Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 15, St. 3, (1829), S. 319-336.

Bild:
<< vorherige Seite

Berlin 1753) anführen. Er hat die Neigung in Berlin
zwischen 71° 45' und 72° 45' gefunden, woraus, zwischen
1755 und 1826, im Mittel eine jährliche Abnahme von
2',6 oder 3',5 folgt, also eine etwas langsamere, als gute
neuere Beobachtungen geben, was der Theorie von der
Bewegung der Knoten des magnetischen und Erd-Aequa-
tors, bei der allmäligen Annäherung von Berlin an den
magnetischen Aequator, keineswegs widerspricht.

In Paris haben die von Coulomb angegebenen
sehr scharfsinnigen Methoden, die Neigung zu finden, den
Erfinder zu sehr irrigen Resultaten geführt. Die erste
Beobachtung, welche mit einem vollkommnen Instrumente
daselbst angestellt wurde, ist vom Jahre 1798. Die Nei-
gung wurde von mir gemeinschaftlich mit dem Chevalier
Borda bestimmt, und gleich 69° 51' gefunden. Im Octo-
ber 1810 fand ich sie dort mit Herrn Arago gleich 68° 50'.
Die mittlere jährliche Abnahme betrug also in dieser Pe-
riode 5'. Dagegen war im August 1825 die Neigung
68° 0'*), also von 1810 bis 1825 die jährliche Abnahme
nur 3',3. Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß,
je näher der magnetische Knoten dem magnetischen Me-
ridiane von Paris gerückt ist, desto mehr sich auch die
Abnahme verlangsamt hat, von 5',0 zu 3',3. Auch Herr
Arago erwähnt dieser schwachen Abnahme im Annuaire
pour l'an
1825, die er für das Jahr 1823/4 selbst nur zu
2 Minuten anschlägt. Es ist leicht zu beweisen, daß
dieser Unterschied in der Abnahme zwischen 1798 und
1810, und 1810 und 1825 nicht etwa, wie in älteren
Resultaten, den Beobachtungsfehlern zugeschrieben wer-
den könne. Wäre die Abnahme in beiden Perioden gleich-
förmig gewesen, so müßten wir uns, Borda, Arago
und ich, um 21 bis 26 Minuten geirrt haben: aber die
Ungewißheit der Resultate hatte bis 1806 etwa 6 bis 7

*) Beobachtung des Herrn Arago. Am 18. September 1826 fand ich
mit Herrn Mathieu ebenfalls auf der Sternwarte mit einer Na-
del 67° 56',75 und mit der andern 67° 56',37.

Berlin 1753) anführen. Er hat die Neigung in Berlin
zwischen 71° 45′ und 72° 45′ gefunden, woraus, zwischen
1755 und 1826, im Mittel eine jährliche Abnahme von
2′,6 oder 3′,5 folgt, also eine etwas langsamere, als gute
neuere Beobachtungen geben, was der Theorie von der
Bewegung der Knoten des magnetischen und Erd-Aequa-
tors, bei der allmäligen Annäherung von Berlin an den
magnetischen Aequator, keineswegs widerspricht.

In Paris haben die von Coulomb angegebenen
sehr scharfsinnigen Methoden, die Neigung zu finden, den
Erfinder zu sehr irrigen Resultaten geführt. Die erste
Beobachtung, welche mit einem vollkommnen Instrumente
daselbst angestellt wurde, ist vom Jahre 1798. Die Nei-
gung wurde von mir gemeinschaftlich mit dem Chevalier
Borda bestimmt, und gleich 69° 51′ gefunden. Im Octo-
ber 1810 fand ich sie dort mit Herrn Arago gleich 68° 50′.
Die mittlere jährliche Abnahme betrug also in dieser Pe-
riode 5′. Dagegen war im August 1825 die Neigung
68° 0′*), also von 1810 bis 1825 die jährliche Abnahme
nur 3′,3. Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß,
je näher der magnetische Knoten dem magnetischen Me-
ridiane von Paris gerückt ist, desto mehr sich auch die
Abnahme verlangsamt hat, von 5′,0 zu 3′,3. Auch Herr
Arago erwähnt dieser schwachen Abnahme im Annuaire
pour l'an
1825, die er für das Jahr 1823/4 selbst nur zu
2 Minuten anschlägt. Es ist leicht zu beweisen, daß
dieser Unterschied in der Abnahme zwischen 1798 und
1810, und 1810 und 1825 nicht etwa, wie in älteren
Resultaten, den Beobachtungsfehlern zugeschrieben wer-
den könne. Wäre die Abnahme in beiden Perioden gleich-
förmig gewesen, so müßten wir uns, Borda, Arago
und ich, um 21 bis 26 Minuten geirrt haben: aber die
Ungewißheit der Resultate hatte bis 1806 etwa 6 bis 7

*) Beobachtung des Herrn Arago. Am 18. September 1826 fand ich
mit Herrn Mathieu ebenfalls auf der Sternwarte mit einer Na-
del 67° 56′,75 und mit der andern 67° 56′,37.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0004" n="322"/><placeName>Berlin</placeName></hi> 1753) anführen. Er hat die Neigung in <placeName>Berlin</placeName><lb/>
zwischen 71° 45&#x2032; und 72° 45&#x2032; gefunden, woraus, zwischen<lb/>
1755 und 1826, im Mittel eine jährliche Abnahme von<lb/>
2&#x2032;,6 oder 3&#x2032;,5 folgt, also eine etwas langsamere, als gute<lb/>
neuere Beobachtungen geben, was der Theorie von der<lb/>
Bewegung der Knoten des magnetischen und Erd-Aequa-<lb/>
tors, bei der allmäligen Annäherung von <placeName>Berlin</placeName> an den<lb/>
magnetischen Aequator, keineswegs widerspricht.</p><lb/>
      <p>In <hi rendition="#i"><placeName>Paris</placeName></hi> haben die von <hi rendition="#g"><persName>Coulomb</persName></hi> angegebenen<lb/>
sehr scharfsinnigen Methoden, die Neigung zu finden, den<lb/>
Erfinder zu sehr irrigen Resultaten geführt. Die erste<lb/>
Beobachtung, welche mit einem vollkommnen Instrumente<lb/>
daselbst angestellt wurde, ist vom Jahre 1798. Die Nei-<lb/>
gung wurde von mir gemeinschaftlich mit dem Chevalier<lb/><hi rendition="#g"><persName>Borda</persName></hi> bestimmt, und gleich 69° 51&#x2032; gefunden. Im Octo-<lb/>
ber 1810 fand ich sie dort mit <choice><abbr>Hrn.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> <hi rendition="#g"><persName>Arago</persName></hi> gleich 68° 50&#x2032;.<lb/>
Die mittlere jährliche Abnahme betrug also in dieser Pe-<lb/>
riode 5&#x2032;. Dagegen war im August 1825 die Neigung<lb/>
68° 0&#x2032;<note place="foot" n="*)">Beobachtung des <choice><abbr>Hrn.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> <hi rendition="#g"><persName>Arago</persName></hi>. Am 18. <choice><abbr>Sept.</abbr><expan>September</expan></choice> 1826 fand ich<lb/>
mit <choice><abbr>Hrn.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> <hi rendition="#g"><persName>Mathieu</persName></hi> ebenfalls auf der Sternwarte mit einer Na-<lb/>
del 67° 56&#x2032;,75 und mit der andern 67° 56&#x2032;,37.</note>, also von 1810 bis 1825 die jährliche Abnahme<lb/>
nur 3&#x2032;,3. Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß,<lb/>
je näher der magnetische Knoten dem magnetischen Me-<lb/>
ridiane von <placeName>Paris</placeName> gerückt ist, desto mehr sich auch die<lb/>
Abnahme verlangsamt hat, von 5&#x2032;,0 zu 3&#x2032;,3. Auch <choice><abbr>Hr.</abbr><expan>Herr</expan></choice><lb/><hi rendition="#g"><persName>Arago</persName></hi> erwähnt dieser schwachen Abnahme im <hi rendition="#i">Annuaire<lb/>
pour l'an</hi> 1825, die er für das Jahr 182<hi rendition="#sup">3</hi>/<hi rendition="#sub">4</hi> selbst nur zu<lb/>
2 Minuten anschlägt. Es ist leicht zu beweisen, daß<lb/>
dieser Unterschied in der Abnahme zwischen 1798 und<lb/>
1810, und 1810 und 1825 nicht etwa, wie in älteren<lb/>
Resultaten, den Beobachtungsfehlern zugeschrieben wer-<lb/>
den könne. Wäre die Abnahme in beiden Perioden gleich-<lb/>
förmig gewesen, so müßten wir uns, <hi rendition="#g"><persName>Borda</persName></hi>, <hi rendition="#g"><persName>Arago</persName></hi><lb/>
und ich, um 21 bis 26 Minuten geirrt haben: aber die<lb/>
Ungewißheit der Resultate hatte bis 1806 etwa 6 bis 7<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0004] Berlin 1753) anführen. Er hat die Neigung in Berlin zwischen 71° 45′ und 72° 45′ gefunden, woraus, zwischen 1755 und 1826, im Mittel eine jährliche Abnahme von 2′,6 oder 3′,5 folgt, also eine etwas langsamere, als gute neuere Beobachtungen geben, was der Theorie von der Bewegung der Knoten des magnetischen und Erd-Aequa- tors, bei der allmäligen Annäherung von Berlin an den magnetischen Aequator, keineswegs widerspricht. In Paris haben die von Coulomb angegebenen sehr scharfsinnigen Methoden, die Neigung zu finden, den Erfinder zu sehr irrigen Resultaten geführt. Die erste Beobachtung, welche mit einem vollkommnen Instrumente daselbst angestellt wurde, ist vom Jahre 1798. Die Nei- gung wurde von mir gemeinschaftlich mit dem Chevalier Borda bestimmt, und gleich 69° 51′ gefunden. Im Octo- ber 1810 fand ich sie dort mit Hrn. Arago gleich 68° 50′. Die mittlere jährliche Abnahme betrug also in dieser Pe- riode 5′. Dagegen war im August 1825 die Neigung 68° 0′ *), also von 1810 bis 1825 die jährliche Abnahme nur 3′,3. Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß, je näher der magnetische Knoten dem magnetischen Me- ridiane von Paris gerückt ist, desto mehr sich auch die Abnahme verlangsamt hat, von 5′,0 zu 3′,3. Auch Hr. Arago erwähnt dieser schwachen Abnahme im Annuaire pour l'an 1825, die er für das Jahr 1823/4 selbst nur zu 2 Minuten anschlägt. Es ist leicht zu beweisen, daß dieser Unterschied in der Abnahme zwischen 1798 und 1810, und 1810 und 1825 nicht etwa, wie in älteren Resultaten, den Beobachtungsfehlern zugeschrieben wer- den könne. Wäre die Abnahme in beiden Perioden gleich- förmig gewesen, so müßten wir uns, Borda, Arago und ich, um 21 bis 26 Minuten geirrt haben: aber die Ungewißheit der Resultate hatte bis 1806 etwa 6 bis 7 *) Beobachtung des Hrn. Arago. Am 18. Sept. 1826 fand ich mit Hrn. Mathieu ebenfalls auf der Sternwarte mit einer Na- del 67° 56′,75 und mit der andern 67° 56′,37.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_mittel_1829
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_mittel_1829/4
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 15, St. 3, (1829), S. 319-336, hier S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_mittel_1829/4>, abgerufen am 23.04.2024.