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Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134.

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gezeichnete Arten. Die Zahl der noch nicht beschriebenen Arten kann man
überhaupt auf 600 rechnen. Holzproben sind 44 und Arzneiwaaren aus dem
Pflanzenreiche 40 mitgebracht. Es ist sehr zu bedauern, dass 48 Stämmchen
lebender Bäume bis auf eine Weidenart (Salix subserrata) abgestorben an-
kamen. Die Pflanzenuntersuchungen nach dem Leben auf der Stelle ent-
worfen, betreffen mehr als 1000 Arten. Blüthen und Früchte sind in Menge
zergliedert und sogleich gezeichnet, Saftpflanzen vollständig abgebildet. Das
grosse Talent des Herrn Ehrenberg im Zeichnen ist ihm gar sehr zu Statten
gekommen, mit vielem Geschick hat er den Baumschlag fremder Bäume auf-
zufassen gewusst. Die meisten von Forskal beschriebenen Arten sind wieder
gefunden worden. Myrrhe haben die Reisenden von Amyris Kataf selbst ge-
sammelt, die verschiedenen Bäume, von welchen das arabische Gummi und
die Sennesblätter kommen, genau bestimmt, auch über die Gewinnung der
Aloe Aufschlüsse gegeben. Die Manna am Sinai kommt von einer vorher
noch unbekannten Tamarisken-Art. Drei neue Brodtpflanzen wurden beob-
achtet, Zygophyllum album, Panicum turgidum und Cucumis farinosa. Die
Farbe des rothen Meeres hat schon seit langer Zeit zu vielen Untersuchungen
Veranlassung gegeben, Herr Ehrenberg sah zuerst, dass sie von einer klei-
nen Oscillatoria herrühre, einem von jenen kleinen Gewächsen, welche zwi-
schen dem Thierreiche und Pflanzenreiche in der Mitte stehen. Wir wissen
nun durch Herrn Ehrenberg, dass die Schimmelarten, kleine Pflanzen, welche
sich auf verdorbenen Sachen erzeugen, unter verschiedenen Himmelsstrichen
völlig dieselben sind, überhaupt, dass die niedern Vegetationen unter allen
Klimaten dieselben bleiben. Die Anfänge der Vegetation auf den flachen
Inseln im rothen Meere sind genau beobachtet worden. Überall sind die
Reisenden auf die Verbreitung der Pflanzen, sowohl der gebaueten als
wilden sehr aufmerksam gewesen, und die Pflanzengeographie erwartet daher
eine grosse Erweiterung.



Resultate für Zoologie.

Was im Fache der Zoologie von den Reisenden geleistet worden, steht
nicht nur mit ihren übrigen Arbeiten in gleicher Höhe, sondern ist in Reich-
thum, Mannigfaltigkeit und sorgsamer Behandlung des Gesammelten, so wie
in Gründlichkeit der darüber angestellten und niedergeschriebenen Beobach-

Phys. Klasse 1826. Q

über Hemprichs und Ehrenbergs Reise.
gezeichnete Arten. Die Zahl der noch nicht beschriebenen Arten kann man
überhaupt auf 600 rechnen. Holzproben sind 44 und Arzneiwaaren aus dem
Pflanzenreiche 40 mitgebracht. Es ist sehr zu bedauern, daſs 48 Stämmchen
lebender Bäume bis auf eine Weidenart (Salix subserrata) abgestorben an-
kamen. Die Pflanzenuntersuchungen nach dem Leben auf der Stelle ent-
worfen, betreffen mehr als 1000 Arten. Blüthen und Früchte sind in Menge
zergliedert und sogleich gezeichnet, Saftpflanzen vollständig abgebildet. Das
groſse Talent des Herrn Ehrenberg im Zeichnen ist ihm gar sehr zu Statten
gekommen, mit vielem Geschick hat er den Baumschlag fremder Bäume auf-
zufassen gewuſst. Die meisten von Forskal beschriebenen Arten sind wieder
gefunden worden. Myrrhe haben die Reisenden von Amyris Kataf selbst ge-
sammelt, die verschiedenen Bäume, von welchen das arabische Gummi und
die Sennesblätter kommen, genau bestimmt, auch über die Gewinnung der
Aloë Aufschlüsse gegeben. Die Manna am Sinai kommt von einer vorher
noch unbekannten Tamarisken-Art. Drei neue Brodtpflanzen wurden beob-
achtet, Zygophyllum album, Panicum turgidum und Cucumis farinosa. Die
Farbe des rothen Meeres hat schon seit langer Zeit zu vielen Untersuchungen
Veranlassung gegeben, Herr Ehrenberg sah zuerst, daſs sie von einer klei-
nen Oscillatoria herrühre, einem von jenen kleinen Gewächsen, welche zwi-
schen dem Thierreiche und Pflanzenreiche in der Mitte stehen. Wir wissen
nun durch Herrn Ehrenberg, daſs die Schimmelarten, kleine Pflanzen, welche
sich auf verdorbenen Sachen erzeugen, unter verschiedenen Himmelsstrichen
völlig dieselben sind, überhaupt, daſs die niedern Vegetationen unter allen
Klimaten dieselben bleiben. Die Anfänge der Vegetation auf den flachen
Inseln im rothen Meere sind genau beobachtet worden. Überall sind die
Reisenden auf die Verbreitung der Pflanzen, sowohl der gebaueten als
wilden sehr aufmerksam gewesen, und die Pflanzengeographie erwartet daher
eine groſse Erweiterung.



Resultate für Zoologie.

Was im Fache der Zoologie von den Reisenden geleistet worden, steht
nicht nur mit ihren übrigen Arbeiten in gleicher Höhe, sondern ist in Reich-
thum, Mannigfaltigkeit und sorgsamer Behandlung des Gesammelten, so wie
in Gründlichkeit der darüber angestellten und niedergeschriebenen Beobach-

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[121/0012] über Hemprichs und Ehrenbergs Reise. gezeichnete Arten. Die Zahl der noch nicht beschriebenen Arten kann man überhaupt auf 600 rechnen. Holzproben sind 44 und Arzneiwaaren aus dem Pflanzenreiche 40 mitgebracht. Es ist sehr zu bedauern, daſs 48 Stämmchen lebender Bäume bis auf eine Weidenart (Salix subserrata) abgestorben an- kamen. Die Pflanzenuntersuchungen nach dem Leben auf der Stelle ent- worfen, betreffen mehr als 1000 Arten. Blüthen und Früchte sind in Menge zergliedert und sogleich gezeichnet, Saftpflanzen vollständig abgebildet. Das groſse Talent des Herrn Ehrenberg im Zeichnen ist ihm gar sehr zu Statten gekommen, mit vielem Geschick hat er den Baumschlag fremder Bäume auf- zufassen gewuſst. Die meisten von Forskal beschriebenen Arten sind wieder gefunden worden. Myrrhe haben die Reisenden von Amyris Kataf selbst ge- sammelt, die verschiedenen Bäume, von welchen das arabische Gummi und die Sennesblätter kommen, genau bestimmt, auch über die Gewinnung der Aloë Aufschlüsse gegeben. Die Manna am Sinai kommt von einer vorher noch unbekannten Tamarisken-Art. Drei neue Brodtpflanzen wurden beob- achtet, Zygophyllum album, Panicum turgidum und Cucumis farinosa. Die Farbe des rothen Meeres hat schon seit langer Zeit zu vielen Untersuchungen Veranlassung gegeben, Herr Ehrenberg sah zuerst, daſs sie von einer klei- nen Oscillatoria herrühre, einem von jenen kleinen Gewächsen, welche zwi- schen dem Thierreiche und Pflanzenreiche in der Mitte stehen. Wir wissen nun durch Herrn Ehrenberg, daſs die Schimmelarten, kleine Pflanzen, welche sich auf verdorbenen Sachen erzeugen, unter verschiedenen Himmelsstrichen völlig dieselben sind, überhaupt, daſs die niedern Vegetationen unter allen Klimaten dieselben bleiben. Die Anfänge der Vegetation auf den flachen Inseln im rothen Meere sind genau beobachtet worden. Überall sind die Reisenden auf die Verbreitung der Pflanzen, sowohl der gebaueten als wilden sehr aufmerksam gewesen, und die Pflanzengeographie erwartet daher eine groſse Erweiterung. Resultate für Zoologie. Was im Fache der Zoologie von den Reisenden geleistet worden, steht nicht nur mit ihren übrigen Arbeiten in gleicher Höhe, sondern ist in Reich- thum, Mannigfaltigkeit und sorgsamer Behandlung des Gesammelten, so wie in Gründlichkeit der darüber angestellten und niedergeschriebenen Beobach- Phys. Klasse 1826. Q

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134, hier S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bericht_1826/12>, abgerufen am 25.04.2024.