setzet einmal den eigenthümlichen Fall.
Wenn ihr den schönsten Menschen gefunden, der je war,
und ihr könnet die ganze Schönheit und Kraft seiner
Gestalt auch euern Kindern mittheilen, falls ihr ihnen den-
selben nur recht oft sehen lasset: – würdet ihr das nicht
mit aller Sorgfalt thun, so oft es nur möglich wäre?
Wenn ihr ihnen auf gleiche Weise die Seelengröße, den
Geistesadel, die Herzensschöne eines hl. Paulus, eines
hl. Chrysostomus, eines hl. Aloysius, eines hl. Vinzenz von
Paul, einer hl. Cäcilia, Agatha, Agnes, einer hl. Catharina
von Siena geben könntet, wie würdet ihr frohlocken?
Wohlan nun, was ich da sage, ist kein Traum, keine
Täuschung, keine bloße Voraussetzung, sondern Wahrheit,
Wirklichkeit. Zeigt euern Kindern nur was wirklich groß,
wirklich erhaben, heilig und göttlich ist, haltet sie an, dies
Alles mit Ehrfurcht zu verehren und diese Größe, dieser

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[238/0250] Niederungen des gewöhnlichen Lebens, und steige auf die Höhen der Tugend, des Adels!“ Wohlan, ist nicht dies der Eindruck einer jeden wahren Größe auf jede noch unverdorbene Seele? Das ist eine Wahrheit, die wir Alle schon erfahren und gefühlt haben; wer sie nicht mehr versteht, muß verzweifelt tief herabgekommen sein. Ob und wie weit man dies Grundgesetz der wahren Erziehung vergessen hat oder nicht beachtet, will ich nicht berühren; aber hieraus wird hoffentlich manchem klar, mit welcher Unwissenheit, mit welcher Oberflächlichkeit heute über Er- ziehung und Bildung der Jugend vielfach geschrieben und geredet wird. Und doch ist die Kinderwelt nicht so eine Art Versuchsfeld! Mir genügt indessen diese Wahrheit: „Ehrfurchtsvolle Kinder haben ein unwiderstehliches Be- dürfniß, das, wovor sie Ehrfurcht haben, auch zu er- reichen.“ Was folgt nun hieraus für euch, christliche Eltern, für Alle, die sich irgendwie mit der Erziehung zu be- schäftigen haben? Setzet einmal den eigenthümlichen Fall. Wenn ihr den schönsten Menschen gefunden, der je war, und ihr könnet die ganze Schönheit und Kraft seiner Gestalt auch euern Kindern mittheilen, falls ihr ihnen den- selben nur recht oft sehen lasset: – würdet ihr das nicht mit aller Sorgfalt thun, so oft es nur möglich wäre? Wenn ihr ihnen auf gleiche Weise die Seelengröße, den Geistesadel, die Herzensschöne eines hl. Paulus, eines hl. Chrysostomus, eines hl. Aloysius, eines hl. Vinzenz von Paul, einer hl. Cäcilia, Agatha, Agnes, einer hl. Catharina von Siena geben könntet, wie würdet ihr frohlocken? Wohlan nun, was ich da sage, ist kein Traum, keine Täuschung, keine bloße Voraussetzung, sondern Wahrheit, Wirklichkeit. Zeigt euern Kindern nur was wirklich groß, wirklich erhaben, heilig und göttlich ist, haltet sie an, dies Alles mit Ehrfurcht zu verehren und diese Größe, dieser

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/250>, abgerufen am 03.05.2024.