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Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132.

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Schuttlande östlich und westlich, im Irtysch- und Kama-Thale.

Ich habe die Auflagerung der Flözformationen nach bloßen Raumverhältnissen beschrieben, ohne sie einzeln nach dem Parallelismus oder vielmehr nach ihrer Identität mit wohlerkannten europäischen Typen zu benennen. Eine solche Vorsicht ist nöthig zu einer Zeit, wo das genaue Studium zoologischer Kennzeichen und charakterisirender Fossilien der fast einzig sichere Wegweiser geworden ist. Ich hielt sonst die in den Cordilleren so mächtige, weit verbreitete Sandstein-Formation mit ihren Steinkohlen und ihrem aufliegenden Steinsalze für alten Sandstein (todtes Liegende); den Kalkstein an der Felswand des Wasserfalls von Tequendama theils für gyps-haltenden Zechstein, theils für Jura-Kalkstein. Wir wissen jetzt, daß Steinkohle mit wahren Farren, mit Monocotyledonen und Coniferen-Holze (wie das Steinsalz) mehreren sehr verschiedenartigen Formationen angehört. Das Steinsalz kennen wir, wie der Berghauptmann von Dechen1 schön entwickelt hat, vom Gypse der Zechstein-Bildung unter dem Stinkstein (bei Köstritz) an, durch den englischen bunten Sandstein, den schwäbischen Muschelkalk und den lothringischen Keuper, bis in die untere Kreide dringend. Zu den wenigen Versteinerungen, welche ich aus der Tropengegend der Neuen Welt mitgebracht, kommen jetzt allmälig reichere und viel wichtigere Zugaben. Dem Kalkstein von Mexico, Neu-Granada und Peru, die man als Zechstein und Jurakalk ansprach, steht dasselbe Schicksal bevor, welches die Kalksteine unserer schweizer Alpen erfahren haben: die

1 Siehe Karsten, Archiv für Mineralogie Bd. XI. (1838) S. 234.

Schuttlande östlich und westlich, im Irtysch- und Kama-Thale.

Ich habe die Auflagerung der Flözformationen nach bloßen Raumverhältnissen beschrieben, ohne sie einzeln nach dem Parallelismus oder vielmehr nach ihrer Identität mit wohlerkannten europäischen Typen zu benennen. Eine solche Vorsicht ist nöthig zu einer Zeit, wo das genaue Studium zoologischer Kennzeichen und charakterisirender Fossilien der fast einzig sichere Wegweiser geworden ist. Ich hielt sonst die in den Cordilleren so mächtige, weit verbreitete Sandstein-Formation mit ihren Steinkohlen und ihrem aufliegenden Steinsalze für alten Sandstein (todtes Liegende); den Kalkstein an der Felswand des Wasserfalls von Tequendama theils für gyps-haltenden Zechstein, theils für Jura-Kalkstein. Wir wissen jetzt, daß Steinkohle mit wahren Farren, mit Monocotyledonen und Coniferen-Holze (wie das Steinsalz) mehreren sehr verschiedenartigen Formationen angehört. Das Steinsalz kennen wir, wie der Berghauptmann von Dechen1 schön entwickelt hat, vom Gypse der Zechstein-Bildung unter dem Stinkstein (bei Köstritz) an, durch den englischen bunten Sandstein, den schwäbischen Muschelkalk und den lothringischen Keuper, bis in die untere Kreide dringend. Zu den wenigen Versteinerungen, welche ich aus der Tropengegend der Neuen Welt mitgebracht, kommen jetzt allmälig reichere und viel wichtigere Zugaben. Dem Kalkstein von Mexico, Neu-Granada und Peru, die man als Zechstein und Jurakalk ansprach, steht dasselbe Schicksal bevor, welches die Kalksteine unserer schweizer Alpen erfahren haben: die

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[130/0032] Schuttlande östlich und westlich, im Irtysch- und Kama-Thale. Ich habe die Auflagerung der Flözformationen nach bloßen Raumverhältnissen beschrieben, ohne sie einzeln nach dem Parallelismus oder vielmehr nach ihrer Identität mit wohlerkannten europäischen Typen zu benennen. Eine solche Vorsicht ist nöthig zu einer Zeit, wo das genaue Studium zoologischer Kennzeichen und charakterisirender Fossilien der fast einzig sichere Wegweiser geworden ist. Ich hielt sonst die in den Cordilleren so mächtige, weit verbreitete Sandstein-Formation mit ihren Steinkohlen und ihrem aufliegenden Steinsalze für alten Sandstein (todtes Liegende); den Kalkstein an der Felswand des Wasserfalls von Tequendama theils für gyps-haltenden Zechstein, theils für Jura-Kalkstein. Wir wissen jetzt, daß Steinkohle mit wahren Farren, mit Monocotyledonen und Coniferen-Holze (wie das Steinsalz) mehreren sehr verschiedenartigen Formationen angehört. Das Steinsalz kennen wir, wie der Berghauptmann von Dechen 1 schön entwickelt hat, vom Gypse der Zechstein-Bildung unter dem Stinkstein (bei Köstritz) an, durch den englischen bunten Sandstein, den schwäbischen Muschelkalk und den lothringischen Keuper, bis in die untere Kreide dringend. Zu den wenigen Versteinerungen, welche ich aus der Tropengegend der Neuen Welt mitgebracht, kommen jetzt allmälig reichere und viel wichtigere Zugaben. Dem Kalkstein von Mexico, Neu-Granada und Peru, die man als Zechstein und Jurakalk ansprach, steht dasselbe Schicksal bevor, welches die Kalksteine unserer schweizer Alpen erfahren haben: die 1 S. Karsten, Archiv für Mineralogie Bd. XI. (1838) S. 234.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Hochebene von Bogota. In: Ders.: Kleinere Schriften. Erster Band. Geognostische und physikalische Erinnerungen. Stuttgart und Tübingen, 1853, S. 100-132, hier S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_bogota_1853/32>, abgerufen am 19.04.2024.