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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.

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dem Krater war nichts gesehen worden; aber Blitze durchkreuzten das dunkle Gewölk, welches den Gipfel umgab: sichere Anzeigen dessen, was ich vulkanisches Gewitter nenne. Die dickeren Theile des Schlammes wurden durch die Luft geschleudert vom Gipfel des Gelunggung bis jenseits Tji-Tandui, in einer geradlinigen Entfernung von 48000 Fuß, also mehr als 2 geographische Meilen. Einige dem Vulkan nahe liegende Dörfer litten weniger, weil der heiße Schlamm über sie wegflog. Um in diesen Erscheinungen den Ursprung des Wassers und des Schlammes zu erklären, erinnert Junghuhn mit vielem Scharfsinn, daß da, wo solche Ausbrüche erfolgen, sich Kraterseen befinden; und daß, wo diese fehlen, man nur trockene oder feurige Stoffe von den vulkanischen Kegeln als wirkliche Lavaströme, oder als unzusammenhangende, glühende Schlackenmassen, oder als bloße, nicht erwärmte Trümmerzüge (vereinzelte Felsblöcke) herabkommen sieht. Von den 18 Kraterseen, welche die Insel Java besitzt, enthalten 7 süßes, helles, trinkbares Wasser, weil sie in ganz ausgebrannten Vulkanen liegen; in 11 andern ist das Wasser mit freier Schwefelsäure oder mit aufgelöster schwefelsaurer Kali-Thonerde gemischt. Alle diese Wasser haben einen atmosphärischen Ursprung und die Säurung geschieht durch vulkanische Dämpfe. Von geschmolzenem Schnee und Eis, die in den Cordilleren, selbst dem Aequator nahe, eine so wichtige Rolle spielen, kann hier keine Rede sein, da auf Sumatra und Java die höchsten Gipfel, der Indrapura und der Semeru, nur 11500 und 11480 Fuß Höhe erreichen und also 3000 Fuß unter der Grenze liegen, welche man in dieser Breite dem ewigen Schnee zuzuschreiben berechtigt ist. "Bei allen diesen Erscheinungen", sagt Junghuhn wohl mit Recht, "ist kein

dem Krater war nichts gesehen worden; aber Blitze durchkreuzten das dunkle Gewölk, welches den Gipfel umgab: sichere Anzeigen dessen, was ich vulkanisches Gewitter nenne. Die dickeren Theile des Schlammes wurden durch die Luft geschleudert vom Gipfel des Gelunggung bis jenseits Tji-Tandui, in einer geradlinigen Entfernung von 48000 Fuß, also mehr als 2 geographische Meilen. Einige dem Vulkan nahe liegende Dörfer litten weniger, weil der heiße Schlamm über sie wegflog. Um in diesen Erscheinungen den Ursprung des Wassers und des Schlammes zu erklären, erinnert Junghuhn mit vielem Scharfsinn, daß da, wo solche Ausbrüche erfolgen, sich Kraterseen befinden; und daß, wo diese fehlen, man nur trockene oder feurige Stoffe von den vulkanischen Kegeln als wirkliche Lavaströme, oder als unzusammenhangende, glühende Schlackenmassen, oder als bloße, nicht erwärmte Trümmerzüge (vereinzelte Felsblöcke) herabkommen sieht. Von den 18 Kraterseen, welche die Insel Java besitzt, enthalten 7 süßes, helles, trinkbares Wasser, weil sie in ganz ausgebrannten Vulkanen liegen; in 11 andern ist das Wasser mit freier Schwefelsäure oder mit aufgelöster schwefelsaurer Kali-Thonerde gemischt. Alle diese Wasser haben einen atmosphärischen Ursprung und die Säurung geschieht durch vulkanische Dämpfe. Von geschmolzenem Schnee und Eis, die in den Cordilleren, selbst dem Aequator nahe, eine so wichtige Rolle spielen, kann hier keine Rede sein, da auf Sumatra und Java die höchsten Gipfel, der Indrapura und der Semeru, nur 11500 und 11480 Fuß Höhe erreichen und also 3000 Fuß unter der Grenze liegen, welche man in dieser Breite dem ewigen Schnee zuzuschreiben berechtigt ist. „Bei allen diesen Erscheinungen“, sagt Junghuhn wohl mit Recht, „ist kein

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[42/0049] dem Krater war nichts gesehen worden; aber Blitze durchkreuzten das dunkle Gewölk, welches den Gipfel umgab: sichere Anzeigen dessen, was ich vulkanisches Gewitter nenne. Die dickeren Theile des Schlammes wurden durch die Luft geschleudert vom Gipfel des Gelunggung bis jenseits Tji-Tandui, in einer geradlinigen Entfernung von 48000 Fuß, also mehr als 2 geographische Meilen. Einige dem Vulkan nahe liegende Dörfer litten weniger, weil der heiße Schlamm über sie wegflog. Um in diesen Erscheinungen den Ursprung des Wassers und des Schlammes zu erklären, erinnert Junghuhn mit vielem Scharfsinn, daß da, wo solche Ausbrüche erfolgen, sich Kraterseen befinden; und daß, wo diese fehlen, man nur trockene oder feurige Stoffe von den vulkanischen Kegeln als wirkliche Lavaströme, oder als unzusammenhangende, glühende Schlackenmassen, oder als bloße, nicht erwärmte Trümmerzüge (vereinzelte Felsblöcke) herabkommen sieht. Von den 18 Kraterseen, welche die Insel Java besitzt, enthalten 7 süßes, helles, trinkbares Wasser, weil sie in ganz ausgebrannten Vulkanen liegen; in 11 andern ist das Wasser mit freier Schwefelsäure oder mit aufgelöster schwefelsaurer Kali-Thonerde gemischt. Alle diese Wasser haben einen atmosphärischen Ursprung und die Säurung geschieht durch vulkanische Dämpfe. Von geschmolzenem Schnee und Eis, die in den Cordilleren, selbst dem Aequator nahe, eine so wichtige Rolle spielen, kann hier keine Rede sein, da auf Sumatra und Java die höchsten Gipfel, der Indrapura und der Semeru, nur 11500 und 11480 Fuß Höhe erreichen und also 3000 Fuß unter der Grenze liegen, welche man in dieser Breite dem ewigen Schnee zuzuschreiben berechtigt ist. „Bei allen diesen Erscheinungen“, sagt Junghuhn wohl mit Recht, „ist kein

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos0501_1862/49>, abgerufen am 19.04.2024.