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Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420.

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liche Ursachen, besonders Erzgänge und Flöze, oder
durch sehr alte Thäler hervorgebracht seyn konn-
ten) der geschichtete grobkörnige Granit, der blätt-
rige Granit, und vorzüglich der Glimmerschiefer
und Thonschiefer in der Stunde 3 auf der Boussole
der Bergleute streichen, indem sie mit dem Meri-
dian des Orts einen Winkel von 521/2° machen. Das
Fallen der Schichten ist gegen Nord-West gerichtet,
das heißt, sie fallen parallel mit einem Körper, der
in dieser Richtung geworfen wird, oder die Oeff-
nung des Neigungswinkels (geringer als 90°) den
sie mit der Erdaxe machen, steht gegen Nord-Ost.
Das Streichen ist beständiger als das Fallen, zumal
bey einfachen Gebirgsarten (Thonschiefer, Horn-
blendeschiefer) oder bey zusammengesetzten Ge-
birgsarten mit weniger crystallisirtem Korn, wie der
Glimmerschiefer ist. Im Granit, (man findet ihn
jedoch sehr regelmäßig geschichtet, in der St. 3-4
streichend, und gegen Nord-West fallend auf der
Schneekoppe, am Ochsenkopf, auf dem Siebenge-
birge
und den Pyrenäen,) und im Gneiß scheint
die Anziehung der crystallisirten Gemengtheile gegen
einander oft die regelmäßige Schichtung verhindert
zu haben; daher entdeckt man mehr Uebereinstim-
mung unter den Glimmer- und Thonschiefern, und
diese brachten mich zuerst auf die Idee des Strei-
chungsgesetzes, bey meinem Aufenthalt am Fich-
telberg
und im Thüringer Wald. Seitdem habe
ich die Winkel anderer Urgebirgsschichten mit groß-
er Genauigkeit in andern Theilen von Teutschland,
in der Schweiz, Italien, im mittäglichen Frankreich,
auf den Pyrenäen und neuerlich in Galicien gemes-
sen. Hr. Freiesleben, durch dessen Arbeiten die

Geo-

Abhandlungen.
liche Urſachen, beſonders Erzgänge und Flöze, oder
durch ſehr alte Thäler hervorgebracht ſeyn konn-
ten) der geſchichtete grobkörnige Granit, der blätt-
rige Granit, und vorzüglich der Glimmerſchiefer
und Thonſchiefer in der Stunde 3 auf der Bouſſole
der Bergleute ſtreichen, indem ſie mit dem Meri-
dian des Orts einen Winkel von 52½° machen. Das
Fallen der Schichten iſt gegen Nord-Weſt gerichtet,
das heißt, ſie fallen parallel mit einem Körper, der
in dieſer Richtung geworfen wird, oder die Oeff-
nung des Neigungswinkels (geringer als 90°) den
ſie mit der Erdaxe machen, ſteht gegen Nord-Oſt.
Das Streichen iſt beſtändiger als das Fallen, zumal
bey einfachen Gebirgsarten (Thonſchiefer, Horn-
blendeſchiefer) oder bey zuſammengeſetzten Ge-
birgsarten mit weniger cryſtalliſirtem Korn, wie der
Glimmerſchiefer iſt. Im Granit, (man findet ihn
jedoch ſehr regelmäßig geſchichtet, in der St. 3-4
ſtreichend, und gegen Nord-Weſt fallend auf der
Schneekoppe, am Ochſenkopf, auf dem Siebenge-
birge
und den Pyrenäen,) und im Gneiß ſcheint
die Anziehung der cryſtalliſirten Gemengtheile gegen
einander oft die regelmäßige Schichtung verhindert
zu haben; daher entdeckt man mehr Uebereinſtim-
mung unter den Glimmer- und Thonſchiefern, und
dieſe brachten mich zuerſt auf die Idee des Strei-
chungsgeſetzes, bey meinem Aufenthalt am Fich-
telberg
und im Thüringer Wald. Seitdem habe
ich die Winkel anderer Urgebirgsſchichten mit groß-
er Genauigkeit in andern Theilen von Teutſchland,
in der Schweiz, Italien, im mittäglichen Frankreich,
auf den Pyrenäen und neuerlich in Galicien gemeſ-
ſen. Hr. Freiesleben, durch deſſen Arbeiten die

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[398/0010] Abhandlungen. liche Urſachen, beſonders Erzgänge und Flöze, oder durch ſehr alte Thäler hervorgebracht ſeyn konn- ten) der geſchichtete grobkörnige Granit, der blätt- rige Granit, und vorzüglich der Glimmerſchiefer und Thonſchiefer in der Stunde 3[FORMEL] auf der Bouſſole der Bergleute ſtreichen, indem ſie mit dem Meri- dian des Orts einen Winkel von 52½° machen. Das Fallen der Schichten iſt gegen Nord-Weſt gerichtet, das heißt, ſie fallen parallel mit einem Körper, der in dieſer Richtung geworfen wird, oder die Oeff- nung des Neigungswinkels (geringer als 90°) den ſie mit der Erdaxe machen, ſteht gegen Nord-Oſt. Das Streichen iſt beſtändiger als das Fallen, zumal bey einfachen Gebirgsarten (Thonſchiefer, Horn- blendeſchiefer) oder bey zuſammengeſetzten Ge- birgsarten mit weniger cryſtalliſirtem Korn, wie der Glimmerſchiefer iſt. Im Granit, (man findet ihn jedoch ſehr regelmäßig geſchichtet, in der St. 3-4 ſtreichend, und gegen Nord-Weſt fallend auf der Schneekoppe, am Ochſenkopf, auf dem Siebenge- birge und den Pyrenäen,) und im Gneiß ſcheint die Anziehung der cryſtalliſirten Gemengtheile gegen einander oft die regelmäßige Schichtung verhindert zu haben; daher entdeckt man mehr Uebereinſtim- mung unter den Glimmer- und Thonſchiefern, und dieſe brachten mich zuerſt auf die Idee des Strei- chungsgeſetzes, bey meinem Aufenthalt am Fich- telberg und im Thüringer Wald. Seitdem habe ich die Winkel anderer Urgebirgsſchichten mit groß- er Genauigkeit in andern Theilen von Teutſchland, in der Schweiz, Italien, im mittäglichen Frankreich, auf den Pyrenäen und neuerlich in Galicien gemeſ- ſen. Hr. Freiesleben, durch deſſen Arbeiten die Geo-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Skizze einer Geologischen Schilderung des südlichen Amerika. In: Allgemeine Geographische Ephemeriden. Bd. 9 (1802) St. 5, S. 389-420, hier S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_skizze02_1802/10>, abgerufen am 16.04.2024.