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Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.

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Vorrede.
sich vorlängsten wunderwürdig gemacht/ zu-
mahl von denen/ die wie der schmierichte Schu-
ster beym Apelles, die Ausbesserung Kunstrei-
cher Sinnen-Bilder weisen wollen/ da sie nicht
einmahl den Schatten davon zu entwerffen
vermögend sind. Und also kan die Erinnerung
einer klugen Feder in der Lob-Schrifft des vor-
trefflichen Herrn von Lohenstein seines Armi-
nius,
auch bey seinen Ibrahim anitzo sehr wol
passen/ wenn sie schreibet:

Drüm splittert/ wie ihr wolt/ ihr Richter kluger Welt/
Und macht durch Urtheil euch zu grossen Bücher Riesen/
Dis/ was eur Unverstand an dieser Schrifft vergällt/
Hat/ eh' ihr sie gesehn/ schon der Verstand gepriesen.

Doch so machet sich mancher die übermässi-
ge Einbildung/ die Sonne würcke am Durch-
dringensten in seinen Verstande/ wenn der heis-
se Süd-Stern über seinen Wirbel stehet/ der
ihm das Gehirn/ wie der Blitz das Marck aus
den Knochen/ dergestalt auszehret/ daß er her-
nach als taumelnd in gelehrter Leute Spott
fällt. Und gesetzt/ daß man mit prächtigen
Wörtern zur Unzeit gespielet/ so ist doch sol-
ches selbst Verständigen zu zeigen die Art un-
nützer Klüglinge; so aber weiß die kluge Welt
am besten/ daß ein Poet nicht eben seinen Geist
mit den wenigen Jahren einer Person/ von der
man schreibet/ erniedrigen müsse/ sonsten wür-
den die Verse nach unterschiedenen Zufällen so

kin-
)( 3

Vorrede.
ſich vorlaͤngſten wunderwuͤrdig gemacht/ zu-
mahl von denen/ die wie der ſchmierichte Schu-
ſter beym Apelles, die Ausbeſſerung Kunſtrei-
cher Sinnen-Bilder weiſen wollen/ da ſie nicht
einmahl den Schatten davon zu entwerffen
vermoͤgend ſind. Und alſo kan die Erinnerung
einer klugen Feder in der Lob-Schrifft des vor-
trefflichen Herrn von Lohenſtein ſeines Armi-
nius,
auch bey ſeinen Ibrahim anitzo ſehr wol
paſſen/ wenn ſie ſchreibet:

Druͤm ſplittert/ wie ihr wolt/ ihr Richter kluger Welt/
Und macht durch Urtheil euch zu groſſen Buͤcher Rieſen/
Dis/ was eur Unverſtand an dieſer Schrifft vergaͤllt/
Hat/ eh' ihr ſie geſehn/ ſchon der Verſtand geprieſen.

Doch ſo machet ſich mancher die uͤbermaͤſſi-
ge Einbildung/ die Sonne wuͤrcke am Durch-
dringenſten in ſeinen Verſtande/ wenn der heiſ-
ſe Suͤd-Stern uͤber ſeinen Wirbel ſtehet/ der
ihm das Gehirn/ wie der Blitz das Marck aus
den Knochen/ dergeſtalt auszehret/ daß er her-
nach als taumelnd in gelehrter Leute Spott
faͤllt. Und geſetzt/ daß man mit praͤchtigen
Woͤrtern zur Unzeit geſpielet/ ſo iſt doch ſol-
ches ſelbſt Verſtaͤndigen zu zeigen die Art un-
nuͤtzer Kluͤglinge; ſo aber weiß die kluge Welt
am beſten/ daß ein Poët nicht eben ſeinen Geiſt
mit den wenigen Jahren einer Perſon/ von der
man ſchreibet/ erniedrigen muͤſſe/ ſonſten wuͤr-
den die Verſe nach unterſchiedenen Zufaͤllen ſo

kin-
)( 3
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[0007] Vorrede. ſich vorlaͤngſten wunderwuͤrdig gemacht/ zu- mahl von denen/ die wie der ſchmierichte Schu- ſter beym Apelles, die Ausbeſſerung Kunſtrei- cher Sinnen-Bilder weiſen wollen/ da ſie nicht einmahl den Schatten davon zu entwerffen vermoͤgend ſind. Und alſo kan die Erinnerung einer klugen Feder in der Lob-Schrifft des vor- trefflichen Herrn von Lohenſtein ſeines Armi- nius, auch bey ſeinen Ibrahim anitzo ſehr wol paſſen/ wenn ſie ſchreibet: Druͤm ſplittert/ wie ihr wolt/ ihr Richter kluger Welt/ Und macht durch Urtheil euch zu groſſen Buͤcher Rieſen/ Dis/ was eur Unverſtand an dieſer Schrifft vergaͤllt/ Hat/ eh' ihr ſie geſehn/ ſchon der Verſtand geprieſen. Doch ſo machet ſich mancher die uͤbermaͤſſi- ge Einbildung/ die Sonne wuͤrcke am Durch- dringenſten in ſeinen Verſtande/ wenn der heiſ- ſe Suͤd-Stern uͤber ſeinen Wirbel ſtehet/ der ihm das Gehirn/ wie der Blitz das Marck aus den Knochen/ dergeſtalt auszehret/ daß er her- nach als taumelnd in gelehrter Leute Spott faͤllt. Und geſetzt/ daß man mit praͤchtigen Woͤrtern zur Unzeit geſpielet/ ſo iſt doch ſol- ches ſelbſt Verſtaͤndigen zu zeigen die Art un- nuͤtzer Kluͤglinge; ſo aber weiß die kluge Welt am beſten/ daß ein Poët nicht eben ſeinen Geiſt mit den wenigen Jahren einer Perſon/ von der man ſchreibet/ erniedrigen muͤſſe/ ſonſten wuͤr- den die Verſe nach unterſchiedenen Zufaͤllen ſo kin- )( 3

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Zitationshilfe: Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/7>, abgerufen am 24.04.2024.