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Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.

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bemerkt, dass ich hier nicht von dem Falle rede, wo der Zweck
des Staats nach der Quantität der Mittel der Wirksamkeit,
welche derselbe in Händen hat, sondern wo diese nach jenem
bestimmt wird. (S. S. 16--18.) Nur des Zusammenhangs willen
muss ich bemerken, dass auch bei Finanzeinrichtungen jene
Rücksicht des Zwecks der Menschen im Staate, und der daher
entspringenden Beschränkung seines Zwecks nicht aus den
Augen gelassen werden darf. Auch der flüchtigste Blick auf
die Verwebung so vieler Polizei- und Finanzeinrichtungen lehrt
dies hinlänglich. Meines Erachtens giebt es für den Staat nur
dreierlei Arten der Einkünfte: 1. die Einkünfte aus vorbehal-
tenem, oder an sich gebrachtem Eigenthum; 2. aus direkten,
und 3. aus indirekten Abgaben. Alles Eigenthum des Staats
führt Nachtheile mit sich. Schon oben (S. S. 39 -- 40.) habe
ich von dem Uebergewichte geredet, welches der Staat, als
Staat, allemal hat; und ist er Eigenthümer, so muss er in viele
Privatverhältnisse nothwendig eingehen. Da also, wo das Be-
dürfniss, um welches allein man eine Staatseinrichtung wünscht,
gar keinen Einfluss hat, wirkt die Macht mit, welche nur in
Hinsicht dieses Bedürfnisses eingeräumt wurde. Gleichfalls
mit Nachtheilen verknüpft sind die indirekten Abgaben. Die
Erfahrung lehrt, wie vielfache Einrichtungen ihre Anordnung
und ihre Hebung voraussetzt, welche das vorige Raisonnement
unstreitig nicht billigen kann. Es bleiben also nur die direkten
übrig. Unter den möglichen Systemen direkter Abgaben ist
das physiokratische unstreitig das einfachste. Allein -- ein
Einwurf, der auch schon öfter gemacht worden ist -- eines der
natürlichsten Produkte ist in demselben aufzuzählen vergessen
worden, die Kraft des Menschen, welche, da sie in ihren Wir-
kungen, ihren Arbeiten, bei unsren Einrichtungen mit zur
Waare wird, gleichfalls der Abgabe unterworfen sein muss.
Wenn man das System direkter Abgaben, auf welches ich hier
zurückkomme, nicht mit Unrecht das schlechteste, und un-

bemerkt, dass ich hier nicht von dem Falle rede, wo der Zweck
des Staats nach der Quantität der Mittel der Wirksamkeit,
welche derselbe in Händen hat, sondern wo diese nach jenem
bestimmt wird. (S. S. 16—18.) Nur des Zusammenhangs willen
muss ich bemerken, dass auch bei Finanzeinrichtungen jene
Rücksicht des Zwecks der Menschen im Staate, und der daher
entspringenden Beschränkung seines Zwecks nicht aus den
Augen gelassen werden darf. Auch der flüchtigste Blick auf
die Verwebung so vieler Polizei- und Finanzeinrichtungen lehrt
dies hinlänglich. Meines Erachtens giebt es für den Staat nur
dreierlei Arten der Einkünfte: 1. die Einkünfte aus vorbehal-
tenem, oder an sich gebrachtem Eigenthum; 2. aus direkten,
und 3. aus indirekten Abgaben. Alles Eigenthum des Staats
führt Nachtheile mit sich. Schon oben (S. S. 39 — 40.) habe
ich von dem Uebergewichte geredet, welches der Staat, als
Staat, allemal hat; und ist er Eigenthümer, so muss er in viele
Privatverhältnisse nothwendig eingehen. Da also, wo das Be-
dürfniss, um welches allein man eine Staatseinrichtung wünscht,
gar keinen Einfluss hat, wirkt die Macht mit, welche nur in
Hinsicht dieses Bedürfnisses eingeräumt wurde. Gleichfalls
mit Nachtheilen verknüpft sind die indirekten Abgaben. Die
Erfahrung lehrt, wie vielfache Einrichtungen ihre Anordnung
und ihre Hebung voraussetzt, welche das vorige Raisonnement
unstreitig nicht billigen kann. Es bleiben also nur die direkten
übrig. Unter den möglichen Systemen direkter Abgaben ist
das physiokratische unstreitig das einfachste. Allein — ein
Einwurf, der auch schon öfter gemacht worden ist — eines der
natürlichsten Produkte ist in demselben aufzuzählen vergessen
worden, die Kraft des Menschen, welche, da sie in ihren Wir-
kungen, ihren Arbeiten, bei unsren Einrichtungen mit zur
Waare wird, gleichfalls der Abgabe unterworfen sein muss.
Wenn man das System direkter Abgaben, auf welches ich hier
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[172/0208] bemerkt, dass ich hier nicht von dem Falle rede, wo der Zweck des Staats nach der Quantität der Mittel der Wirksamkeit, welche derselbe in Händen hat, sondern wo diese nach jenem bestimmt wird. (S. S. 16—18.) Nur des Zusammenhangs willen muss ich bemerken, dass auch bei Finanzeinrichtungen jene Rücksicht des Zwecks der Menschen im Staate, und der daher entspringenden Beschränkung seines Zwecks nicht aus den Augen gelassen werden darf. Auch der flüchtigste Blick auf die Verwebung so vieler Polizei- und Finanzeinrichtungen lehrt dies hinlänglich. Meines Erachtens giebt es für den Staat nur dreierlei Arten der Einkünfte: 1. die Einkünfte aus vorbehal- tenem, oder an sich gebrachtem Eigenthum; 2. aus direkten, und 3. aus indirekten Abgaben. Alles Eigenthum des Staats führt Nachtheile mit sich. Schon oben (S. S. 39 — 40.) habe ich von dem Uebergewichte geredet, welches der Staat, als Staat, allemal hat; und ist er Eigenthümer, so muss er in viele Privatverhältnisse nothwendig eingehen. Da also, wo das Be- dürfniss, um welches allein man eine Staatseinrichtung wünscht, gar keinen Einfluss hat, wirkt die Macht mit, welche nur in Hinsicht dieses Bedürfnisses eingeräumt wurde. Gleichfalls mit Nachtheilen verknüpft sind die indirekten Abgaben. Die Erfahrung lehrt, wie vielfache Einrichtungen ihre Anordnung und ihre Hebung voraussetzt, welche das vorige Raisonnement unstreitig nicht billigen kann. Es bleiben also nur die direkten übrig. Unter den möglichen Systemen direkter Abgaben ist das physiokratische unstreitig das einfachste. Allein — ein Einwurf, der auch schon öfter gemacht worden ist — eines der natürlichsten Produkte ist in demselben aufzuzählen vergessen worden, die Kraft des Menschen, welche, da sie in ihren Wir- kungen, ihren Arbeiten, bei unsren Einrichtungen mit zur Waare wird, gleichfalls der Abgabe unterworfen sein muss. Wenn man das System direkter Abgaben, auf welches ich hier zurückkomme, nicht mit Unrecht das schlechteste, und un-

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Zitationshilfe: Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/208>, abgerufen am 28.03.2024.