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Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134.

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über Hemprichs und Ehrenbergs Reise.
Ehrenberg's Händen befindlichen Manuscripte des Doctor Hemprich un-
gemein reiche Materialien für Zoologie und vergleichende Anatomie in den
höhern Thierklassen. Es ist nicht mit Stillschweigen zu übergehn, dass sich
darin auch höchst interressante Beiträge zur Naturgeschichte der africanischen
Hausthiere finden.

Eine Nilpferdhaut samt Skelet und eine Giraffenhaut erhielt Doctor
Hemprich zum Geschenk von Abdim Bey, dem Gouverneur von Dongola.

Von Vögeln ist die Zahl aller gesammelten und theils in abgebalgten
Häuten, theils in Weingeist, theils skeletirt übersandten Individuen 4671,
und diese sind begriffen unter 429 Arten.

Schon die ersten Sendungen enthielten alles, was die vortrefflichen nur
leider nicht zahlreichen ornithologischen Blätter der Description de l'Egypte
darstellen, und was die folgenden brachten, steigerte in immer gleichem
Maass die Bewunderung des unerschöpflichen Reichthums jener Gegenden,
wie des unermüdlichen Fleisses unserer Sammler. Indessen das Nilthal noch
viele europäische Vögel lieferte, deren jeder aber für die eben jetzt so rasch
vorschreitende Ausbildung der heimischen Ornithologie von grossem Werth
war, wurden die Besuche in Dongola, Arabien, Syrien, endlich in Habessinien
Ursach eines immer grösseren Reichthums der Sammlung an tropischen Vö-
gelformen. Die Steppen lieferten Trappen, Ganga's, Lerchen, Steinschmätzer
von nie gesehenen Arten, ja durchaus neue Bildungsstufen innerhalb dieser
Gattungen; die feuchten Ufer eine Schaar von Sängern, Drosseln, Bienen-
fressern, Honigsaugern, Eisvögeln; der Meeresstrand Regenpfeifer, Wasser-
läufer, Löffelreiher, Möwen und Seeschwalben; fast in allen diesen Gattun-
gen mehr Neues und Seltsames, als Bekanntes und Gewöhnliches. Einige
derselben namentlich Alauda, Saxicola, Charadrius, Larus und Sterna bedür-
fen nunmehr einer gänzlichen Revision, ja einer neuen Feststellung ihrer ein-
fachsten Merkmale; andre wie Nectarinia, Merops, Lanius, Hirundo, sind so
ausnehmend bereichert, dass eine monographische Behandlung derselben für
jetzt nur hier möglich sein wird.

Als ausgezeichnete Einzelnheiten verdienen nicht bloss die ungemein
schönen Exemplare des Strausses aus Cordofan, sondern der prachtvolle
Purpurstorch (C. Abdimii), der langgeschopfte Ibis (I. comata), der grosse
ägyptische Mönchsgeier, der weissköpfige Edelfalk (wahrscheinlich das Ur-
bild des in Verbindung mit dem Sonnengott Phre so oft vorgestellten heiligen


über Hemprichs und Ehrenbergs Reise.
Ehrenberg's Händen befindlichen Manuscripte des Doctor Hemprich un-
gemein reiche Materialien für Zoologie und vergleichende Anatomie in den
höhern Thierklassen. Es ist nicht mit Stillschweigen zu übergehn, daſs sich
darin auch höchst interressante Beiträge zur Naturgeschichte der africanischen
Hausthiere finden.

Eine Nilpferdhaut samt Skelet und eine Giraffenhaut erhielt Doctor
Hemprich zum Geschenk von Abdim Bey, dem Gouverneur von Dongola.

Von Vögeln ist die Zahl aller gesammelten und theils in abgebalgten
Häuten, theils in Weingeist, theils skeletirt übersandten Individuen 4671,
und diese sind begriffen unter 429 Arten.

Schon die ersten Sendungen enthielten alles, was die vortrefflichen nur
leider nicht zahlreichen ornithologischen Blätter der Description de l'Egypte
darstellen, und was die folgenden brachten, steigerte in immer gleichem
Maaſs die Bewunderung des unerschöpflichen Reichthums jener Gegenden,
wie des unermüdlichen Fleiſses unserer Sammler. Indessen das Nilthal noch
viele europäische Vögel lieferte, deren jeder aber für die eben jetzt so rasch
vorschreitende Ausbildung der heimischen Ornithologie von groſsem Werth
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Ursach eines immer gröſseren Reichthums der Sammlung an tropischen Vö-
gelformen. Die Steppen lieferten Trappen, Ganga's, Lerchen, Steinschmätzer
von nie gesehenen Arten, ja durchaus neue Bildungsstufen innerhalb dieser
Gattungen; die feuchten Ufer eine Schaar von Sängern, Drosseln, Bienen-
fressern, Honigsaugern, Eisvögeln; der Meeresstrand Regenpfeifer, Wasser-
läufer, Löffelreiher, Möwen und Seeschwalben; fast in allen diesen Gattun-
gen mehr Neues und Seltsames, als Bekanntes und Gewöhnliches. Einige
derselben namentlich Alauda, Saxicola, Charadrius, Larus und Sterna bedür-
fen nunmehr einer gänzlichen Revision, ja einer neuen Feststellung ihrer ein-
fachsten Merkmale; andre wie Nectarinia, Merops, Lanius, Hirundo, sind so
ausnehmend bereichert, daſs eine monographische Behandlung derselben für
jetzt nur hier möglich sein wird.

Als ausgezeichnete Einzelnheiten verdienen nicht bloſs die ungemein
schönen Exemplare des Strauſses aus Cordofan, sondern der prachtvolle
Purpurstorch (C. Abdimii), der langgeschopfte Ibis (I. comata), der groſse
ägyptische Mönchsgeier, der weiſsköpfige Edelfalk (wahrscheinlich das Ur-
bild des in Verbindung mit dem Sonnengott Phre so oft vorgestellten heiligen

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[125/0016] über Hemprichs und Ehrenbergs Reise. Ehrenberg's Händen befindlichen Manuscripte des Doctor Hemprich un- gemein reiche Materialien für Zoologie und vergleichende Anatomie in den höhern Thierklassen. Es ist nicht mit Stillschweigen zu übergehn, daſs sich darin auch höchst interressante Beiträge zur Naturgeschichte der africanischen Hausthiere finden. Eine Nilpferdhaut samt Skelet und eine Giraffenhaut erhielt Doctor Hemprich zum Geschenk von Abdim Bey, dem Gouverneur von Dongola. Von Vögeln ist die Zahl aller gesammelten und theils in abgebalgten Häuten, theils in Weingeist, theils skeletirt übersandten Individuen 4671, und diese sind begriffen unter 429 Arten. Schon die ersten Sendungen enthielten alles, was die vortrefflichen nur leider nicht zahlreichen ornithologischen Blätter der Description de l'Egypte darstellen, und was die folgenden brachten, steigerte in immer gleichem Maaſs die Bewunderung des unerschöpflichen Reichthums jener Gegenden, wie des unermüdlichen Fleiſses unserer Sammler. Indessen das Nilthal noch viele europäische Vögel lieferte, deren jeder aber für die eben jetzt so rasch vorschreitende Ausbildung der heimischen Ornithologie von groſsem Werth war, wurden die Besuche in Dongola, Arabien, Syrien, endlich in Habessinien Ursach eines immer gröſseren Reichthums der Sammlung an tropischen Vö- gelformen. Die Steppen lieferten Trappen, Ganga's, Lerchen, Steinschmätzer von nie gesehenen Arten, ja durchaus neue Bildungsstufen innerhalb dieser Gattungen; die feuchten Ufer eine Schaar von Sängern, Drosseln, Bienen- fressern, Honigsaugern, Eisvögeln; der Meeresstrand Regenpfeifer, Wasser- läufer, Löffelreiher, Möwen und Seeschwalben; fast in allen diesen Gattun- gen mehr Neues und Seltsames, als Bekanntes und Gewöhnliches. Einige derselben namentlich Alauda, Saxicola, Charadrius, Larus und Sterna bedür- fen nunmehr einer gänzlichen Revision, ja einer neuen Feststellung ihrer ein- fachsten Merkmale; andre wie Nectarinia, Merops, Lanius, Hirundo, sind so ausnehmend bereichert, daſs eine monographische Behandlung derselben für jetzt nur hier möglich sein wird. Als ausgezeichnete Einzelnheiten verdienen nicht bloſs die ungemein schönen Exemplare des Strauſses aus Cordofan, sondern der prachtvolle Purpurstorch (C. Abdimii), der langgeschopfte Ibis (I. comata), der groſse ägyptische Mönchsgeier, der weiſsköpfige Edelfalk (wahrscheinlich das Ur- bild des in Verbindung mit dem Sonnengott Phre so oft vorgestellten heiligen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134, hier S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bericht_1826/16>, abgerufen am 25.04.2024.