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Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

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Oder glaubet ihr etwa, die Sache sei doch nicht so
gefährlich. Ach Gott, denket an euere Erfahrungen und
dabei klaget ihr selbst, daß es von Jahr zu Jahr schlimmer
werde. Und dann soll's nicht gefährlich sein. Ueberall
gilt des Herrn Wort, aber hier tausendfach: "Willig ist
der Geist, aber das Fleisch ist schwach."
Und wenn gar
oft selbst der Geist nicht mehr für das Gute willig -
sondern boshaft - und dann soll keine Gefahr sein! -
Wenn man nur Tauf- und Ehe- und Familienbücher in
den Pfarreien durchgeht, - welch' tief eingewurzeltes und
weitverbreitetes Verbrechen! Wer zählt diese Betrogenen,
die jammern, verzweifeln? Wer zählt diese Auszehrigen,
welche die Ausschweifung für den Tod frühreif gemacht?
Und Selbstmord? - Und wenn Gott am Ende der Tage
jenes fürchterliche Buch öffnet in dem alles enthalten -
und dann soll's nicht gefährlich sein! -

Aber meine Kinder sind "unschuldig und brav".
Gut, das freut mich. Dann werden sie von selbst die
Bekanntschaft zur Ehrensache der Familie machen, und
wenn ihr Abends zu Bette gehen wolltet, werden sie sagen:
"Bleibet noch einige Augenblicke bei uns, sonst machen auch
wir Feierabend, denn wir wollen nicht allein bei einander sein."

Wenn sie aber von dieser Familiensache nichts mehr wissen
wollen, sondern allerlei, oft sogar fromme Schliche suchen,
um allein reden und handeln zu können, dann kommet mir
ja nicht mit ihrer Unschuld, mit ihrer Frömmigkeit -
selbst dann nicht, wenn sie weit und breit als die frömmsten
geachtet sind. Dann gilt hundertfach die Mahnung des
hl. Geistes: "Eine Tochter verursacht dem Vater heimliches
Wachen und die Sorge um sie raubt ihm den Schlaf."

Denn, wenn ihr dann nicht wachet und sorget und kämpfet,
daß die Bekanntschaft wahre und ganze Familiensache
bleibe, werdet ihr nicht bloß an der Schande und dem
Unglücke der Kinder die Hauptschuld tragen, sondern seid

Oder glaubet ihr etwa, die Sache sei doch nicht so
gefährlich. Ach Gott, denket an euere Erfahrungen und
dabei klaget ihr selbst, daß es von Jahr zu Jahr schlimmer
werde. Und dann soll's nicht gefährlich sein. Ueberall
gilt des Herrn Wort, aber hier tausendfach: „Willig ist
der Geist, aber das Fleisch ist schwach.“
Und wenn gar
oft selbst der Geist nicht mehr für das Gute willig –
sondern boshaft – und dann soll keine Gefahr sein! –
Wenn man nur Tauf- und Ehe- und Familienbücher in
den Pfarreien durchgeht, – welch' tief eingewurzeltes und
weitverbreitetes Verbrechen! Wer zählt diese Betrogenen,
die jammern, verzweifeln? Wer zählt diese Auszehrigen,
welche die Ausschweifung für den Tod frühreif gemacht?
Und Selbstmord? – Und wenn Gott am Ende der Tage
jenes fürchterliche Buch öffnet in dem alles enthalten –
und dann soll's nicht gefährlich sein! –

Aber meine Kinder sind „unschuldig und brav“.
Gut, das freut mich. Dann werden sie von selbst die
Bekanntschaft zur Ehrensache der Familie machen, und
wenn ihr Abends zu Bette gehen wolltet, werden sie sagen:
„Bleibet noch einige Augenblicke bei uns, sonst machen auch
wir Feierabend, denn wir wollen nicht allein bei einander sein.“

Wenn sie aber von dieser Familiensache nichts mehr wissen
wollen, sondern allerlei, oft sogar fromme Schliche suchen,
um allein reden und handeln zu können, dann kommet mir
ja nicht mit ihrer Unschuld, mit ihrer Frömmigkeit –
selbst dann nicht, wenn sie weit und breit als die frömmsten
geachtet sind. Dann gilt hundertfach die Mahnung des
hl. Geistes: „Eine Tochter verursacht dem Vater heimliches
Wachen und die Sorge um sie raubt ihm den Schlaf.“

Denn, wenn ihr dann nicht wachet und sorget und kämpfet,
daß die Bekanntschaft wahre und ganze Familiensache
bleibe, werdet ihr nicht bloß an der Schande und dem
Unglücke der Kinder die Hauptschuld tragen, sondern seid

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[76/0088] Oder glaubet ihr etwa, die Sache sei doch nicht so gefährlich. Ach Gott, denket an euere Erfahrungen und dabei klaget ihr selbst, daß es von Jahr zu Jahr schlimmer werde. Und dann soll's nicht gefährlich sein. Ueberall gilt des Herrn Wort, aber hier tausendfach: „Willig ist der Geist, aber das Fleisch ist schwach.“ Und wenn gar oft selbst der Geist nicht mehr für das Gute willig – sondern boshaft – und dann soll keine Gefahr sein! – Wenn man nur Tauf- und Ehe- und Familienbücher in den Pfarreien durchgeht, – welch' tief eingewurzeltes und weitverbreitetes Verbrechen! Wer zählt diese Betrogenen, die jammern, verzweifeln? Wer zählt diese Auszehrigen, welche die Ausschweifung für den Tod frühreif gemacht? Und Selbstmord? – Und wenn Gott am Ende der Tage jenes fürchterliche Buch öffnet in dem alles enthalten – und dann soll's nicht gefährlich sein! – Aber meine Kinder sind „unschuldig und brav“. Gut, das freut mich. Dann werden sie von selbst die Bekanntschaft zur Ehrensache der Familie machen, und wenn ihr Abends zu Bette gehen wolltet, werden sie sagen: „Bleibet noch einige Augenblicke bei uns, sonst machen auch wir Feierabend, denn wir wollen nicht allein bei einander sein.“ Wenn sie aber von dieser Familiensache nichts mehr wissen wollen, sondern allerlei, oft sogar fromme Schliche suchen, um allein reden und handeln zu können, dann kommet mir ja nicht mit ihrer Unschuld, mit ihrer Frömmigkeit – selbst dann nicht, wenn sie weit und breit als die frömmsten geachtet sind. Dann gilt hundertfach die Mahnung des hl. Geistes: „Eine Tochter verursacht dem Vater heimliches Wachen und die Sorge um sie raubt ihm den Schlaf.“ Denn, wenn ihr dann nicht wachet und sorget und kämpfet, daß die Bekanntschaft wahre und ganze Familiensache bleibe, werdet ihr nicht bloß an der Schande und dem Unglücke der Kinder die Hauptschuld tragen, sondern seid

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Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/88>, abgerufen am 24.04.2024.