Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Vorwort von Alexander von Humboldt; Über einige sehr wichtige Punkte der Geographie Guayana's von Alexander von Humboldt. In: Schomburgk, O. A.: Robert Hermann Schomburgk's Reisen in Guiana und am Orinoko während der Jahre 1835-1839. Leipzig, 1841, S. XV-XXIII; S. 1-39.

Bild:
<< vorherige Seite

die ein mildes Klima, eine von Mosquitos freie Atmosphäre
gewähren. Viele dieser Höhen sind durch die Tempera-
tur des siedenden Wassers bestimmt worden, ein Mittel,
das auch in Persien am Hindukho und neuerlich von dem
trefflichen Sir Alexander Burnes in Baetrien mit Recht da an-
gewandt worden ist, wo die Natur der Reise den Transport
und die Erhaltung der Barometer fast unmöglich machte.

Die ebenen Gegenden der Guyana zwischen dem Ru-
punuri, dem Amucu-See und dem Tacutu tragen alle Spu-
ren ehemaliger grosser Wasserbedeckungen an sich. Man
kann hier fragen, wie am Aral-See und an dem Theil des
Caspischen Meeres, den ich selbst gesehen, ob jene zu-
sammenhängenden Wasserbedeckungen erst in der soge-
nannten historischen Zeit durch Verdunstung ver-
schwunden sind oder ob sie nicht vielmehr zu den frühe-
sten Phänomenen der Erdbildung gehören. So viel ist
wenigstens gewiss, dass es, seitdem Europäer in die öst-
liche Guyana vorgedrungen sind, kein Mar de aguas
blancas
, kein Mar del Dorado, keine Laguna
Parime
, als Quelle vieler grosser Ströme, gab. Unkennt-
niss der Sprache der Ureinwohner, vielseitige Bedeutung
der Wörter, die Fluss, grosses Wasser und Meer
gleichzeitig bezeichnen, haben die gröbsten geographischen
Irrthümer veranlasst. Bei dem conservativen System
der Karten-Zeichner hat sich die Laguna Parime bis zu
meiner Reise auf den Karten von Süd-Amerika erhalten.
Die graphischen Darstellungen bleiben immer weit hin-
ter der bereits erlangten Länderkenntniss zurück; ja, da
die Reisenden selten selbst ihre Karten zu zeichnen wissen,
so sind oft diese mit der Reisebeschreibung, zu der sie ge-


die ein mildes Klima, eine von Mosquitos freie Atmosphäre
gewähren. Viele dieser Höhen sind durch die Tempera-
tur des siedenden Wassers bestimmt worden, ein Mittel,
das auch in Persien am Hindukho und neuerlich von dem
trefflichen Sir Alexander Burnes in Baetrien mit Recht da an-
gewandt worden ist, wo die Natur der Reise den Transport
und die Erhaltung der Barometer fast unmöglich machte.

Die ebenen Gegenden der Guyana zwischen dem Ru-
punuri, dem Amucu-See und dem Tacutu tragen alle Spu-
ren ehemaliger grosser Wasserbedeckungen an sich. Man
kann hier fragen, wie am Aral-See und an dem Theil des
Caspischen Meeres, den ich selbst gesehen, ob jene zu-
sammenhängenden Wasserbedeckungen erst in der soge-
nannten historischen Zeit durch Verdunstung ver-
schwunden sind oder ob sie nicht vielmehr zu den frühe-
sten Phänomenen der Erdbildung gehören. So viel ist
wenigstens gewiss, dass es, seitdem Europäer in die öst-
liche Guyana vorgedrungen sind, kein Mar de aguas
blancas
, kein Mar del Dorado, keine Laguna
Parime
, als Quelle vieler grosser Ströme, gab. Unkennt-
niss der Sprache der Ureinwohner, vielseitige Bedeutung
der Wörter, die Fluss, grosses Wasser und Meer
gleichzeitig bezeichnen, haben die gröbsten geographischen
Irrthümer veranlasst. Bei dem conservativen System
der Karten-Zeichner hat sich die Laguna Parime bis zu
meiner Reise auf den Karten von Süd-Amerika erhalten.
Die graphischen Darstellungen bleiben immer weit hin-
ter der bereits erlangten Länderkenntniss zurück; ja, da
die Reisenden selten selbst ihre Karten zu zeichnen wissen,
so sind oft diese mit der Reisebeschreibung, zu der sie ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0010" n="XXII"/><lb/>
        <p>die ein mildes Klima, eine von Mosquitos freie Atmosphäre<lb/>
gewähren. Viele dieser Höhen sind durch die Tempera-<lb/>
tur des siedenden Wassers bestimmt worden, ein Mittel,<lb/>
das auch in Persien am Hindukho und neuerlich von dem<lb/>
trefflichen Sir Alexander Burnes in Baetrien mit Recht da an-<lb/>
gewandt worden ist, wo die Natur der Reise den Transport<lb/>
und die Erhaltung der Barometer fast unmöglich machte.</p><lb/>
        <p>Die ebenen Gegenden der Guyana zwischen dem Ru-<lb/>
punuri, dem Amucu-See und dem Tacutu tragen alle Spu-<lb/>
ren ehemaliger grosser Wasserbedeckungen an sich. Man<lb/>
kann hier fragen, wie am Aral-See und an dem Theil des<lb/>
Caspischen Meeres, den ich selbst gesehen, ob jene zu-<lb/>
sammenhängenden Wasserbedeckungen erst in der soge-<lb/>
nannten <hi rendition="#g">historischen Zeit</hi> durch Verdunstung ver-<lb/>
schwunden sind oder ob sie nicht vielmehr zu den frühe-<lb/>
sten Phänomenen der Erdbildung gehören. So viel ist<lb/>
wenigstens gewiss, dass es, seitdem Europäer in die öst-<lb/>
liche Guyana vorgedrungen sind, kein <hi rendition="#g">Mar de aguas<lb/>
blancas</hi>, kein <hi rendition="#g">Mar del Dorado</hi>, keine <hi rendition="#g">Laguna<lb/>
Parime</hi>, als Quelle vieler grosser Ströme, gab. Unkennt-<lb/>
niss der Sprache der Ureinwohner, vielseitige Bedeutung<lb/>
der Wörter, die <hi rendition="#g">Fluss</hi>, <hi rendition="#g">grosses Wasser</hi> und <hi rendition="#g">Meer</hi><lb/>
gleichzeitig bezeichnen, haben die gröbsten geographischen<lb/>
Irrthümer veranlasst. Bei dem <hi rendition="#g">conservativen</hi> System<lb/>
der Karten-Zeichner hat sich die Laguna Parime bis zu<lb/>
meiner Reise auf den Karten von Süd-Amerika erhalten.<lb/>
Die graphischen Darstellungen bleiben immer weit hin-<lb/>
ter der bereits erlangten Länderkenntniss zurück; ja, da<lb/>
die Reisenden selten selbst ihre Karten zu zeichnen wissen,<lb/>
so sind oft diese mit der Reisebeschreibung, zu der sie ge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XXII/0010] die ein mildes Klima, eine von Mosquitos freie Atmosphäre gewähren. Viele dieser Höhen sind durch die Tempera- tur des siedenden Wassers bestimmt worden, ein Mittel, das auch in Persien am Hindukho und neuerlich von dem trefflichen Sir Alexander Burnes in Baetrien mit Recht da an- gewandt worden ist, wo die Natur der Reise den Transport und die Erhaltung der Barometer fast unmöglich machte. Die ebenen Gegenden der Guyana zwischen dem Ru- punuri, dem Amucu-See und dem Tacutu tragen alle Spu- ren ehemaliger grosser Wasserbedeckungen an sich. Man kann hier fragen, wie am Aral-See und an dem Theil des Caspischen Meeres, den ich selbst gesehen, ob jene zu- sammenhängenden Wasserbedeckungen erst in der soge- nannten historischen Zeit durch Verdunstung ver- schwunden sind oder ob sie nicht vielmehr zu den frühe- sten Phänomenen der Erdbildung gehören. So viel ist wenigstens gewiss, dass es, seitdem Europäer in die öst- liche Guyana vorgedrungen sind, kein Mar de aguas blancas, kein Mar del Dorado, keine Laguna Parime, als Quelle vieler grosser Ströme, gab. Unkennt- niss der Sprache der Ureinwohner, vielseitige Bedeutung der Wörter, die Fluss, grosses Wasser und Meer gleichzeitig bezeichnen, haben die gröbsten geographischen Irrthümer veranlasst. Bei dem conservativen System der Karten-Zeichner hat sich die Laguna Parime bis zu meiner Reise auf den Karten von Süd-Amerika erhalten. Die graphischen Darstellungen bleiben immer weit hin- ter der bereits erlangten Länderkenntniss zurück; ja, da die Reisenden selten selbst ihre Karten zu zeichnen wissen, so sind oft diese mit der Reisebeschreibung, zu der sie ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vorwort_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vorwort_1841/10
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Vorwort von Alexander von Humboldt; Über einige sehr wichtige Punkte der Geographie Guayana's von Alexander von Humboldt. In: Schomburgk, O. A.: Robert Hermann Schomburgk's Reisen in Guiana und am Orinoko während der Jahre 1835-1839. Leipzig, 1841, S. XV-XXIII; S. 1-39, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_vorwort_1841/10>, abgerufen am 24.04.2024.