Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Über die zunehmende Stärke des Schalls in der Nacht. In: Annalen der Physik, Bd. 65 (1820), S. 31-42.

Bild:
<< vorherige Seite

elastischen Mittel herrscht. An allen Stellen eines un-
gleich erhitzten Bodens, wo kleine Luftstreifen von
höherer Temperatur aufsteigen, findet eine plötzliche
Unterbrechung der Dichtigkeit Statt, und überall, wo
Luftschichten von ungleicher Dichtigkeit mit einan-
der in Berührung sind, theilen sich die Schallwellen,
gerade so wie die Lichtstrahlen, wenn sie gebrochen
werden, und bilden eine Art von Kimmung (Mirage).
Bei den Schallwellen wie bei den Lichtwellen werden,
wenn sie durch Mittel von ungleicher Dichtigkeit fort-
gehen, stets zugleich zwei Wirkungen hervorgebracht;
Veränderung in der Richtung der Fortpflanzung, und
Erlöschung (extinction) von Licht und von Schall.
Die Zurückwerfung, welche bei jeder Brechung er-
folgt, schwächt die Intensität des Lichts; eben so ver-
ursacht die Theilung der Schallwelle da, wo die Dich-
tigkeit der Luft sich plötzlich verändert, partielle Echos,
und der Theil der Welle, welcher in sich selbst zu-
rückläuft, bleibt bei sehr schwachem Schalle unserm
Ohre unmerkbar.

Bei der Luftspiegelung (Kimmung, Mirage)
mit doppelten Bildern, ist stets das Bild, welches durch
Brechung zunächst am Boden entsteht, schwächer,
als das direkt gesehene. Es können Luftschichten von
sehr verschiedener Dichtigkeit so mit einander abwech-
seln, dass die ursprünglichen Richtungen des Licht-
strahls und des Schallstrahls dieselben bleiben, die In-
tensität des Lichts und des Schalls werden dann aber
nichts desto weniger sehr geschwächt seyn. In der
Nacht erkaltet die Oberfläche des Bodens; die mit Ra-
sen oder mit Sand bedeckten Theile nehmen eine glei-

elaſtiſchen Mittel herrſcht. An allen Stellen eines un-
gleich erhitzten Bodens, wo kleine Luftſtreifen von
höherer Temperatur aufſteigen, findet eine plötzliche
Unterbrechung der Dichtigkeit Statt, und überall, wo
Luftſchichten von ungleicher Dichtigkeit mit einan-
der in Berührung ſind, theilen ſich die Schallwellen,
gerade ſo wie die Lichtſtrahlen, wenn ſie gebrochen
werden, und bilden eine Art von Kimmung (Mirage).
Bei den Schallwellen wie bei den Lichtwellen werden,
wenn ſie durch Mittel von ungleicher Dichtigkeit fort-
gehen, ſtets zugleich zwei Wirkungen hervorgebracht;
Veränderung in der Richtung der Fortpflanzung, und
Erlöſchung (extinction) von Licht und von Schall.
Die Zurückwerfung, welche bei jeder Brechung er-
folgt, ſchwächt die Intenſität des Lichts; eben ſo ver-
urſacht die Theilung der Schallwelle da, wo die Dich-
tigkeit der Luft ſich plötzlich verändert, partielle Echos,
und der Theil der Welle, welcher in ſich ſelbſt zu-
rückläuft, bleibt bei ſehr ſchwachem Schalle unſerm
Ohre unmerkbar.

Bei der Luftſpiegelung (Kimmung, Mirage)
mit doppelten Bildern, iſt ſtets das Bild, welches durch
Brechung zunächſt am Boden entſteht, ſchwächer,
als das direkt geſehene. Es können Luftſchichten von
ſehr verſchiedener Dichtigkeit ſo mit einander abwech-
ſeln, daſs die urſprünglichen Richtungen des Licht-
ſtrahls und des Schallſtrahls dieſelben bleiben, die In-
tenſität des Lichts und des Schalls werden dann aber
nichts deſto weniger ſehr geſchwächt ſeyn. In der
Nacht erkaltet die Oberfläche des Bodens; die mit Ra-
ſen oder mit Sand bedeckten Theile nehmen eine glei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0009" n="37"/>
ela&#x017F;ti&#x017F;chen Mittel herr&#x017F;cht. An allen Stellen eines un-<lb/>
gleich erhitzten Bodens, wo kleine Luft&#x017F;treifen von<lb/>
höherer Temperatur auf&#x017F;teigen, findet eine plötzliche<lb/>
Unterbrechung der Dichtigkeit Statt, und überall, wo<lb/>
Luft&#x017F;chichten von ungleicher Dichtigkeit mit einan-<lb/>
der in Berührung &#x017F;ind, theilen &#x017F;ich die Schallwellen,<lb/>
gerade &#x017F;o wie die Licht&#x017F;trahlen, wenn &#x017F;ie gebrochen<lb/>
werden, und bilden eine Art von Kimmung (<hi rendition="#i">Mirage</hi>).<lb/>
Bei den Schallwellen wie bei den Lichtwellen werden,<lb/>
wenn &#x017F;ie durch Mittel von ungleicher Dichtigkeit fort-<lb/>
gehen, &#x017F;tets zugleich zwei Wirkungen hervorgebracht;<lb/>
Veränderung in der Richtung der Fortpflanzung, und<lb/>
Erlö&#x017F;chung (<hi rendition="#i">extinction</hi>) von Licht und von Schall.<lb/>
Die Zurückwerfung, welche bei jeder Brechung er-<lb/>
folgt, &#x017F;chwächt die Inten&#x017F;ität des Lichts; eben &#x017F;o ver-<lb/>
ur&#x017F;acht die Theilung der Schallwelle da, wo die Dich-<lb/>
tigkeit der Luft &#x017F;ich plötzlich verändert, partielle Echos,<lb/>
und der Theil der Welle, welcher in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu-<lb/>
rückläuft, bleibt bei &#x017F;ehr &#x017F;chwachem Schalle un&#x017F;erm<lb/>
Ohre unmerkbar.</p><lb/>
        <p>Bei der Luft&#x017F;piegelung (Kimmung, <hi rendition="#i">Mirage</hi>)<lb/>
mit doppelten Bildern, i&#x017F;t &#x017F;tets das Bild, welches durch<lb/>
Brechung zunäch&#x017F;t am Boden ent&#x017F;teht, &#x017F;chwächer,<lb/>
als das direkt ge&#x017F;ehene. Es können Luft&#x017F;chichten von<lb/>
&#x017F;ehr ver&#x017F;chiedener Dichtigkeit &#x017F;o mit einander abwech-<lb/>
&#x017F;eln, da&#x017F;s die ur&#x017F;prünglichen Richtungen des Licht-<lb/>
&#x017F;trahls und des Schall&#x017F;trahls die&#x017F;elben bleiben, die In-<lb/>
ten&#x017F;ität des Lichts und des Schalls werden dann aber<lb/>
nichts de&#x017F;to weniger &#x017F;ehr ge&#x017F;chwächt &#x017F;eyn. In der<lb/>
Nacht erkaltet die Oberfläche des Bodens; die mit Ra-<lb/>
&#x017F;en oder mit Sand bedeckten Theile nehmen eine glei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0009] elaſtiſchen Mittel herrſcht. An allen Stellen eines un- gleich erhitzten Bodens, wo kleine Luftſtreifen von höherer Temperatur aufſteigen, findet eine plötzliche Unterbrechung der Dichtigkeit Statt, und überall, wo Luftſchichten von ungleicher Dichtigkeit mit einan- der in Berührung ſind, theilen ſich die Schallwellen, gerade ſo wie die Lichtſtrahlen, wenn ſie gebrochen werden, und bilden eine Art von Kimmung (Mirage). Bei den Schallwellen wie bei den Lichtwellen werden, wenn ſie durch Mittel von ungleicher Dichtigkeit fort- gehen, ſtets zugleich zwei Wirkungen hervorgebracht; Veränderung in der Richtung der Fortpflanzung, und Erlöſchung (extinction) von Licht und von Schall. Die Zurückwerfung, welche bei jeder Brechung er- folgt, ſchwächt die Intenſität des Lichts; eben ſo ver- urſacht die Theilung der Schallwelle da, wo die Dich- tigkeit der Luft ſich plötzlich verändert, partielle Echos, und der Theil der Welle, welcher in ſich ſelbſt zu- rückläuft, bleibt bei ſehr ſchwachem Schalle unſerm Ohre unmerkbar. Bei der Luftſpiegelung (Kimmung, Mirage) mit doppelten Bildern, iſt ſtets das Bild, welches durch Brechung zunächſt am Boden entſteht, ſchwächer, als das direkt geſehene. Es können Luftſchichten von ſehr verſchiedener Dichtigkeit ſo mit einander abwech- ſeln, daſs die urſprünglichen Richtungen des Licht- ſtrahls und des Schallſtrahls dieſelben bleiben, die In- tenſität des Lichts und des Schalls werden dann aber nichts deſto weniger ſehr geſchwächt ſeyn. In der Nacht erkaltet die Oberfläche des Bodens; die mit Ra- ſen oder mit Sand bedeckten Theile nehmen eine glei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_staerke_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_staerke_1820/9
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die zunehmende Stärke des Schalls in der Nacht. In: Annalen der Physik, Bd. 65 (1820), S. 31-42, hier S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_staerke_1820/9>, abgerufen am 28.03.2024.