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Humboldt, Alexander von: Neue Versuche über den Metallreiz, besonders in Hinsicht auf die verschiedenartige Empfänglichkeit der thierischen Organe. In: Neues Journal der Physik. Bd. 3, H. 2 (1796), S. 165-184.

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ders gemischt oder geformt sind, als es die vorigen wa-
ren! Wie schön wird Jhre Lehre von der vita propria
der Gefäße, auf die Sie, lieber B. zuerst aufmerksam
machten, dadurch bestätigt!

Meine Rückenwunden wurden nun noch zu vielen
anderen Versuchen benutzt, die ich mir längst aufgezeich-
net hatte, um sie an mir selbst anzustellen. Jch erzähle
Jhnen hier nur einige, da Sie die zusammengesetzteren
in meinem Buche entwickelt finden. Auf meiner rechten
Wunde lag Zink, auf der linken Silber, ein Eisendrath,
der mit dem Zink zusammenhieng, gieng mir durch den
Mund, und zwar zwischen der Oberlippe und spongio-
sen Substanz der Oberzähne, einer zweyten Person aber
über die Zunge weg. Als der Eisendrath gegen das
Silber gebogen ward, sahe man meinen Muscul. cucullar.
deutlich zucken, ich fühlte ein lebhaftes Brennen und
Pochen in der Schulter, ich sah Leuchten vor bei-
den Augen, und die zweyte Person schmeckte die Säure
auf der Zunge. Alle diese heterogenen Erscheinungen
waren in einem Augenblicke vorhanden, ohnerachtet der
Communicationsdrath einige Fuß lang war. Mein Ex-
periment mit dem Hauche glückte mir ebenfalls für die
Empfindung. Auf der Wunde lag Zink, darauf Gold;
dieß Gold und die Wunde wurde mit Zink berührt, aber
kein Pochen war fühlbar. Dieß Pochen und Brennen
empfand ich sogleich als das Gold mit einer verdampfen-
den Flüssigkeit benetzt war!

Ein präparierter Froschschenkel lag auf meiner lin-
ken Schulter. Die rechte Wunde war mit Zink bedeckt.
Der Schenkel hüpfte (ohnerachtet er 8 Zoll vom Zink
ablag,) sobald ein Silberdrath ihn und den Zink ver-
band. Meine theilweise entblößte Cutis leitete also un-
ter
der Oberhaut, welche eine Brücke zwischen beiden
Wunden bildete, das Galvanische Fluidum weg. Lag

der

ders gemiſcht oder geformt ſind, als es die vorigen wa-
ren! Wie ſchoͤn wird Jhre Lehre von der vita propria
der Gefaͤße, auf die Sie, lieber B. zuerſt aufmerkſam
machten, dadurch beſtaͤtigt!

Meine Ruͤckenwunden wurden nun noch zu vielen
anderen Verſuchen benutzt, die ich mir laͤngſt aufgezeich-
net hatte, um ſie an mir ſelbſt anzuſtellen. Jch erzaͤhle
Jhnen hier nur einige, da Sie die zuſammengeſetzteren
in meinem Buche entwickelt finden. Auf meiner rechten
Wunde lag Zink, auf der linken Silber, ein Eiſendrath,
der mit dem Zink zuſammenhieng, gieng mir durch den
Mund, und zwar zwiſchen der Oberlippe und ſpongio-
ſen Subſtanz der Oberzaͤhne, einer zweyten Perſon aber
uͤber die Zunge weg. Als der Eiſendrath gegen das
Silber gebogen ward, ſahe man meinen Muscul. cucullar.
deutlich zucken, ich fuͤhlte ein lebhaftes Brennen und
Pochen in der Schulter, ich ſah Leuchten vor bei-
den Augen, und die zweyte Perſon ſchmeckte die Saͤure
auf der Zunge. Alle dieſe heterogenen Erſcheinungen
waren in einem Augenblicke vorhanden, ohnerachtet der
Communicationsdrath einige Fuß lang war. Mein Ex-
periment mit dem Hauche gluͤckte mir ebenfalls fuͤr die
Empfindung. Auf der Wunde lag Zink, darauf Gold;
dieß Gold und die Wunde wurde mit Zink beruͤhrt, aber
kein Pochen war fuͤhlbar. Dieß Pochen und Brennen
empfand ich ſogleich als das Gold mit einer verdampfen-
den Fluͤſſigkeit benetzt war!

Ein praͤparierter Froſchſchenkel lag auf meiner lin-
ken Schulter. Die rechte Wunde war mit Zink bedeckt.
Der Schenkel huͤpfte (ohnerachtet er 8 Zoll vom Zink
ablag,) ſobald ein Silberdrath ihn und den Zink ver-
band. Meine theilweiſe entbloͤßte Cutis leitete alſo un-
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der Oberhaut, welche eine Bruͤcke zwiſchen beiden
Wunden bildete, das Galvaniſche Fluidum weg. Lag

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[168/0005] ders gemiſcht oder geformt ſind, als es die vorigen wa- ren! Wie ſchoͤn wird Jhre Lehre von der vita propria der Gefaͤße, auf die Sie, lieber B. zuerſt aufmerkſam machten, dadurch beſtaͤtigt! Meine Ruͤckenwunden wurden nun noch zu vielen anderen Verſuchen benutzt, die ich mir laͤngſt aufgezeich- net hatte, um ſie an mir ſelbſt anzuſtellen. Jch erzaͤhle Jhnen hier nur einige, da Sie die zuſammengeſetzteren in meinem Buche entwickelt finden. Auf meiner rechten Wunde lag Zink, auf der linken Silber, ein Eiſendrath, der mit dem Zink zuſammenhieng, gieng mir durch den Mund, und zwar zwiſchen der Oberlippe und ſpongio- ſen Subſtanz der Oberzaͤhne, einer zweyten Perſon aber uͤber die Zunge weg. Als der Eiſendrath gegen das Silber gebogen ward, ſahe man meinen Muscul. cucullar. deutlich zucken, ich fuͤhlte ein lebhaftes Brennen und Pochen in der Schulter, ich ſah Leuchten vor bei- den Augen, und die zweyte Perſon ſchmeckte die Saͤure auf der Zunge. Alle dieſe heterogenen Erſcheinungen waren in einem Augenblicke vorhanden, ohnerachtet der Communicationsdrath einige Fuß lang war. Mein Ex- periment mit dem Hauche gluͤckte mir ebenfalls fuͤr die Empfindung. Auf der Wunde lag Zink, darauf Gold; dieß Gold und die Wunde wurde mit Zink beruͤhrt, aber kein Pochen war fuͤhlbar. Dieß Pochen und Brennen empfand ich ſogleich als das Gold mit einer verdampfen- den Fluͤſſigkeit benetzt war! Ein praͤparierter Froſchſchenkel lag auf meiner lin- ken Schulter. Die rechte Wunde war mit Zink bedeckt. Der Schenkel huͤpfte (ohnerachtet er 8 Zoll vom Zink ablag,) ſobald ein Silberdrath ihn und den Zink ver- band. Meine theilweiſe entbloͤßte Cutis leitete alſo un- ter der Oberhaut, welche eine Bruͤcke zwiſchen beiden Wunden bildete, das Galvaniſche Fluidum weg. Lag der

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Neue Versuche über den Metallreiz, besonders in Hinsicht auf die verschiedenartige Empfänglichkeit der thierischen Organe. In: Neues Journal der Physik. Bd. 3, H. 2 (1796), S. 165-184, hier S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_metallreiz_1796/5>, abgerufen am 24.04.2024.