Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

neuer Messung 5200, Teneriffa höchstens 7600 Toisen Durchmesser: also nur 1/8 oder 1/6 der zwei eben genannten Erhebungs-Krater des Mondes. Die kleinen Krater des Pics von Teneriffa und Vesuvs (drei- bis vierhundert Fuß im Durchmesser) würden kaum durch Fernröhre gesehen werden können. Die bei weitem größere Zahl der Ringgebirge hat keinen Centralberg; und wo er sich findet, wird er als domförmig, oder flach (Hevelius, Macrobius), nicht als Eruptions-Kegel mit Oeffnung, beschrieben.47 Der brennenden Vulkane, die man in der Nachtseite des Mondes gesehen haben will (4 Mai 1783); der Lichterscheinungen im Plato, welche Bianchini (16 Aug. 1725) und Short (22 April 1751) beobachteten: erwähnen wir hier nur in historischem Interesse, da die Quellen der Täuschung längst ergründet sind, und in dem lebhafteren Reflex des Erdenlichts liegen, welches gewisse Theile der Oberfläche unseres Planeten auf die aschfarbene Nachtseite des Mondes werfen.48

Man hat schon mehrmals und gewiß mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß bei dem Mangel von Wasser auf dem Monde (auch die Rillen, sehr schmale, meist geradlinige Vertiefungen49, sind keine Flüsse) wir uns die Oberfläche desselben ohngefähr so beschaffen vorstellen müssen, wie es die Erde in ihrem primitiven, ältesten Zustande gewesen ist: als dieselbe noch unbedeckt war von muschelreichen Flözschichten, wie von Gerölle und Schuttland, das durch die fortschaffende Kraft der Ebbe und Fluth oder der Strömungen verbreitet worden ist. Sonnen- und Erdfluthen fehlen natürlich da, wo das flüssige Element mangelt; kaum schwache Ueberdeckungen von zerstörten Reibungs-Conglomeraten sind denkbar. In unseren, auf Spalt-

neuer Messung 5200, Teneriffa höchstens 7600 Toisen Durchmesser: also nur ⅛ oder 1/6 der zwei eben genannten Erhebungs-Krater des Mondes. Die kleinen Krater des Pics von Teneriffa und Vesuvs (drei- bis vierhundert Fuß im Durchmesser) würden kaum durch Fernröhre gesehen werden können. Die bei weitem größere Zahl der Ringgebirge hat keinen Centralberg; und wo er sich findet, wird er als domförmig, oder flach (Hevelius, Macrobius), nicht als Eruptions-Kegel mit Oeffnung, beschrieben.47 Der brennenden Vulkane, die man in der Nachtseite des Mondes gesehen haben will (4 Mai 1783); der Lichterscheinungen im Plato, welche Bianchini (16 Aug. 1725) und Short (22 April 1751) beobachteten: erwähnen wir hier nur in historischem Interesse, da die Quellen der Täuschung längst ergründet sind, und in dem lebhafteren Reflex des Erdenlichts liegen, welches gewisse Theile der Oberfläche unseres Planeten auf die aschfarbene Nachtseite des Mondes werfen.48

Man hat schon mehrmals und gewiß mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß bei dem Mangel von Wasser auf dem Monde (auch die Rillen, sehr schmale, meist geradlinige Vertiefungen49, sind keine Flüsse) wir uns die Oberfläche desselben ohngefähr so beschaffen vorstellen müssen, wie es die Erde in ihrem primitiven, ältesten Zustande gewesen ist: als dieselbe noch unbedeckt war von muschelreichen Flözschichten, wie von Gerölle und Schuttland, das durch die fortschaffende Kraft der Ebbe und Fluth oder der Strömungen verbreitet worden ist. Sonnen- und Erdfluthen fehlen natürlich da, wo das flüssige Element mangelt; kaum schwache Ueberdeckungen von zerstörten Reibungs-Conglomeraten sind denkbar. In unseren, auf Spalt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0515" n="510"/>
neuer Messung 5200, Teneriffa höchstens 7600 Toisen Durchmesser: also nur &#x215B; oder 1/6 der zwei eben genannten Erhebungs-Krater des Mondes. Die kleinen Krater des Pics von Teneriffa und Vesuvs (drei- bis vierhundert Fuß im Durchmesser) würden kaum durch Fernröhre gesehen werden können. Die <hi rendition="#g">bei weitem größere Zahl</hi> der Ringgebirge hat keinen Centralberg; und wo er sich findet, wird er als domförmig, oder flach <hi rendition="#g">(Hevelius, Macrobius),</hi> nicht als <hi rendition="#g">Eruptions-Kegel mit Oeffnung,</hi> beschrieben.<note xml:id="ftn591" next="ftn591-text" place="end" n="47"/> Der brennenden Vulkane, die man in der Nachtseite des Mondes gesehen haben will (4 Mai 1783); der Lichterscheinungen im <hi rendition="#g">Plato,</hi> welche Bianchini (16 Aug. 1725) und Short (22 April 1751) beobachteten: erwähnen wir hier nur in historischem Interesse, da die Quellen der Täuschung längst ergründet sind, und in dem lebhafteren Reflex des Erdenlichts liegen, welches gewisse Theile der Oberfläche unseres Planeten auf die aschfarbene Nachtseite des Mondes werfen.<note xml:id="ftn592" next="ftn592-text" place="end" n="48"/>          </p>
                <p>Man hat schon mehrmals und gewiß mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß bei dem Mangel von Wasser auf dem Monde (auch die <hi rendition="#g">Rillen,</hi> sehr schmale, meist geradlinige Vertiefungen<note xml:id="ftn593" next="ftn593-text" place="end" n="49"/>, sind keine Flüsse) wir uns die Oberfläche desselben ohngefähr so beschaffen vorstellen müssen, wie es die Erde in ihrem primitiven, ältesten Zustande gewesen ist: als dieselbe noch unbedeckt war von muschelreichen <hi rendition="#g">Flözschichten,</hi> wie von Gerölle und <hi rendition="#g">Schuttland,</hi> das durch die <hi rendition="#g">fortschaffende Kraft</hi> der Ebbe und Fluth oder der <hi rendition="#g">Strömungen</hi> verbreitet worden ist. Sonnen- und Erdfluthen fehlen natürlich da, wo das flüssige Element mangelt; kaum schwache Ueberdeckungen von zerstörten <hi rendition="#g">Reibungs-Conglomeraten</hi> sind denkbar. In unseren, auf Spalt-
</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[510/0515] neuer Messung 5200, Teneriffa höchstens 7600 Toisen Durchmesser: also nur ⅛ oder 1/6 der zwei eben genannten Erhebungs-Krater des Mondes. Die kleinen Krater des Pics von Teneriffa und Vesuvs (drei- bis vierhundert Fuß im Durchmesser) würden kaum durch Fernröhre gesehen werden können. Die bei weitem größere Zahl der Ringgebirge hat keinen Centralberg; und wo er sich findet, wird er als domförmig, oder flach (Hevelius, Macrobius), nicht als Eruptions-Kegel mit Oeffnung, beschrieben. ⁴⁷ Der brennenden Vulkane, die man in der Nachtseite des Mondes gesehen haben will (4 Mai 1783); der Lichterscheinungen im Plato, welche Bianchini (16 Aug. 1725) und Short (22 April 1751) beobachteten: erwähnen wir hier nur in historischem Interesse, da die Quellen der Täuschung längst ergründet sind, und in dem lebhafteren Reflex des Erdenlichts liegen, welches gewisse Theile der Oberfläche unseres Planeten auf die aschfarbene Nachtseite des Mondes werfen. ⁴⁸ Man hat schon mehrmals und gewiß mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß bei dem Mangel von Wasser auf dem Monde (auch die Rillen, sehr schmale, meist geradlinige Vertiefungen ⁴⁹ , sind keine Flüsse) wir uns die Oberfläche desselben ohngefähr so beschaffen vorstellen müssen, wie es die Erde in ihrem primitiven, ältesten Zustande gewesen ist: als dieselbe noch unbedeckt war von muschelreichen Flözschichten, wie von Gerölle und Schuttland, das durch die fortschaffende Kraft der Ebbe und Fluth oder der Strömungen verbreitet worden ist. Sonnen- und Erdfluthen fehlen natürlich da, wo das flüssige Element mangelt; kaum schwache Ueberdeckungen von zerstörten Reibungs-Conglomeraten sind denkbar. In unseren, auf Spalt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/515
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/515>, abgerufen am 29.03.2024.