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Humboldt, Alexander von: Alexander von Humboldt an den Herausgeber aus Corunna am 5. Jun[i] 1799. In: Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde, Bd. 4 (1799), S. 399-401.

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nach mit den herrlichsten Empfehlungen, und unter
tausend günstigen Vorbedeutungen meine grosse Reise
an. In wenigen Stunden (das ist pünctlichst wahr --
ich wollte Ihnen noch einen recht langen Brief schrei-
ben; aber der Wind hat sich plözlich günstig geändert)
segeln wir um das Cap Finisterre. Wir landen in Lan-
celotte, Teneriffa
, an der Küste Carraccas, und zulezt in
Trincolad, einem südlichen Hafen von Cuba, von wo
wir (der französische Botanist Bonpland, vom Musee
ebenfalls zu Baudin's Reise um die Welt bestimmt, be-
gleitet mich) zu Lande nach der Havana reisen. Wie,
in welcher Folge ich meine Plane ausführe, ist von
hier aus schwer zu bestimmen; wahrscheinlich Vera
Cruz
, das Gebirge von Tlascala, dann Mexico, Califor-
nien, Guatimala
, den für die Geognosie so wichtigen
Isthmus von Panama, Neugranada samt dem Vulcan von
Tonguragua (der 1797 an 16000 Menschen das Leben
kostete, mehr durch heisses Wasser, als durch Laven)
dann Peru... Ich werde Pflanzen und Fossilien sam-
meln, mit einem vortreflichen Sextanten von Ramsden,
einem Quadrant von Bird, und einem Chronometer von
Louis Berthoud werde ich nüzliche astronomische Beob-
achtungen machen können; ich werde die Luft che-
misch zerlegen. -- dieß alles ist aber nicht Hauptzwek
meiner Reise. Auf das Zusammenwirken der Kräfte,
den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte
Thier- und Pflanzenwelt; auf diese Harmonie sollen
stäts meine Augen gerichtet seyn. Der arbeitsame Mensch
muß das Gute und Grosse wollen. Ob er es erreiche,
hängt von dem unbezwungenen Schiksale ab.

Ich

nach mit den herrlichſten Empfehlungen, und unter
tauſend günſtigen Vorbedeutungen meine groſſe Reiſe
an. In wenigen Stunden (das iſt pünctlichſt wahr —
ich wollte Ihnen noch einen recht langen Brief ſchrei-
ben; aber der Wind hat ſich plözlich günſtig geändert)
ſegeln wir um das Cap Finisterre. Wir landen in Lan-
celotte, Teneriffa
, an der Küſte Carraccas, und zulezt in
Trincolad, einem ſüdlichen Hafen von Cuba, von wo
wir (der franzöſiſche Botaniſt Bonpland, vom Muſée
ebenfalls zu Baudin's Reiſe um die Welt beſtimmt, be-
gleitet mich) zu Lande nach der Havana reiſen. Wie,
in welcher Folge ich meine Plane ausführe, iſt von
hier aus ſchwer zu beſtimmen; wahrſcheinlich Vera
Cruz
, das Gebirge von Tlascala, dann Mexico, Califor-
nien, Guatimala
, den für die Geognoſie ſo wichtigen
Iſthmus von Panama, Neugranada ſamt dem Vulcan von
Tonguragua (der 1797 an 16000 Menſchen das Leben
koſtete, mehr durch heiſſes Waſſer, als durch Laven)
dann Peru… Ich werde Pflanzen und Foſsilien ſam-
meln, mit einem vortreflichen Sextanten von Ramsden,
einem Quadrant von Bird, und einem Chronometer von
Louis Berthoud werde ich nüzliche aſtronomiſche Beob-
achtungen machen können; ich werde die Luft che-
miſch zerlegen. — dieß alles iſt aber nicht Hauptzwek
meiner Reiſe. Auf das Zuſammenwirken der Kräfte,
den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte
Thier- und Pflanzenwelt; auf dieſe Harmonie ſollen
ſtäts meine Augen gerichtet ſeyn. Der arbeitſame Menſch
muß das Gute und Groſſe wollen. Ob er es erreiche,
hängt von dem unbezwungenen Schikſale ab.

Ich
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[400/0003] nach mit den herrlichſten Empfehlungen, und unter tauſend günſtigen Vorbedeutungen meine groſſe Reiſe an. In wenigen Stunden (das iſt pünctlichſt wahr — ich wollte Ihnen noch einen recht langen Brief ſchrei- ben; aber der Wind hat ſich plözlich günſtig geändert) ſegeln wir um das Cap Finisterre. Wir landen in Lan- celotte, Teneriffa, an der Küſte Carraccas, und zulezt in Trincolad, einem ſüdlichen Hafen von Cuba, von wo wir (der franzöſiſche Botaniſt Bonpland, vom Muſée ebenfalls zu Baudin's Reiſe um die Welt beſtimmt, be- gleitet mich) zu Lande nach der Havana reiſen. Wie, in welcher Folge ich meine Plane ausführe, iſt von hier aus ſchwer zu beſtimmen; wahrſcheinlich Vera Cruz, das Gebirge von Tlascala, dann Mexico, Califor- nien, Guatimala, den für die Geognoſie ſo wichtigen Iſthmus von Panama, Neugranada ſamt dem Vulcan von Tonguragua (der 1797 an 16000 Menſchen das Leben koſtete, mehr durch heiſſes Waſſer, als durch Laven) dann Peru… Ich werde Pflanzen und Foſsilien ſam- meln, mit einem vortreflichen Sextanten von Ramsden, einem Quadrant von Bird, und einem Chronometer von Louis Berthoud werde ich nüzliche aſtronomiſche Beob- achtungen machen können; ich werde die Luft che- miſch zerlegen. — dieß alles iſt aber nicht Hauptzwek meiner Reiſe. Auf das Zuſammenwirken der Kräfte, den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte Thier- und Pflanzenwelt; auf dieſe Harmonie ſollen ſtäts meine Augen gerichtet ſeyn. Der arbeitſame Menſch muß das Gute und Groſſe wollen. Ob er es erreiche, hängt von dem unbezwungenen Schikſale ab. Ich

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Alexander von Humboldt an den Herausgeber aus Corunna am 5. Jun[i] 1799. In: Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde, Bd. 4 (1799), S. 399-401, hier S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_moll_1799/3>, abgerufen am 29.03.2024.