Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

zu denen sie eine uralte Liebe der Astrologie anregte, scheinen sie zur wirklichen Construction astronomischer Tafeln benutzt zu haben.

Wie viel von den frühesten pythagoreischen Ansichten über die wahre Beschaffenheit des Himmelsgebäudes, über den Planetenlauf und die nach Apollonius Myndius9 in langer geregelter Bahn wiederkehrenden Cometen den Chaldäern zugehört, ist hier nicht der Ort zu entwickeln. Strabo nennt den "Mathematiker Seleucus" einen Babylonier und unterscheidet ihn10 so von dem Erythräer, der die Meeresfluth maaß. Es genügt zu bemerken, daß auch der griechische Thierkreis höchst wahrscheinlich "von der Dodecatemoria der Chaldäer entlehnt ist und daß derselbe nach Letronne's wichtigen Untersuchungen11 nicht höher als bis zum Anfang des sechsten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung hinaufsteigt".

Was der Contact der Hellenen mit den Völkern indischen Ursprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervorgerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahrscheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem Fünfstromlande (in dem Pantschanada), nachdem er das Reich des Porus zwischen dem cederreichen12 Hydaspes (Jelum) und dem Acesines (Tschinab) durchzogen, nur bis zum Hyphasis vorgedrungen war: doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmuth seiner Kriegsvölker und Besorgniß vor einem allgemeinen Aufstande in den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen

zu denen sie eine uralte Liebe der Astrologie anregte, scheinen sie zur wirklichen Construction astronomischer Tafeln benutzt zu haben.

Wie viel von den frühesten pythagoreischen Ansichten über die wahre Beschaffenheit des Himmelsgebäudes, über den Planetenlauf und die nach Apollonius Myndius9 in langer geregelter Bahn wiederkehrenden Cometen den Chaldäern zugehört, ist hier nicht der Ort zu entwickeln. Strabo nennt den „Mathematiker Seleucus" einen Babylonier und unterscheidet ihn10 so von dem Erythräer, der die Meeresfluth maaß. Es genügt zu bemerken, daß auch der griechische Thierkreis höchst wahrscheinlich „von der Dodecatemoria der Chaldäer entlehnt ist und daß derselbe nach Letronne's wichtigen Untersuchungen11 nicht höher als bis zum Anfang des sechsten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung hinaufsteigt".

Was der Contact der Hellenen mit den Völkern indischen Ursprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervorgerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahrscheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem Fünfstromlande (in dem Pantschanada), nachdem er das Reich des Porus zwischen dem cederreichen12 Hydaspes (Jelum) und dem Acesines (Tschinab) durchzogen, nur bis zum Hyphasis vorgedrungen war: doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmuth seiner Kriegsvölker und Besorgniß vor einem allgemeinen Aufstande in den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0202" n="197"/>
zu denen sie eine uralte Liebe der Astrologie anregte, scheinen sie zur wirklichen Construction astronomischer Tafeln benutzt zu haben.</p>
              <p>Wie viel von den frühesten pythagoreischen Ansichten über die wahre Beschaffenheit des Himmelsgebäudes, über den Planetenlauf und die nach Apollonius Myndius<note xml:id="ftn248" next="ftn248-text" place="end" n="9"/> in langer geregelter Bahn wiederkehrenden Cometen den Chaldäern zugehört, ist hier nicht der Ort zu entwickeln. Strabo nennt den &#x201E;Mathematiker Seleucus" einen <hi rendition="#g">Babylonier</hi> und unterscheidet ihn<note xml:id="ftn249" next="ftn249-text" place="end" n="10"/> so von dem Erythräer, der die Meeresfluth maaß. Es genügt zu bemerken, daß auch der griechische Thierkreis höchst wahrscheinlich &#x201E;von der Dodecatemoria der Chaldäer entlehnt ist und daß derselbe nach Letronne's wichtigen Untersuchungen<note xml:id="ftn250" next="ftn250-text" place="end" n="11"/> nicht höher als bis zum Anfang des sechsten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung hinaufsteigt".</p>
              <p>Was der Contact der Hellenen mit den Völkern <hi rendition="#g">indischen</hi> Ursprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervorgerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahrscheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem <hi rendition="#g">Fünfstromlande</hi> (in dem <hi rendition="#g">Pantschanada),</hi> nachdem er das Reich des Porus zwischen dem cederreichen<note xml:id="ftn251" next="ftn251-text" place="end" n="12"/> Hydaspes (Jelum) und dem Acesines (Tschinab) durchzogen, nur bis zum Hyphasis vorgedrungen war: doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmuth seiner Kriegsvölker und Besorgniß vor einem allgemeinen Aufstande in den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0202] zu denen sie eine uralte Liebe der Astrologie anregte, scheinen sie zur wirklichen Construction astronomischer Tafeln benutzt zu haben. Wie viel von den frühesten pythagoreischen Ansichten über die wahre Beschaffenheit des Himmelsgebäudes, über den Planetenlauf und die nach Apollonius Myndius ⁹ in langer geregelter Bahn wiederkehrenden Cometen den Chaldäern zugehört, ist hier nicht der Ort zu entwickeln. Strabo nennt den „Mathematiker Seleucus" einen Babylonier und unterscheidet ihn ¹⁰ so von dem Erythräer, der die Meeresfluth maaß. Es genügt zu bemerken, daß auch der griechische Thierkreis höchst wahrscheinlich „von der Dodecatemoria der Chaldäer entlehnt ist und daß derselbe nach Letronne's wichtigen Untersuchungen ¹¹ nicht höher als bis zum Anfang des sechsten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung hinaufsteigt". Was der Contact der Hellenen mit den Völkern indischen Ursprungs in der Epoche der macedonischen Heerzüge unmittelbar hervorgerufen, ist in Dunkel gehüllt. Von wissenschaftlicher Seite konnte wahrscheinlich wenig gewonnen werden, weil Alexander in dem Fünfstromlande (in dem Pantschanada), nachdem er das Reich des Porus zwischen dem cederreichen ¹² Hydaspes (Jelum) und dem Acesines (Tschinab) durchzogen, nur bis zum Hyphasis vorgedrungen war: doch bis zu dem Punkte, wo dieser Fluß bereits die Wasser des Satadru (Hesidrus bei Plinius) empfangen hat. Mißmuth seiner Kriegsvölker und Besorgniß vor einem allgemeinen Aufstande in den persischen und syrischen Provinzen zwangen den Helden, der gegen Osten bis zum Ganges vordringen wollte, zur großen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/202
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/202>, abgerufen am 28.03.2024.