zuckten sie aus dem dunkeln Gewölke barbarischer An- schauungen hervor und enthüllten in blendender Helle die niederen Motive niedriger Denk- und Fühlart.
Der genialste Philosoph des Alterthums, Plato, war es, der zum ersten Male die Superiorität des Mannes angriff, der der Idee der Gleichberechtigung der Ge- schlechter Worte verlieh. Und zwar waren es nicht kleine Concedirungen, wie sie noch heute von gewissen sich dabei sehr grossmüthig vorkommenden Reformlern in Deutschland den Frauen gemacht werden, die er vor- schlug, sondern er ging gleich auf's Volle, griff das Uebel gleich an der Wurzel an, er war sich sofort be- wusst, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter eine vollständige sein müsse, dass nicht vor der wichtigsten Frage, der politischen, still gestanden werden dürfe, sondern er legte gerade auf die Theilnahme der Frauen am öffentlichen Leben das Hauptgewicht. Sein Axiom "Es besteht ebenso wenig ein Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Befähigung für das öffent- liche Leben als dass entweder bloss Langhaarige oder bloss Kahlköpfige Lederarbeiter sein könnten", ist so treffend, dass er heute nach Jahrtausenden nicht allein von seiner überzeugenden Kraft nichts eingebüsst, sondern im Gegentheil durch die inzwischen gemachten Er- fahrungen vollinhaltlich bestätigt worden ist.
In seiner "Republik" sagt Plato: "Es giebt keine Kunst und kein Amt im Staate, für welche die Frau von der Natur nicht genau so befähigt wäre wie der
Die politische Gleichberechtigung der Frau.
zuckten sie aus dem dunkeln Gewölke barbarischer An- schauungen hervor und enthüllten in blendender Helle die niederen Motive niedriger Denk- und Fühlart.
Der genialste Philosoph des Alterthums, Plato, war es, der zum ersten Male die Superiorität des Mannes angriff, der der Idee der Gleichberechtigung der Ge- schlechter Worte verlieh. Und zwar waren es nicht kleine Concedirungen, wie sie noch heute von gewissen sich dabei sehr grossmüthig vorkommenden Reformlern in Deutschland den Frauen gemacht werden, die er vor- schlug, sondern er ging gleich auf’s Volle, griff das Uebel gleich an der Wurzel an, er war sich sofort be- wusst, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter eine vollständige sein müsse, dass nicht vor der wichtigsten Frage, der politischen, still gestanden werden dürfe, sondern er legte gerade auf die Theilnahme der Frauen am öffentlichen Leben das Hauptgewicht. Sein Axiom »Es besteht ebenso wenig ein Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Befähigung für das öffent- liche Leben als dass entweder bloss Langhaarige oder bloss Kahlköpfige Lederarbeiter sein könnten«, ist so treffend, dass er heute nach Jahrtausenden nicht allein von seiner überzeugenden Kraft nichts eingebüsst, sondern im Gegentheil durch die inzwischen gemachten Er- fahrungen vollinhaltlich bestätigt worden ist.
In seiner »Republik« sagt Plato: »Es giebt keine Kunst und kein Amt im Staate, für welche die Frau von der Natur nicht genau so befähigt wäre wie der
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Die politische Gleichberechtigung der Frau.
zuckten sie aus dem dunkeln Gewölke barbarischer An-
schauungen hervor und enthüllten in blendender Helle
die niederen Motive niedriger Denk- und Fühlart.
Der genialste Philosoph des Alterthums, Plato, war
es, der zum ersten Male die Superiorität des Mannes
angriff, der der Idee der Gleichberechtigung der Ge-
schlechter Worte verlieh. Und zwar waren es nicht
kleine Concedirungen, wie sie noch heute von gewissen
sich dabei sehr grossmüthig vorkommenden Reformlern
in Deutschland den Frauen gemacht werden, die er vor-
schlug, sondern er ging gleich auf’s Volle, griff das
Uebel gleich an der Wurzel an, er war sich sofort be-
wusst, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter eine
vollständige sein müsse, dass nicht vor der wichtigsten
Frage, der politischen, still gestanden werden dürfe,
sondern er legte gerade auf die Theilnahme der Frauen
am öffentlichen Leben das Hauptgewicht. Sein Axiom
»Es besteht ebenso wenig ein Unterschied zwischen
Männern und Frauen in der Befähigung für das öffent-
liche Leben als dass entweder bloss Langhaarige oder
bloss Kahlköpfige Lederarbeiter sein könnten«, ist so
treffend, dass er heute nach Jahrtausenden nicht allein
von seiner überzeugenden Kraft nichts eingebüsst, sondern
im Gegentheil durch die inzwischen gemachten Er-
fahrungen vollinhaltlich bestätigt worden ist.
In seiner »Republik« sagt Plato: »Es giebt keine
Kunst und kein Amt im Staate, für welche die Frau
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Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/36>, abgerufen am 17.02.2025.
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