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Humboldt, Alexander von: Über die Verbindung zwischen dem Orinoco und Amazonenfluss. In: Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmels-Kunde, Bd. 26 (1812), S. 230-235.

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XVI. Verbind. zwisch. d. Orinoco u. d. Amazonenfl.

Ich habe Gelegenheit gehabt, diese Untersuchung
der Richtung der Berge an Ort und Stelle vorzuneh-
men; ich habe den Lauf der Flüsse durch eine be-
trächtliche Anzahl astronomischer Beobachtungen
bestimmt; ich bin mit Hrn. Bonpland den Atabapo,
den Tuamini und den Terni hinaufgegangen; ich
habe mein Canot von Javita über den Schlangenwald
bis zum Canno Pimichin tragen lassen; ich bin auf
diesem Fluss in den Guainia eingelaufen, welchen
die Europäer Rio negro nennen; auf dem Guainia
bin ich abwärts gefahren bis zu dem kleinen Fort
San Carlos; alsdann bin ich den Cassiquiari aufwärts
gegangen bis zu der Stelle, wo er sich vom Orinoco
trennt; und auf diesem wieder herunter bis nach
San-Thomas de Guiana, und habe auf diese Weise
die Gebirgskette, von welcher man wähnte, dass
sie die Gewässer des Orinoco und Cassiquiari von
einander trennte, im Canot durchschnitten. Diese
Fahrt, die bey niedrigem Wasserstande gemacht, und
durch nichts als durch die Stelle bey Javita unterbro-
chen worden war, hat nicht den geringsten Zweifel
über die Spaltung des Orinoco ganz nahe bey seinem
Ursprung übrig gelassen. Die ungeheuere Ebene,
die sich zwischen den Missionen von San Fernando
de Atabapo, Esmeralda, Maroa und San-Carlos del
Rio negro ausbreitet, zeigt uns die ausserordentliche
Erscheinung von vier Flüssen, von denen zwey und
zwey einander beynahe parallel, obwohl nach ent-
gegengesetzten Seiten hin, laufen. Der Orinoco fliesst
gegen N. W., der Guainia gegen S. O., der Cassi-
quiari gegen S. und der Atabapo gegen N. Die cul-
minirenden Puncte auf dieser Ebene finden sich in

einer
XVI. Verbind. zwiſch. d. Orinoco u. d. Amazonenfl.

Ich habe Gelegenheit gehabt, dieſe Unterſuchung
der Richtung der Berge an Ort und Stelle vorzuneh-
men; ich habe den Lauf der Flüſſe durch eine be-
trächtliche Anzahl aſtronomiſcher Beobachtungen
beſtimmt; ich bin mit Hrn. Bonpland den Atabapo,
den Tuamini und den Terni hinaufgegangen; ich
habe mein Canot von Javita über den Schlangenwald
bis zum Canno Pimichin tragen laſſen; ich bin auf
dieſem Fluſs in den Guainia eingelaufen, welchen
die Europäer Rio negro nennen; auf dem Guainia
bin ich abwärts gefahren bis zu dem kleinen Fort
San Carlos; alsdann bin ich den Caſſiquiari aufwärts
gegangen bis zu der Stelle, wo er ſich vom Orinoco
trennt; und auf dieſem wieder herunter bis nach
San-Thomas de Guiana, und habe auf dieſe Weiſe
die Gebirgskette, von welcher man wähnte, daſs
ſie die Gewäſſer des Orinoco und Caſſiquiari von
einander trennte, im Canot durchſchnitten. Dieſe
Fahrt, die bey niedrigem Waſſerſtande gemacht, und
durch nichts als durch die Stelle bey Javita unterbro-
chen worden war, hat nicht den geringſten Zweifel
über die Spaltung des Orinoco ganz nahe bey ſeinem
Urſprung übrig gelaſſen. Die ungeheuere Ebene,
die ſich zwiſchen den Miſſionen von San Fernando
de Atabapo, Esmeralda, Maroa und San-Carlos del
Rio negro ausbreitet, zeigt uns die auſserordentliche
Erſcheinung von vier Flüſſen, von denen zwey und
zwey einander beynahe parallel, obwohl nach ent-
gegengeſetzten Seiten hin, laufen. Der Orinoco flieſst
gegen N. W., der Guainia gegen S. O., der Caſſi-
quiari gegen S. und der Atabapo gegen N. Die cul-
minirenden Puncte auf dieſer Ebene finden ſich in

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[233/0004] XVI. Verbind. zwiſch. d. Orinoco u. d. Amazonenfl. Ich habe Gelegenheit gehabt, dieſe Unterſuchung der Richtung der Berge an Ort und Stelle vorzuneh- men; ich habe den Lauf der Flüſſe durch eine be- trächtliche Anzahl aſtronomiſcher Beobachtungen beſtimmt; ich bin mit Hrn. Bonpland den Atabapo, den Tuamini und den Terni hinaufgegangen; ich habe mein Canot von Javita über den Schlangenwald bis zum Canno Pimichin tragen laſſen; ich bin auf dieſem Fluſs in den Guainia eingelaufen, welchen die Europäer Rio negro nennen; auf dem Guainia bin ich abwärts gefahren bis zu dem kleinen Fort San Carlos; alsdann bin ich den Caſſiquiari aufwärts gegangen bis zu der Stelle, wo er ſich vom Orinoco trennt; und auf dieſem wieder herunter bis nach San-Thomas de Guiana, und habe auf dieſe Weiſe die Gebirgskette, von welcher man wähnte, daſs ſie die Gewäſſer des Orinoco und Caſſiquiari von einander trennte, im Canot durchſchnitten. Dieſe Fahrt, die bey niedrigem Waſſerſtande gemacht, und durch nichts als durch die Stelle bey Javita unterbro- chen worden war, hat nicht den geringſten Zweifel über die Spaltung des Orinoco ganz nahe bey ſeinem Urſprung übrig gelaſſen. Die ungeheuere Ebene, die ſich zwiſchen den Miſſionen von San Fernando de Atabapo, Esmeralda, Maroa und San-Carlos del Rio negro ausbreitet, zeigt uns die auſserordentliche Erſcheinung von vier Flüſſen, von denen zwey und zwey einander beynahe parallel, obwohl nach ent- gegengeſetzten Seiten hin, laufen. Der Orinoco flieſst gegen N. W., der Guainia gegen S. O., der Caſſi- quiari gegen S. und der Atabapo gegen N. Die cul- minirenden Puncte auf dieſer Ebene finden ſich in einer

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über die Verbindung zwischen dem Orinoco und Amazonenfluss. In: Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmels-Kunde, Bd. 26 (1812), S. 230-235, hier S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_verbindung_1812/4>, abgerufen am 19.04.2024.