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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Carthagern aufgefundenen Kassiteriden hielt, sind gegen Westen, die Orcaden, Faröer-Inseln und Island sind gegen Norden gleichsam vermittelnde Stationen geworden, um nach dem Neuen Continent überzugehen. Sie bezeichnen die zwei Wege, auf denen zuerst der europäische Theil des Menschengeschlechts mit dem von Nord- und Mittelamerika bekannt geworden ist. Diese Betrachtung giebt der Frage, ob und wie früh die Phönicier des Mutterlandes oder die der iberischen und afrikanischen Pflanzstädte (Gadeira, Carthago, Cerne) Porto Santo, Madera und die canarischen Inseln gekannt haben, eine große, ich möchte sagen eine weltgeschichtliche Wichtigkeit. In einer langen Verkettung von Begebenheiten spürt man gern dem ersten Kettengliede nach. Wahrscheinlich sind seit der phönicischen Gründung von Tartessus und Utica bis zur Entdeckung von Amerika auf dem nördlichen Wege, d. i. bis zu Erich Rauda's Uebergang nach Grönland, dem bald Seefahrten bis Nord-Carolina folgten, volle 2000 Jahre: auf dem südwestlichen Wege, welchen Christoph Columbus einschlug, indem er nahe bei dem altphönicischen Gadeira auslief, 2500 Jahre verflossen.

Wenn wir nun nach dem Bedürfniß der Verallgemeinerung der Ideen, welche diesem Werke obliegt, die Auffindung einer Inselgruppe, die nur 42 geographische Meilen von der afrikanischen Küste entfernt ist, als das erste Glied einer langen Reihe gleichmäßig gerichteter Bestrebungen betrachten; so ist hier nicht von einer aus dem Innern des Gemüthes erzeugten Dichtung, von dem Elysion, den Inseln der Seligen die Rede, welche an den Grenzen der Erde im Oceanus von der nahe untergehenden Sonnenscheibe erwärmt werden. In der weitesten Ferne dachte

Carthagern aufgefundenen Kassiteriden hielt, sind gegen Westen, die Orcaden, Faröer-Inseln und Island sind gegen Norden gleichsam vermittelnde Stationen geworden, um nach dem Neuen Continent überzugehen. Sie bezeichnen die zwei Wege, auf denen zuerst der europäische Theil des Menschengeschlechts mit dem von Nord- und Mittelamerika bekannt geworden ist. Diese Betrachtung giebt der Frage, ob und wie früh die Phönicier des Mutterlandes oder die der iberischen und afrikanischen Pflanzstädte (Gadeira, Carthago, Cerne) Porto Santo, Madera und die canarischen Inseln gekannt haben, eine große, ich möchte sagen eine weltgeschichtliche Wichtigkeit. In einer langen Verkettung von Begebenheiten spürt man gern dem ersten Kettengliede nach. Wahrscheinlich sind seit der phönicischen Gründung von Tartessus und Utica bis zur Entdeckung von Amerika auf dem nördlichen Wege, d. i. bis zu Erich Rauda's Uebergang nach Grönland, dem bald Seefahrten bis Nord-Carolina folgten, volle 2000 Jahre: auf dem südwestlichen Wege, welchen Christoph Columbus einschlug, indem er nahe bei dem altphönicischen Gadeira auslief, 2500 Jahre verflossen.

Wenn wir nun nach dem Bedürfniß der Verallgemeinerung der Ideen, welche diesem Werke obliegt, die Auffindung einer Inselgruppe, die nur 42 geographische Meilen von der afrikanischen Küste entfernt ist, als das erste Glied einer langen Reihe gleichmäßig gerichteter Bestrebungen betrachten; so ist hier nicht von einer aus dem Innern des Gemüthes erzeugten Dichtung, von dem Elysion, den Inseln der Seligen die Rede, welche an den Grenzen der Erde im Oceanus von der nahe untergehenden Sonnenscheibe erwärmt werden. In der weitesten Ferne dachte

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[164/0169] Carthagern aufgefundenen Kassiteriden hielt, sind gegen Westen, die Orcaden, Faröer-Inseln und Island sind gegen Norden gleichsam vermittelnde Stationen geworden, um nach dem Neuen Continent überzugehen. Sie bezeichnen die zwei Wege, auf denen zuerst der europäische Theil des Menschengeschlechts mit dem von Nord- und Mittelamerika bekannt geworden ist. Diese Betrachtung giebt der Frage, ob und wie früh die Phönicier des Mutterlandes oder die der iberischen und afrikanischen Pflanzstädte (Gadeira, Carthago, Cerne) Porto Santo, Madera und die canarischen Inseln gekannt haben, eine große, ich möchte sagen eine weltgeschichtliche Wichtigkeit. In einer langen Verkettung von Begebenheiten spürt man gern dem ersten Kettengliede nach. Wahrscheinlich sind seit der phönicischen Gründung von Tartessus und Utica bis zur Entdeckung von Amerika auf dem nördlichen Wege, d. i. bis zu Erich Rauda's Uebergang nach Grönland, dem bald Seefahrten bis Nord-Carolina folgten, volle 2000 Jahre: auf dem südwestlichen Wege, welchen Christoph Columbus einschlug, indem er nahe bei dem altphönicischen Gadeira auslief, 2500 Jahre verflossen. Wenn wir nun nach dem Bedürfniß der Verallgemeinerung der Ideen, welche diesem Werke obliegt, die Auffindung einer Inselgruppe, die nur 42 geographische Meilen von der afrikanischen Küste entfernt ist, als das erste Glied einer langen Reihe gleichmäßig gerichteter Bestrebungen betrachten; so ist hier nicht von einer aus dem Innern des Gemüthes erzeugten Dichtung, von dem Elysion, den Inseln der Seligen die Rede, welche an den Grenzen der Erde im Oceanus von der nahe untergehenden Sonnenscheibe erwärmt werden. In der weitesten Ferne dachte

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/169>, abgerufen am 16.04.2024.