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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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Ueber die Schwankungen

Die Besorgnisse über die verminderte Einfuhr der edlen Me-
talle aus dem Neuen Continent, welche sich bei dem Erscheinen
des wichtigen und in Deutschland nicht genugsam beachteten Werkes
von Jakob (on Precious Metals) verbreitet hatten, sind nicht in
Erfüllung gegangen. Die von 1809 bis 1826 so tief gesunkene
Metallproduktion hat sich, trotz des unruhigen Zustandes des freien
spanischen Amerikas, doch wieder zu 3/4 von dem gehoben, was sie
in der Epoche war, als ich jene Länder verließ. Jn Mexiko ist sogar,
nach den neuesten Nachrichten, die ich dem thätigen preußischen
Geschäftsträger Herrn v. Gerolt verdanke, im Jahr 1837 die
Ausbeute auf 20 bis 22 Millionen Piaster gestiegen, wozu außer
Zacatecas die neu aufgenommenen Gruben von Fresnillo, Chihua-
hua und Sonora am meisten beigetragen haben. Jn der letzten
friedlichen Epoche der spanischen Oberherrschaft konnte ich den
Mittelertrag der mexikanischen Bergwerke auch nur auf 23 Mil-
lionen Piaster (etwa 537,000 Kil. Silber und 1600 Kil. Gold)
schätzen. Die Controle war damals leichter, da es nur einen Cen-
tralmünzhof gab und strenge Gesetze den Handel auf eine kleinere
Zahl von Häfen beschränkten. Die größte Thätigkeit der Welt war
damals in jener Centralmünze von Mexiko, die von 1690 bis
1803 aus inländischem Gold und Silber genau für 1353 Millio-
nen Piaster, aber von der Entdeckung von Neuspanien* an bis zur

und 52. Das Pfund Gold ist aber gleich gesetzt, in preußischem
Silbergelde, 439 Thlr. 11 Sgr. 6 Pfg." Die Vergleichung der
beiden Perioden 18 und 18 zeigt ein Fallen der Getreidepreise
im preußischen Staate um 14 Procent beim Weizen, um 111/2 beim
Roggen, um 12 bei der Gerste und 11 beim Haber, eine Preisver-
minderung, welche größtentheils der vermehrten Erzeugung und besseren
Benutzung des Bodens zuzuschreiben ist. Die fortschreitende Cultur
wendet sich den Cerealien zu, die einen höhern Werth haben. (Diete-
rici
, Uebersicht des Verkehrs. 1838. S. 474.) Jch führe diese Preis-
verminderung, als eine von dem Zu- und Abfluß edler Metalle un-
abhängige an.
* Erst in diesem Jahre hat Herr Ternaur-Compans in seiner überaus
nützlichen Sammlung von Memoires originaux pour servir a l'his-
toire de la decouverte de l'Amerique
(Conquete du Mexique, p. 451)
eine offizielle Liste der von den Vicekönigen von Neuspanien zwischen
1522 und 1587 nach dem Mutterlande gesandten Summen bekannt
gemacht. Jch habe diese Liste in dem Archive von Mexiko nicht ge-
funden. Sie ist sehr merkwürdig und zeigt, daß meine früheren
Ueber die Schwankungen

Die Beſorgniſſe über die verminderte Einfuhr der edlen Me-
talle aus dem Neuen Continent, welche ſich bei dem Erſcheinen
des wichtigen und in Deutſchland nicht genugſam beachteten Werkes
von Jakob (on Precious Metals) verbreitet hatten, ſind nicht in
Erfüllung gegangen. Die von 1809 bis 1826 ſo tief geſunkene
Metallproduktion hat ſich, trotz des unruhigen Zuſtandes des freien
ſpaniſchen Amerikas, doch wieder zu ¾ von dem gehoben, was ſie
in der Epoche war, als ich jene Länder verließ. Jn Mexiko iſt ſogar,
nach den neueſten Nachrichten, die ich dem thätigen preußiſchen
Geſchäftsträger Herrn v. Gerolt verdanke, im Jahr 1837 die
Ausbeute auf 20 bis 22 Millionen Piaſter geſtiegen, wozu außer
Zacatecas die neu aufgenommenen Gruben von Fresnillo, Chihua-
hua und Sonora am meiſten beigetragen haben. Jn der letzten
friedlichen Epoche der ſpaniſchen Oberherrſchaft konnte ich den
Mittelertrag der mexikaniſchen Bergwerke auch nur auf 23 Mil-
lionen Piaſter (etwa 537,000 Kil. Silber und 1600 Kil. Gold)
ſchätzen. Die Controle war damals leichter, da es nur einen Cen-
tralmünzhof gab und ſtrenge Geſetze den Handel auf eine kleinere
Zahl von Häfen beſchränkten. Die größte Thätigkeit der Welt war
damals in jener Centralmünze von Mexiko, die von 1690 bis
1803 aus inländiſchem Gold und Silber genau für 1353 Millio-
nen Piaſter, aber von der Entdeckung von Neuſpanien* an bis zur

und 52. Das Pfund Gold iſt aber gleich geſetzt, in preußiſchem
Silbergelde, 439 Thlr. 11 Sgr. 6 Pfg.“ Die Vergleichung der
beiden Perioden 18 und 18 zeigt ein Fallen der Getreidepreiſe
im preußiſchen Staate um 14 Procent beim Weizen, um 11½ beim
Roggen, um 12 bei der Gerſte und 11 beim Haber, eine Preisver-
minderung, welche größtentheils der vermehrten Erzeugung und beſſeren
Benutzung des Bodens zuzuſchreiben iſt. Die fortſchreitende Cultur
wendet ſich den Cerealien zu, die einen höhern Werth haben. (Diete-
rici
, Ueberſicht des Verkehrs. 1838. S. 474.) Jch führe dieſe Preis-
verminderung, als eine von dem Zu- und Abfluß edler Metalle un-
abhängige an.
* Erſt in dieſem Jahre hat Herr Ternaur-Compans in ſeiner überaus
nützlichen Sammlung von Mémoires originaux pour servir à l'his-
toire de la découverte de l'Amérique
(Conquête du Mexique, p. 451)
eine offizielle Liſte der von den Vicekönigen von Neuſpanien zwiſchen
1522 und 1587 nach dem Mutterlande geſandten Summen bekannt
gemacht. Jch habe dieſe Liſte in dem Archive von Mexiko nicht ge-
funden. Sie iſt ſehr merkwürdig und zeigt, daß meine früheren
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[18/0019] Ueber die Schwankungen Die Beſorgniſſe über die verminderte Einfuhr der edlen Me- talle aus dem Neuen Continent, welche ſich bei dem Erſcheinen des wichtigen und in Deutſchland nicht genugſam beachteten Werkes von Jakob (on Precious Metals) verbreitet hatten, ſind nicht in Erfüllung gegangen. Die von 1809 bis 1826 ſo tief geſunkene Metallproduktion hat ſich, trotz des unruhigen Zuſtandes des freien ſpaniſchen Amerikas, doch wieder zu ¾ von dem gehoben, was ſie in der Epoche war, als ich jene Länder verließ. Jn Mexiko iſt ſogar, nach den neueſten Nachrichten, die ich dem thätigen preußiſchen Geſchäftsträger Herrn v. Gerolt verdanke, im Jahr 1837 die Ausbeute auf 20 bis 22 Millionen Piaſter geſtiegen, wozu außer Zacatecas die neu aufgenommenen Gruben von Fresnillo, Chihua- hua und Sonora am meiſten beigetragen haben. Jn der letzten friedlichen Epoche der ſpaniſchen Oberherrſchaft konnte ich den Mittelertrag der mexikaniſchen Bergwerke auch nur auf 23 Mil- lionen Piaſter (etwa 537,000 Kil. Silber und 1600 Kil. Gold) ſchätzen. Die Controle war damals leichter, da es nur einen Cen- tralmünzhof gab und ſtrenge Geſetze den Handel auf eine kleinere Zahl von Häfen beſchränkten. Die größte Thätigkeit der Welt war damals in jener Centralmünze von Mexiko, die von 1690 bis 1803 aus inländiſchem Gold und Silber genau für 1353 Millio- nen Piaſter, aber von der Entdeckung von Neuſpanien * an bis zur * * Erſt in dieſem Jahre hat Herr Ternaur-Compans in ſeiner überaus nützlichen Sammlung von Mémoires originaux pour servir à l'his- toire de la découverte de l'Amérique (Conquête du Mexique, p. 451) eine offizielle Liſte der von den Vicekönigen von Neuſpanien zwiſchen 1522 und 1587 nach dem Mutterlande geſandten Summen bekannt gemacht. Jch habe dieſe Liſte in dem Archive von Mexiko nicht ge- funden. Sie iſt ſehr merkwürdig und zeigt, daß meine früheren * und 52. Das Pfund Gold iſt aber gleich geſetzt, in preußiſchem Silbergelde, 439 Thlr. 11 Sgr. 6[FORMEL] Pfg.“ Die Vergleichung der beiden Perioden 18[FORMEL] und 18[FORMEL] zeigt ein Fallen der Getreidepreiſe im preußiſchen Staate um 14[FORMEL] Procent beim Weizen, um 11½ beim Roggen, um 12 bei der Gerſte und 11[FORMEL] beim Haber, eine Preisver- minderung, welche größtentheils der vermehrten Erzeugung und beſſeren Benutzung des Bodens zuzuſchreiben iſt. Die fortſchreitende Cultur wendet ſich den Cerealien zu, die einen höhern Werth haben. (Diete- rici, Ueberſicht des Verkehrs. 1838. S. 474.) Jch führe dieſe Preis- verminderung, als eine von dem Zu- und Abfluß edler Metalle un- abhängige an.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/19>, abgerufen am 18.04.2024.