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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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Die Tatsache, daß die einfache Werbetätigkeit
die Haupteinnahmen erzielte, weist mit Macht
darauf hin, daß diese weiter ausgestaltet werden
muß, daß an der sozialen Erziehung des Publi-
kums weiter gearbeitet werden müsse, daß die
moralische Verpflichtung von seinem absoluten
oder relativen Ueberfluß an die Unbemittelten ab-
zugeben, wieder empfunden und darnach gehandelt
werde.

Die Frau war immer die Erste auf dem Plan,
wenn es galt, den Hilfsbedürftigen beizustehen.
Sorgte sie in der familiären Hauswirtschaft per-
sönlich für die an ihre Türe Pochenden, so ver-
säumte sie es nicht, als die enorme industrielle
Entwicklung es unabwendbar machte, daß die
Liebestätigkeit dem Hause von der Gesellschaft ab-
genommen wurde, auch in dieser veränderten Form
daran teilzunehmen. Man darf durch die oben be-
sprochenen Übelstände sich nicht verleiten lassen, von
der Tätigkeit der Frauen auf dem Gebiete der
Wohltätigkeit zu gering zu denken. Das Hand-
buch der Frauenbewegung schätzt die Zahl der deut-
schen Frauenvereine, deren weitaus größtes Kon-
tingent von Wohltätigkeitsvereinen gestellt wird,
auf mindestens 4000. Ein Beispiel der Vielseitig-
keit bietet der Vaterländische Frauenverein, der
zurzeit 1573 Zweigvereine mit einer halben Million

Die Tatsache, daß die einfache Werbetätigkeit
die Haupteinnahmen erzielte, weist mit Macht
darauf hin, daß diese weiter ausgestaltet werden
muß, daß an der sozialen Erziehung des Publi-
kums weiter gearbeitet werden müsse, daß die
moralische Verpflichtung von seinem absoluten
oder relativen Ueberfluß an die Unbemittelten ab-
zugeben, wieder empfunden und darnach gehandelt
werde.

Die Frau war immer die Erste auf dem Plan,
wenn es galt, den Hilfsbedürftigen beizustehen.
Sorgte sie in der familiären Hauswirtschaft per-
sönlich für die an ihre Türe Pochenden, so ver-
säumte sie es nicht, als die enorme industrielle
Entwicklung es unabwendbar machte, daß die
Liebestätigkeit dem Hause von der Gesellschaft ab-
genommen wurde, auch in dieser veränderten Form
daran teilzunehmen. Man darf durch die oben be-
sprochenen Übelstände sich nicht verleiten lassen, von
der Tätigkeit der Frauen auf dem Gebiete der
Wohltätigkeit zu gering zu denken. Das Hand-
buch der Frauenbewegung schätzt die Zahl der deut-
schen Frauenvereine, deren weitaus größtes Kon-
tingent von Wohltätigkeitsvereinen gestellt wird,
auf mindestens 4000. Ein Beispiel der Vielseitig-
keit bietet der Vaterländische Frauenverein, der
zurzeit 1573 Zweigvereine mit einer halben Million

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[256/0260] Die Tatsache, daß die einfache Werbetätigkeit die Haupteinnahmen erzielte, weist mit Macht darauf hin, daß diese weiter ausgestaltet werden muß, daß an der sozialen Erziehung des Publi- kums weiter gearbeitet werden müsse, daß die moralische Verpflichtung von seinem absoluten oder relativen Ueberfluß an die Unbemittelten ab- zugeben, wieder empfunden und darnach gehandelt werde. Die Frau war immer die Erste auf dem Plan, wenn es galt, den Hilfsbedürftigen beizustehen. Sorgte sie in der familiären Hauswirtschaft per- sönlich für die an ihre Türe Pochenden, so ver- säumte sie es nicht, als die enorme industrielle Entwicklung es unabwendbar machte, daß die Liebestätigkeit dem Hause von der Gesellschaft ab- genommen wurde, auch in dieser veränderten Form daran teilzunehmen. Man darf durch die oben be- sprochenen Übelstände sich nicht verleiten lassen, von der Tätigkeit der Frauen auf dem Gebiete der Wohltätigkeit zu gering zu denken. Das Hand- buch der Frauenbewegung schätzt die Zahl der deut- schen Frauenvereine, deren weitaus größtes Kon- tingent von Wohltätigkeitsvereinen gestellt wird, auf mindestens 4000. Ein Beispiel der Vielseitig- keit bietet der Vaterländische Frauenverein, der zurzeit 1573 Zweigvereine mit einer halben Million

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/260>, abgerufen am 29.03.2024.