Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Menelaus selbst Afrika mehr denn 500 Jahre vor Neko umschiffen57 und von Gadeira nach Indien segeln.

In der Periode, die wir hier behandeln, in dem Griechenthum vor dem macedonischen Feldzuge nach Asien giebt es drei Begebenheiten, welche einen vorzüglichen Einfluß auf den erweiterten Gesichtskreis hellenischer Weltanschauung gehabt haben. Diese Begebenheiten sind die Versuche aus dem Becken des Mittelmeeres gegen Osten und Westen vorzudringen, und die Gründung zahlreicher Colonien von der Hercules-Straße bis zum nordöstlichsten Pontus: Colonien, welche ihrer politischen Verfassung nach vielgestalteter und den Fortschritten geistiger Bildung günstiger waren als die der Phönicier und der Carthager im ägäischen Meere, in Sicilien, Iberien, an der Nord- und Westküste von Afrika.

Das Vordringen gegen Osten ungefähr zwölf Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung, 150 Jahre nach Ramses Miamen (Sesostris) wird, als geschichtliche Begebenheit betrachtet, der Zug der Argonauten nach Kolchis genannt. Die wirkliche, aber mythisch eingekleidete, d. h. in der Darstellung mit Idealem, Innerlich-Erzeugtem gemischte Begebenheit ist ihrem einfachen Sinne nach die Erfüllung eines nationalen Bestrebens den unwirthbaren Pontus zu eröffnen. Die Prometheus-Sage und die Entfesselung des feuerzündenden Titanen am Kaukasus auf der östlichen Wanderung des Hercules, das Aufsteigen der Jo aus dem Thal des Hybrites58 nach dem Kaukasus, die Mythe von Phrixus und Helle bezeichnen alle dieselbe Richtung des Weges, die Bestrebung in den euxinischen Pontus vorzudringen, in welchen früh schon sich phönicische Schiffer gewagt hatten.

Menelaus selbst Afrika mehr denn 500 Jahre vor Neko umschiffen57 und von Gadeira nach Indien segeln.

In der Periode, die wir hier behandeln, in dem Griechenthum vor dem macedonischen Feldzuge nach Asien giebt es drei Begebenheiten, welche einen vorzüglichen Einfluß auf den erweiterten Gesichtskreis hellenischer Weltanschauung gehabt haben. Diese Begebenheiten sind die Versuche aus dem Becken des Mittelmeeres gegen Osten und Westen vorzudringen, und die Gründung zahlreicher Colonien von der Hercules-Straße bis zum nordöstlichsten Pontus: Colonien, welche ihrer politischen Verfassung nach vielgestalteter und den Fortschritten geistiger Bildung günstiger waren als die der Phönicier und der Carthager im ägäischen Meere, in Sicilien, Iberien, an der Nord- und Westküste von Afrika.

Das Vordringen gegen Osten ungefähr zwölf Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung, 150 Jahre nach Ramses Miamen (Sesostris) wird, als geschichtliche Begebenheit betrachtet, der Zug der Argonauten nach Kolchis genannt. Die wirkliche, aber mythisch eingekleidete, d. h. in der Darstellung mit Idealem, Innerlich-Erzeugtem gemischte Begebenheit ist ihrem einfachen Sinne nach die Erfüllung eines nationalen Bestrebens den unwirthbaren Pontus zu eröffnen. Die Prometheus-Sage und die Entfesselung des feuerzündenden Titanen am Kaukasus auf der östlichen Wanderung des Hercules, das Aufsteigen der Jo aus dem Thal des Hybrites58 nach dem Kaukasus, die Mythe von Phrixus und Helle bezeichnen alle dieselbe Richtung des Weges, die Bestrebung in den euxinischen Pontus vorzudringen, in welchen früh schon sich phönicische Schiffer gewagt hatten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0179" n="174"/>
Menelaus selbst Afrika mehr denn 500 Jahre vor Neko umschiffen<note xml:id="ftn196" next="ftn196-text" place="end" n="57"/> und von Gadeira nach Indien segeln.</p>
              <p>In der Periode, die wir hier behandeln, in dem Griechenthum vor dem macedonischen Feldzuge nach Asien giebt es drei Begebenheiten, welche einen vorzüglichen Einfluß auf den erweiterten Gesichtskreis hellenischer Weltanschauung gehabt haben. Diese Begebenheiten sind die Versuche aus dem Becken des Mittelmeeres gegen <hi rendition="#g">Osten</hi> und <hi rendition="#g">Westen</hi> vorzudringen, und die Gründung zahlreicher <hi rendition="#g">Colonien</hi> von der Hercules-Straße bis zum nordöstlichsten Pontus: Colonien, welche ihrer politischen Verfassung nach vielgestalteter und den Fortschritten geistiger Bildung günstiger waren als die der Phönicier und der Carthager im ägäischen Meere, in Sicilien, Iberien, an der Nord- und Westküste von Afrika.</p>
              <p>Das Vordringen gegen Osten ungefähr zwölf Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung, 150 Jahre nach Ramses Miamen (Sesostris) wird, als geschichtliche Begebenheit betrachtet, der <hi rendition="#g">Zug der Argonauten nach Kolchis</hi> genannt. Die wirkliche, aber mythisch eingekleidete, d. h. in der Darstellung mit Idealem, Innerlich-Erzeugtem gemischte Begebenheit ist ihrem einfachen Sinne nach die Erfüllung eines nationalen Bestrebens den unwirthbaren Pontus zu eröffnen. Die Prometheus-Sage und die Entfesselung des <hi rendition="#g">feuerzündenden</hi> Titanen am Kaukasus auf der östlichen Wanderung des Hercules, das Aufsteigen der Jo aus dem Thal des Hybrites<note xml:id="ftn197" next="ftn197-text" place="end" n="58"/> nach dem Kaukasus, die Mythe von Phrixus und Helle bezeichnen alle dieselbe Richtung des Weges, die Bestrebung in den euxinischen Pontus vorzudringen, in welchen früh schon sich phönicische Schiffer gewagt hatten.</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0179] Menelaus selbst Afrika mehr denn 500 Jahre vor Neko umschiffen ⁵⁷ und von Gadeira nach Indien segeln. In der Periode, die wir hier behandeln, in dem Griechenthum vor dem macedonischen Feldzuge nach Asien giebt es drei Begebenheiten, welche einen vorzüglichen Einfluß auf den erweiterten Gesichtskreis hellenischer Weltanschauung gehabt haben. Diese Begebenheiten sind die Versuche aus dem Becken des Mittelmeeres gegen Osten und Westen vorzudringen, und die Gründung zahlreicher Colonien von der Hercules-Straße bis zum nordöstlichsten Pontus: Colonien, welche ihrer politischen Verfassung nach vielgestalteter und den Fortschritten geistiger Bildung günstiger waren als die der Phönicier und der Carthager im ägäischen Meere, in Sicilien, Iberien, an der Nord- und Westküste von Afrika. Das Vordringen gegen Osten ungefähr zwölf Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung, 150 Jahre nach Ramses Miamen (Sesostris) wird, als geschichtliche Begebenheit betrachtet, der Zug der Argonauten nach Kolchis genannt. Die wirkliche, aber mythisch eingekleidete, d. h. in der Darstellung mit Idealem, Innerlich-Erzeugtem gemischte Begebenheit ist ihrem einfachen Sinne nach die Erfüllung eines nationalen Bestrebens den unwirthbaren Pontus zu eröffnen. Die Prometheus-Sage und die Entfesselung des feuerzündenden Titanen am Kaukasus auf der östlichen Wanderung des Hercules, das Aufsteigen der Jo aus dem Thal des Hybrites ⁵⁸ nach dem Kaukasus, die Mythe von Phrixus und Helle bezeichnen alle dieselbe Richtung des Weges, die Bestrebung in den euxinischen Pontus vorzudringen, in welchen früh schon sich phönicische Schiffer gewagt hatten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/179
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/179>, abgerufen am 19.04.2024.