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Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134.

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Resultate für Länder- und Völkerkunde.

Bei dem Zweck der Reise, den wir in dem Eingange zu diesem Be-
richte ausgesprochen haben, sind Beobachtungen über Völker- und Länder-
kunde, so wie graphische Versuche dieser Art nur als Nebenarbeiten zu be-
trachten; doch wird die kurzgefasste Erwähnung dessen, was auch in diesem
Fache geschehen ist, lehren, dass die Reisenden, ohne Hülfe astronomischer
Ortsbestimmungen, durch häufige Messung der Winkel, welche die wich-
tigsten Punkte mit dem magnetischen Meridian machen, durch Schätzen der
Abstände und durch sorgfältig geführte Itinerarien doch viele wichtige topo-
graphische Materialien zusammengetragen haben. Am Eingange des Meer-
busens von Akaba und bei Gisan hat Herr Ehrenberg die Umrisse mehre-
rer Inseln gezeichnet, welche in Valenzia's Karten gänzlich fehlen. Die
Insel Farsan von drei Tagereisen im Umfange mit drei Dörfern und mehre-
ren Häfen für kleine Schiffe, ist als eine neue geographische Entdeckung zu
betrachten. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen ferner die Reise-
routen von Tor nach dem Sinai und Suez; über Bir Beda nach dem Schilf-
sumpfe ohnweit dem Berge Goaebe; von Suez bis zur Insel Cameran längs
der Ostküste des rothen Meeres, wo eine Menge Ankerplätze den Geogra-
phen unbekannt waren; von Gumfude in das Land der Wechabiten bis zum
Berge Derban; von Massaua in Habessinien bis zu dem Taranta-Gebirge
und den warmen Quellen bei Eilet; von den beiden Schneespitzen des Li-
banon
durch Cölesyrien nach Balbek und von da nach der Küste von Tri-
polis
; von Alexandrien nach Bir el Kor und von da nach der Oase von Siwa.
In den nördlichen Küstenländern des rothen Meeres wurden geographische
Beobachtungen gesammelt, welche für die ältesten und ehrwürdigsten Tra-
ditionen des Menschengeschlechts aufklärend sind. So sahen die Reisenden
Bir Beda, wahrscheinlich das bisher noch unbestimmt gebliebene Bedea der
heiligen Schrift und das Schilfmeer Jam suf. Das alte Midian, Moses
Aufenthaltsort, wird noch durch die Lage von Magne, wo Häuser von
Gärten umgeben liegen, bezeichnet. Bei Tor erkannten Ehrenberg und
Hemprich in dem warmen Quell Rhalin die Station der Israeliten Elim.
Brunnen sind in diesen Ländern bleibendere Denkmähler der Natur, als
Wälder und Sandhügel. Ausser diesen geographischen Notizen haben die
Reisenden noch nach Europa gesandt:

Resultate für Länder- und Völkerkunde.

Bei dem Zweck der Reise, den wir in dem Eingange zu diesem Be-
richte ausgesprochen haben, sind Beobachtungen über Völker- und Länder-
kunde, so wie graphische Versuche dieser Art nur als Nebenarbeiten zu be-
trachten; doch wird die kurzgefaſste Erwähnung dessen, was auch in diesem
Fache geschehen ist, lehren, daſs die Reisenden, ohne Hülfe astronomischer
Ortsbestimmungen, durch häufige Messung der Winkel, welche die wich-
tigsten Punkte mit dem magnetischen Meridian machen, durch Schätzen der
Abstände und durch sorgfältig geführte Itinerarien doch viele wichtige topo-
graphische Materialien zusammengetragen haben. Am Eingange des Meer-
busens von Akaba und bei Gisan hat Herr Ehrenberg die Umrisse mehre-
rer Inseln gezeichnet, welche in Valenzia's Karten gänzlich fehlen. Die
Insel Farsan von drei Tagereisen im Umfange mit drei Dörfern und mehre-
ren Häfen für kleine Schiffe, ist als eine neue geographische Entdeckung zu
betrachten. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen ferner die Reise-
routen von Tor nach dem Sinai und Suez; über Bir Beda nach dem Schilf-
sumpfe ohnweit dem Berge Goaebe; von Suez bis zur Insel Cameran längs
der Ostküste des rothen Meeres, wo eine Menge Ankerplätze den Geogra-
phen unbekannt waren; von Gumfude in das Land der Wechabiten bis zum
Berge Derban; von Massaua in Habessinien bis zu dem Taranta-Gebirge
und den warmen Quellen bei Eilet; von den beiden Schneespitzen des Li-
banon
durch Cölesyrien nach Balbek und von da nach der Küste von Tri-
polis
; von Alexandrien nach Bir el Kor und von da nach der Oase von Siwa.
In den nördlichen Küstenländern des rothen Meeres wurden geographische
Beobachtungen gesammelt, welche für die ältesten und ehrwürdigsten Tra-
ditionen des Menschengeschlechts aufklärend sind. So sahen die Reisenden
Bir Beda, wahrscheinlich das bisher noch unbestimmt gebliebene Bedea der
heiligen Schrift und das Schilfmeer Jam suf. Das alte Midian, Moses
Aufenthaltsort, wird noch durch die Lage von Magne, wo Häuser von
Gärten umgeben liegen, bezeichnet. Bei Tor erkannten Ehrenberg und
Hemprich in dem warmen Quell Rhalin die Station der Israeliten Elim.
Brunnen sind in diesen Ländern bleibendere Denkmähler der Natur, als
Wälder und Sandhügel. Auſser diesen geographischen Notizen haben die
Reisenden noch nach Europa gesandt:

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[132/0023] A. v. Humboldt Resultate für Länder- und Völkerkunde. Bei dem Zweck der Reise, den wir in dem Eingange zu diesem Be- richte ausgesprochen haben, sind Beobachtungen über Völker- und Länder- kunde, so wie graphische Versuche dieser Art nur als Nebenarbeiten zu be- trachten; doch wird die kurzgefaſste Erwähnung dessen, was auch in diesem Fache geschehen ist, lehren, daſs die Reisenden, ohne Hülfe astronomischer Ortsbestimmungen, durch häufige Messung der Winkel, welche die wich- tigsten Punkte mit dem magnetischen Meridian machen, durch Schätzen der Abstände und durch sorgfältig geführte Itinerarien doch viele wichtige topo- graphische Materialien zusammengetragen haben. Am Eingange des Meer- busens von Akaba und bei Gisan hat Herr Ehrenberg die Umrisse mehre- rer Inseln gezeichnet, welche in Valenzia's Karten gänzlich fehlen. Die Insel Farsan von drei Tagereisen im Umfange mit drei Dörfern und mehre- ren Häfen für kleine Schiffe, ist als eine neue geographische Entdeckung zu betrachten. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen ferner die Reise- routen von Tor nach dem Sinai und Suez; über Bir Beda nach dem Schilf- sumpfe ohnweit dem Berge Goaebe; von Suez bis zur Insel Cameran längs der Ostküste des rothen Meeres, wo eine Menge Ankerplätze den Geogra- phen unbekannt waren; von Gumfude in das Land der Wechabiten bis zum Berge Derban; von Massaua in Habessinien bis zu dem Taranta-Gebirge und den warmen Quellen bei Eilet; von den beiden Schneespitzen des Li- banon durch Cölesyrien nach Balbek und von da nach der Küste von Tri- polis; von Alexandrien nach Bir el Kor und von da nach der Oase von Siwa. In den nördlichen Küstenländern des rothen Meeres wurden geographische Beobachtungen gesammelt, welche für die ältesten und ehrwürdigsten Tra- ditionen des Menschengeschlechts aufklärend sind. So sahen die Reisenden Bir Beda, wahrscheinlich das bisher noch unbestimmt gebliebene Bedea der heiligen Schrift und das Schilfmeer Jam suf. Das alte Midian, Moses Aufenthaltsort, wird noch durch die Lage von Magne, wo Häuser von Gärten umgeben liegen, bezeichnet. Bei Tor erkannten Ehrenberg und Hemprich in dem warmen Quell Rhalin die Station der Israeliten Elim. Brunnen sind in diesen Ländern bleibendere Denkmähler der Natur, als Wälder und Sandhügel. Auſser diesen geographischen Notizen haben die Reisenden noch nach Europa gesandt:

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Bericht über die Naturhistorischen Reisen der Herren Ehrenberg und Hemprich; durch Ägypten, Dongola, Syrien, Arabien und den östlichen Abfall des Habessinischen Hochlandes, in den Jahren 1820-1825. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, physikalische Klasse. Berlin, 1826, S. 111-134, hier S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bericht_1826/23>, abgerufen am 19.04.2024.