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Humboldt, Alexander von: Versuche und Beobachtungen über die grüne Farbe unterirrdischer Vegetabilien. In: Journal der Physik, Bd. 5, H. 2, (1792), S. 195-204.

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das ich Lichen verticillatus*) nenne, und welches
bey einer sehr zarten innern Structur bisweilen ei-
ne Länge von 7-8 Fuss erlangt, ist wenigstens
auf drey der hiesigen (Freiberger) Gruben, auf See-
gen Gottes Herzog Augustus Fdgr.
, Krieg und Frie-
den Fdgr.
, und Kurprinz Friedrich August Erbst. zu
Grossschirma
einheimisch. An dem letztern Orte,
wo es das Gestein überzieht, sind die jungen Spitzen
der quirlförmigen Aeste anfangs weich und lichte gras-
grün
, erhärten aber bald und verändern ihre Farbe in
die schwärzlichbraune des übrigen Pflanzenkörpers.

Eine ähnliche Bemerkung stellte ich vor kurzem
zu Marienberg, im Obergebirge und zwar auf dem
Weisstaubener Stolln an, wo ein ungemein feiner,
noch unbeschriebener Lichen filamentosus (eine Usnea
nach Dillenius und Scopoli) die Thürstöcke, wie
Epheu, umschlingt.

Um mich von der Möglichkeit, dass Pflanzen
auch in ihrem unterirrdischen Wohnorte eine grüne
Farbe erhalten können, noch mehr zu überzeugen,
stellte ich eigene Versuche darüber an, deren Resul-
tate ich hier kürzlich mittheilen will. Ich wählte
einen Ort aus, der in mehr, als einer Rücksicht be-
quem zu diesen Versuchen schien, den Eselsstolln
6--8 Lachter vom Wiesenschacht (auf Neu be-
scheert Glück Erbst. vor der Stadt) gegen Mittag,
wo er 10 Lr. Teufe einbringt und wenig befahren

*) L. verticillatus, filamentosus, pendulus, ramis omnibus
verticillatis
, teretibus, glabris, intus romentosis -- Die
Meerpflanzen abgerechnet, ohnstreitig das grösste
cryptogamische Gewächs, das bisher entdeckt worden.
Eine weitläuftigere Beschreibung davon habe ich in
einer eigenen Abhandlung de plantis subterra-
neis Fribergensibus
im 3ten Stück der Annalen
für die Botanik
entworfen.

das ich Lichen verticillatus*) nenne, und welches
bey einer ſehr zarten innern Structur bisweilen ei-
ne Länge von 7–8 Fuſs erlangt, iſt wenigſtens
auf drey der hieſigen (Freiberger) Gruben, auf See-
gen Gottes Herzog Auguſtus Fdgr.
, Krieg und Frie-
den Fdgr.
, und Kurprinz Friedrich Auguſt Erbſt. zu
Groſsſchirma
einheimiſch. An dem letztern Orte,
wo es das Geſtein überzieht, ſind die jungen Spitzen
der quirlförmigen Aeſte anfangs weich und lichte gras-
grün
, erhärten aber bald und verändern ihre Farbe in
die ſchwärzlichbraune des übrigen Pflanzenkörpers.

Eine ähnliche Bemerkung ſtellte ich vor kurzem
zu Marienberg, im Obergebirge und zwar auf dem
Weiſstaubener Stolln an, wo ein ungemein feiner,
noch unbeſchriebener Lichen filamentoſus (eine Uſnea
nach Dillenius und Scopoli) die Thürſtöcke, wie
Epheu, umſchlingt.

Um mich von der Möglichkeit, daſs Pflanzen
auch in ihrem unterirrdiſchen Wohnorte eine grüne
Farbe erhalten können, noch mehr zu überzeugen,
ſtellte ich eigene Verſuche darüber an, deren Reſul-
tate ich hier kürzlich mittheilen will. Ich wählte
einen Ort aus, der in mehr, als einer Rückſicht be-
quem zu dieſen Verſuchen ſchien, den Eſelsſtolln
6—8 Lachter vom Wieſenſchacht (auf Neu be-
ſcheert Glück Erbſt. vor der Stadt) gegen Mittag,
wo er 10 Lr. Teufe einbringt und wenig befahren

*) L. verticillatus, filamentoſus, pendulus, ramis omnibus
verticillatis
, teretibus, glabris, intus romentoſis — Die
Meerpflanzen abgerechnet, ohnſtreitig das gröſste
cryptogamiſche Gewächs, das bisher entdeckt worden.
Eine weitläuftigere Beſchreibung davon habe ich in
einer eigenen Abhandlung de plantis ſubterra-
neis Fribergenſibus
im 3ten Stück der Annalen
für die Botanik
entworfen.
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[197/0004] das ich Lichen verticillatus *) nenne, und welches bey einer ſehr zarten innern Structur bisweilen ei- ne Länge von 7–8 Fuſs erlangt, iſt wenigſtens auf drey der hieſigen (Freiberger) Gruben, auf See- gen Gottes Herzog Auguſtus Fdgr., Krieg und Frie- den Fdgr., und Kurprinz Friedrich Auguſt Erbſt. zu Groſsſchirma einheimiſch. An dem letztern Orte, wo es das Geſtein überzieht, ſind die jungen Spitzen der quirlförmigen Aeſte anfangs weich und lichte gras- grün, erhärten aber bald und verändern ihre Farbe in die ſchwärzlichbraune des übrigen Pflanzenkörpers. Eine ähnliche Bemerkung ſtellte ich vor kurzem zu Marienberg, im Obergebirge und zwar auf dem Weiſstaubener Stolln an, wo ein ungemein feiner, noch unbeſchriebener Lichen filamentoſus (eine Uſnea nach Dillenius und Scopoli) die Thürſtöcke, wie Epheu, umſchlingt. Um mich von der Möglichkeit, daſs Pflanzen auch in ihrem unterirrdiſchen Wohnorte eine grüne Farbe erhalten können, noch mehr zu überzeugen, ſtellte ich eigene Verſuche darüber an, deren Reſul- tate ich hier kürzlich mittheilen will. Ich wählte einen Ort aus, der in mehr, als einer Rückſicht be- quem zu dieſen Verſuchen ſchien, den Eſelsſtolln 6—8 Lachter vom Wieſenſchacht (auf Neu be- ſcheert Glück Erbſt. vor der Stadt) gegen Mittag, wo er 10[FORMEL] Lr. Teufe einbringt und wenig befahren *) L. verticillatus, filamentoſus, pendulus, ramis omnibus verticillatis, teretibus, glabris, intus romentoſis — Die Meerpflanzen abgerechnet, ohnſtreitig das gröſste cryptogamiſche Gewächs, das bisher entdeckt worden. Eine weitläuftigere Beſchreibung davon habe ich in einer eigenen Abhandlung de plantis ſubterra- neis Fribergenſibus im 3ten Stück der Annalen für die Botanik entworfen.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Versuche und Beobachtungen über die grüne Farbe unterirrdischer Vegetabilien. In: Journal der Physik, Bd. 5, H. 2, (1792), S. 195-204, hier S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_versuch_1792/4>, abgerufen am 29.03.2024.