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Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860.

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Das Wetter war fortwährend schlecht und die See ging
ungemein hoch; der Thermometer stand zwischen 19,2° und
20,3°. Bei dieser niedrigen Temperatur wurde der Geruch
des Salzfleisches, mit dem das Schiff beladen war, noch un-
erträglicher. Der Himmel zeigte zwei Wolkenschichten; die
untere war sehr dick und wurde ausnehmend rasch gegen Süd-
ost gejagt, die obere stand still und war in gleichen Abständen
in gekräuselte Streifen geteilt. In der Nähe des Kap San
Antonio legte sich der Wind endlich. Ich fand die Nordspitze
des Kaps unter 87° 17' 22", oder 2° 34' 14" ostwärts vom
Morro von Havana gelegen. Diese Länge geben demselben
die besten Karten noch jetzt. Wir waren noch 5 km vom
Lande, und doch verriet sich die Nähe von Cuba durch einen
köstlichen aromatischen Geruch. Die Seeleute versichern, wenn
man sich dem Vorgebirge Catoche an der dürren Küste von
Mexiko nähere, sei kein solcher Geruch zu spüren. Sobald
das Wetter heiterer wurde, stieg der Thermometer im Schatten
nach und nach auf 27°; wir rückten rasch nach Norden vor
mittels einer Strömung aus Süd-Süd-Ost, deren Temperatur
an der Wasserfläche 26,7° betrug, während ich außerhalb der-
selben Strömung nur 24,6° gefunden hatte. In der Besorg-
nis, ostwärts von der Havana zu kommen, wollte man an-
fangs die Schildkröteninseln (Dry Tortugas) am Südwest-
ende der Halbinsel Florida aufsuchen; aber seit Kap San
Antonio in Sicht gewesen, hatten wir zu Louis Verthouds
Chronometer so großes Zutrauen gesaßt, daß solches über-
flüssig erschien. Wir ankerten im Hafen der Havana am
19. Dezember nach einer 25tägigen Fahrt bei beständig schlech-
tem Wetter.



Das Wetter war fortwährend ſchlecht und die See ging
ungemein hoch; der Thermometer ſtand zwiſchen 19,2° und
20,3°. Bei dieſer niedrigen Temperatur wurde der Geruch
des Salzfleiſches, mit dem das Schiff beladen war, noch un-
erträglicher. Der Himmel zeigte zwei Wolkenſchichten; die
untere war ſehr dick und wurde ausnehmend raſch gegen Süd-
oſt gejagt, die obere ſtand ſtill und war in gleichen Abſtänden
in gekräuſelte Streifen geteilt. In der Nähe des Kap San
Antonio legte ſich der Wind endlich. Ich fand die Nordſpitze
des Kaps unter 87° 17′ 22″, oder 2° 34′ 14″ oſtwärts vom
Morro von Havana gelegen. Dieſe Länge geben demſelben
die beſten Karten noch jetzt. Wir waren noch 5 km vom
Lande, und doch verriet ſich die Nähe von Cuba durch einen
köſtlichen aromatiſchen Geruch. Die Seeleute verſichern, wenn
man ſich dem Vorgebirge Catoche an der dürren Küſte von
Mexiko nähere, ſei kein ſolcher Geruch zu ſpüren. Sobald
das Wetter heiterer wurde, ſtieg der Thermometer im Schatten
nach und nach auf 27°; wir rückten raſch nach Norden vor
mittels einer Strömung aus Süd-Süd-Oſt, deren Temperatur
an der Waſſerfläche 26,7° betrug, während ich außerhalb der-
ſelben Strömung nur 24,6° gefunden hatte. In der Beſorg-
nis, oſtwärts von der Havana zu kommen, wollte man an-
fangs die Schildkröteninſeln (Dry Tortugas) am Südweſt-
ende der Halbinſel Florida aufſuchen; aber ſeit Kap San
Antonio in Sicht geweſen, hatten wir zu Louis Verthouds
Chronometer ſo großes Zutrauen geſaßt, daß ſolches über-
flüſſig erſchien. Wir ankerten im Hafen der Havana am
19. Dezember nach einer 25tägigen Fahrt bei beſtändig ſchlech-
tem Wetter.



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[301/0309] Das Wetter war fortwährend ſchlecht und die See ging ungemein hoch; der Thermometer ſtand zwiſchen 19,2° und 20,3°. Bei dieſer niedrigen Temperatur wurde der Geruch des Salzfleiſches, mit dem das Schiff beladen war, noch un- erträglicher. Der Himmel zeigte zwei Wolkenſchichten; die untere war ſehr dick und wurde ausnehmend raſch gegen Süd- oſt gejagt, die obere ſtand ſtill und war in gleichen Abſtänden in gekräuſelte Streifen geteilt. In der Nähe des Kap San Antonio legte ſich der Wind endlich. Ich fand die Nordſpitze des Kaps unter 87° 17′ 22″, oder 2° 34′ 14″ oſtwärts vom Morro von Havana gelegen. Dieſe Länge geben demſelben die beſten Karten noch jetzt. Wir waren noch 5 km vom Lande, und doch verriet ſich die Nähe von Cuba durch einen köſtlichen aromatiſchen Geruch. Die Seeleute verſichern, wenn man ſich dem Vorgebirge Catoche an der dürren Küſte von Mexiko nähere, ſei kein ſolcher Geruch zu ſpüren. Sobald das Wetter heiterer wurde, ſtieg der Thermometer im Schatten nach und nach auf 27°; wir rückten raſch nach Norden vor mittels einer Strömung aus Süd-Süd-Oſt, deren Temperatur an der Waſſerfläche 26,7° betrug, während ich außerhalb der- ſelben Strömung nur 24,6° gefunden hatte. In der Beſorg- nis, oſtwärts von der Havana zu kommen, wollte man an- fangs die Schildkröteninſeln (Dry Tortugas) am Südweſt- ende der Halbinſel Florida aufſuchen; aber ſeit Kap San Antonio in Sicht geweſen, hatten wir zu Louis Verthouds Chronometer ſo großes Zutrauen geſaßt, daß ſolches über- flüſſig erſchien. Wir ankerten im Hafen der Havana am 19. Dezember nach einer 25tägigen Fahrt bei beſtändig ſchlech- tem Wetter.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Reise in die Aequinoktial-Gegenden des neuen Kontinents. Bd. 4. Übers. v. Hermann Hauff. Stuttgart, 1860, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_aequinoktial04_1859/309>, abgerufen am 23.04.2024.