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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Otfried Müller "der Untergang von Lyktonien (Leukonia) auf die samothracische Sage von einer jene Gegend umgestaltenden großen Fluth hindeute"14, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Was aber, wie schon oft bemerkt worden, die geographische Lage des Mittelmeers vor allem wohlthätig in ihrem Einfluß auf den Völkerverkehr und die fortschreitende Erweiterung des Weltbewußtseins gemacht hat, ist die Nähe des in der kleinasiatischen Halbinsel vortretenden östlichen Continents; die Fülle der Inseln des ägäischen Meeres, welche eine Brücke für die übergehende Cultur gewesen sind15; die Furche zwischen Arabien, Aegypten und Abyssinien, durch die der große indische Ocean unter der Benennung des arabischen Meerbusens oder des rothen Meeres eindringt, getrennt durch eine schmale Erdenge von dem Nil-Delta und der südöstlichen Küste des inneren Meeres. Durch alle diese räumlichen Verhältnisse offenbarte sich in der anwachsenden Macht der Phönicier und später in der der Hellenen, in der schnellen Erweiterung des Ideenkreises der Völker der Einfluß des Meeres, als des verbindenden Elementes. Die Cultur war in ihren früheren Sitzen in Aegypten, am Euphrat und Tigris, in der indischen Pentapotamia und in China an reiche Stromlandschaften gefesselt gewesen; nicht so in Phönicien und Hellas. In dem bewegten Leben des Griechenthums, vorzüglich im ionischen Stamme, fand der frühe Drang nach seemännischen Unternehmungen eine reiche Befriedigung in den merkwürdigen Formen des mittelländischen Meerbeckens, in seiner relativen Stellung zu dem Ocean im Süden und Westen.

Die Existenz des arabischen Meerbusens, als Folge

Otfried Müller „der Untergang von Lyktonien (Leukonia) auf die samothracische Sage von einer jene Gegend umgestaltenden großen Fluth hindeute"14, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Was aber, wie schon oft bemerkt worden, die geographische Lage des Mittelmeers vor allem wohlthätig in ihrem Einfluß auf den Völkerverkehr und die fortschreitende Erweiterung des Weltbewußtseins gemacht hat, ist die Nähe des in der kleinasiatischen Halbinsel vortretenden östlichen Continents; die Fülle der Inseln des ägäischen Meeres, welche eine Brücke für die übergehende Cultur gewesen sind15; die Furche zwischen Arabien, Aegypten und Abyssinien, durch die der große indische Ocean unter der Benennung des arabischen Meerbusens oder des rothen Meeres eindringt, getrennt durch eine schmale Erdenge von dem Nil-Delta und der südöstlichen Küste des inneren Meeres. Durch alle diese räumlichen Verhältnisse offenbarte sich in der anwachsenden Macht der Phönicier und später in der der Hellenen, in der schnellen Erweiterung des Ideenkreises der Völker der Einfluß des Meeres, als des verbindenden Elementes. Die Cultur war in ihren früheren Sitzen in Aegypten, am Euphrat und Tigris, in der indischen Pentapotamia und in China an reiche Stromlandschaften gefesselt gewesen; nicht so in Phönicien und Hellas. In dem bewegten Leben des Griechenthums, vorzüglich im ionischen Stamme, fand der frühe Drang nach seemännischen Unternehmungen eine reiche Befriedigung in den merkwürdigen Formen des mittelländischen Meerbeckens, in seiner relativen Stellung zu dem Ocean im Süden und Westen.

Die Existenz des arabischen Meerbusens, als Folge

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[154/0159] Otfried Müller „der Untergang von Lyktonien (Leukonia) auf die samothracische Sage von einer jene Gegend umgestaltenden großen Fluth hindeute" ¹⁴ , braucht hier nicht entschieden zu werden. Was aber, wie schon oft bemerkt worden, die geographische Lage des Mittelmeers vor allem wohlthätig in ihrem Einfluß auf den Völkerverkehr und die fortschreitende Erweiterung des Weltbewußtseins gemacht hat, ist die Nähe des in der kleinasiatischen Halbinsel vortretenden östlichen Continents; die Fülle der Inseln des ägäischen Meeres, welche eine Brücke für die übergehende Cultur gewesen sind ¹⁵ ; die Furche zwischen Arabien, Aegypten und Abyssinien, durch die der große indische Ocean unter der Benennung des arabischen Meerbusens oder des rothen Meeres eindringt, getrennt durch eine schmale Erdenge von dem Nil-Delta und der südöstlichen Küste des inneren Meeres. Durch alle diese räumlichen Verhältnisse offenbarte sich in der anwachsenden Macht der Phönicier und später in der der Hellenen, in der schnellen Erweiterung des Ideenkreises der Völker der Einfluß des Meeres, als des verbindenden Elementes. Die Cultur war in ihren früheren Sitzen in Aegypten, am Euphrat und Tigris, in der indischen Pentapotamia und in China an reiche Stromlandschaften gefesselt gewesen; nicht so in Phönicien und Hellas. In dem bewegten Leben des Griechenthums, vorzüglich im ionischen Stamme, fand der frühe Drang nach seemännischen Unternehmungen eine reiche Befriedigung in den merkwürdigen Formen des mittelländischen Meerbeckens, in seiner relativen Stellung zu dem Ocean im Süden und Westen. Die Existenz des arabischen Meerbusens, als Folge

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/159>, abgerufen am 23.04.2024.