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Humboldt, Alexander von: [Über die Hochebene von Bogota]. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1838, S. 38-43.

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Der Pass, auf dem Burnes zwischen Kabul und Balkh den Hindu-
Kho
, bei dem alten Bamiyan, überschritt, ist auf dem höchsten
Punkte fast 1000 Fuss niedriger als das Strassenpflaster der obern
Stadt Potosi.

In diesen allgemeinen Betrachtungen, welche der Abhandlung
zum Eingange dienen, untersucht Herr von Humboldt die Stellen der Alten,
in denen das allgemeine Gesetz der, unabhängig von der geo-
graphischen Breite, mit der blossen Erhebung des Bodens zu-
nehmenden Kälte der Klimate ausgesprochen ist. Der von He-
rodot
geläugneten Schneeberge in Afrika zwischen den Wende-
kreisen erwähnt zuerst die Adulische Inschrift. Im Neuen Con-
tinent
wurde der ewige Schnee der Tropen-Region zuerst in
dem Gebirge von Citarma (jetzt Nevados de Santa Marta),
neun Jahr nach Columbus erster Entdeckung, gesehen. Petrus
Martyr de Anghiera
, in einem für den Pabst Leo X. geschriebenen
Buche, bemerkte zuerst, dass die untere Grenze des ewigen
Schnees mit abnehmender Breite sich erhebe. Neuere Beobachtun-
gen lehren den Einfluss der Hochebenen auf die mittlere Temperatur.
Sie ist 1°,5 bis 2°,3 grösser, als in gleicher Höhe an dem ununter-
brochenen Abhange der Gebirgsketten: auch bemerkt man Unter-
schiede zwischen der Mitte der Hochebene und den Rändern. Dem
Ackerbau, besonders der Cultur des Mays und den europäischen
Cerealien ist, in den Hochebenen, besonders, wenn sie sich über
7800 Fuss erheben, das Erfrieren durch nächtliche Strahlung der
Bodenwärme gegen einen heiteren, dunstfreien Himmel, durch
unbewegte dünne und sehr trockene Luft, gefahrbringend. Jedes
Plateau hat ein eigenes individuelles Klima, welches durch seinen
Vegetationszustand, die Gestalt der umgebenden nächsten Fels-
wände, ihre Stellung zu den herrschenden Winden und ihre Farbe,
wie durch den periodischen Gang der Störungen im elektrischen
Gleichgewicht der Atmosphäre bedingt wird. Die numerischen
Resultate der mittleren Tag- und Nacht-Temperaturen geben allein,
bei dem verwickelten Gange des meteorologischen Prozesses, kein
treues Bild der localen Klimate. Auch von dieser Seite bietet, in
der glücklichen Tropen-Zone, die kleinste Raumfläche die höchst-
möglichste Mannichfaltigkeit von Naturerscheinungen dar, sei es
in den meteorisch vorübergehenden oder in den durch innere Ent-
wickelung sich ewig erneuernden des organischen Lebens.

Der Paſs, auf dem Burnes zwischen Kabul und Balkh den Hindu-
Kho
, bei dem alten Bamiyan, überschritt, ist auf dem höchsten
Punkte fast 1000 Fuſs niedriger als das Straſsenpflaster der obern
Stadt Potosi.

In diesen allgemeinen Betrachtungen, welche der Abhandlung
zum Eingange dienen, untersucht Herr von Humboldt die Stellen der Alten,
in denen das allgemeine Gesetz der, unabhängig von der geo-
graphischen Breite, mit der bloſsen Erhebung des Bodens zu-
nehmenden Kälte der Klimate ausgesprochen ist. Der von He-
rodot
geläugneten Schneeberge in Afrika zwischen den Wende-
kreisen erwähnt zuerst die Adulische Inschrift. Im Neuen Con-
tinent
wurde der ewige Schnee der Tropen-Region zuerst in
dem Gebirge von Citarma (jetzt Nevados de Santa Marta),
neun Jahr nach Columbus erster Entdeckung, gesehen. Petrus
Martyr de Anghiera
, in einem für den Pabst Leo X. geschriebenen
Buche, bemerkte zuerst, daſs die untere Grenze des ewigen
Schnees mit abnehmender Breite sich erhebe. Neuere Beobachtun-
gen lehren den Einfluſs der Hochebenen auf die mittlere Temperatur.
Sie ist 1°,5 bis 2°,3 gröſser, als in gleicher Höhe an dem ununter-
brochenen Abhange der Gebirgsketten: auch bemerkt man Unter-
schiede zwischen der Mitte der Hochebene und den Rändern. Dem
Ackerbau, besonders der Cultur des Mays und den europäischen
Cerealien ist, in den Hochebenen, besonders, wenn sie sich über
7800 Fuſs erheben, das Erfrieren durch nächtliche Strahlung der
Bodenwärme gegen einen heiteren, dunstfreien Himmel, durch
unbewegte dünne und sehr trockene Luft, gefahrbringend. Jedes
Plateau hat ein eigenes individuelles Klima, welches durch seinen
Vegetationszustand, die Gestalt der umgebenden nächsten Fels-
wände, ihre Stellung zu den herrschenden Winden und ihre Farbe,
wie durch den periodischen Gang der Störungen im elektrischen
Gleichgewicht der Atmosphäre bedingt wird. Die numerischen
Resultate der mittleren Tag- und Nacht-Temperaturen geben allein,
bei dem verwickelten Gange des meteorologischen Prozesses, kein
treues Bild der localen Klimate. Auch von dieser Seite bietet, in
der glücklichen Tropen-Zone, die kleinste Raumfläche die höchst-
möglichste Mannichfaltigkeit von Naturerscheinungen dar, sei es
in den meteorisch vorübergehenden oder in den durch innere Ent-
wickelung sich ewig erneuernden des organischen Lebens.

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[39/0003] Der Paſs, auf dem Burnes zwischen Kabul und Balkh den Hindu- Kho, bei dem alten Bamiyan, überschritt, ist auf dem höchsten Punkte fast 1000 Fuſs niedriger als das Straſsenpflaster der obern Stadt Potosi. In diesen allgemeinen Betrachtungen, welche der Abhandlung zum Eingange dienen, untersucht Hr. v. H. die Stellen der Alten, in denen das allgemeine Gesetz der, unabhängig von der geo- graphischen Breite, mit der bloſsen Erhebung des Bodens zu- nehmenden Kälte der Klimate ausgesprochen ist. Der von He- rodot geläugneten Schneeberge in Afrika zwischen den Wende- kreisen erwähnt zuerst die Adulische Inschrift. Im Neuen Con- tinent wurde der ewige Schnee der Tropen-Region zuerst in dem Gebirge von Citarma (jetzt Nevados de Santa Marta), neun Jahr nach Columbus erster Entdeckung, gesehen. Petrus Martyr de Anghiera, in einem für den Pabst Leo X. geschriebenen Buche, bemerkte zuerst, daſs die untere Grenze des ewigen Schnees mit abnehmender Breite sich erhebe. Neuere Beobachtun- gen lehren den Einfluſs der Hochebenen auf die mittlere Temperatur. Sie ist 1°,5 bis 2°,3 gröſser, als in gleicher Höhe an dem ununter- brochenen Abhange der Gebirgsketten: auch bemerkt man Unter- schiede zwischen der Mitte der Hochebene und den Rändern. Dem Ackerbau, besonders der Cultur des Mays und den europäischen Cerealien ist, in den Hochebenen, besonders, wenn sie sich über 7800 Fuſs erheben, das Erfrieren durch nächtliche Strahlung der Bodenwärme gegen einen heiteren, dunstfreien Himmel, durch unbewegte dünne und sehr trockene Luft, gefahrbringend. Jedes Plateau hat ein eigenes individuelles Klima, welches durch seinen Vegetationszustand, die Gestalt der umgebenden nächsten Fels- wände, ihre Stellung zu den herrschenden Winden und ihre Farbe, wie durch den periodischen Gang der Störungen im elektrischen Gleichgewicht der Atmosphäre bedingt wird. Die numerischen Resultate der mittleren Tag- und Nacht-Temperaturen geben allein, bei dem verwickelten Gange des meteorologischen Prozesses, kein treues Bild der localen Klimate. Auch von dieser Seite bietet, in der glücklichen Tropen-Zone, die kleinste Raumfläche die höchst- möglichste Mannichfaltigkeit von Naturerscheinungen dar, sei es in den meteorisch vorübergehenden oder in den durch innere Ent- wickelung sich ewig erneuernden des organischen Lebens.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Über die Hochebene von Bogota]. In: Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, 1838, S. 38-43, hier S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1838/3>, abgerufen am 29.03.2024.