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Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

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ohne ihm eine Kugel durchs Herz zu brennen. -- Wie
befinden sich der Herr Sohn und die Frau Gemahlin?
Amtmann. Gott sei Dank! Recht wohl. -- Wen
treffe ich denn bei Ihnen diesen Mittag -- Vermuth-
lich unsern Herrn Pastor --
Obfstr. Ja.
Amtmann. Ein grundbraver Mann -- er predigt
die lautere Moral.
Obfstr. Und was er uns predigt, thut er.
Amtmann. Wenn er nur nicht die Grille hätte, sich
um das Hauswesen der Leute im Ort zu bekümmern.
Obfstr. Warum nicht? Der Pastor hat seit zwanzig
Jahren mehr für uns gethan, als das Amt in dreißig.
Amtmann. Wie so?
Obfstr. Bei dem hochlöblichen Amte muß man kla-
gen, wenn man Hülfe haben will, und es hilft nicht:
der gute Pastor hilft, ehe man klagt.
Amtmann. Das ist viel gesagt.
Obfstr. Gar nicht. Es kostet ihm sein Vermögen.
Und muß es denn immer Geld sein, was hilft? Ich
habe es all mein Tage gesehn, mit Geld ist oft den
Leuten am wenigsten gedient. Das Herz auf dem rech-
ten Fleck, Vertrauen -- Zusprache, Geduld -- ein
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ohne ihm eine Kugel durchs Herz zu brennen. — Wie
befinden ſich der Herr Sohn und die Frau Gemahlin?
Amtmann. Gott ſei Dank! Recht wohl. — Wen
treffe ich denn bei Ihnen dieſen Mittag — Vermuth-
lich unſern Herrn Paſtor —
Obfſtr. Ja.
Amtmann. Ein grundbraver Mann — er predigt
die lautere Moral.
Obfſtr. Und was er uns predigt, thut er.
Amtmann. Wenn er nur nicht die Grille haͤtte, ſich
um das Hausweſen der Leute im Ort zu bekuͤmmern.
Obfſtr. Warum nicht? Der Paſtor hat ſeit zwanzig
Jahren mehr fuͤr uns gethan, als das Amt in dreißig.
Amtmann. Wie ſo?
Obfſtr. Bei dem hochloͤblichen Amte muß man kla-
gen, wenn man Huͤlfe haben will, und es hilft nicht:
der gute Paſtor hilft, ehe man klagt.
Amtmann. Das iſt viel geſagt.
Obfſtr. Gar nicht. Es koſtet ihm ſein Vermoͤgen.
Und muß es denn immer Geld ſein, was hilft? Ich
habe es all mein Tage geſehn, mit Geld iſt oft den
Leuten am wenigſten gedient. Das Herz auf dem rech-
ten Fleck, Vertrauen — Zuſprache, Geduld — ein
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[121/0127] ohne ihm eine Kugel durchs Herz zu brennen. — Wie befinden ſich der Herr Sohn und die Frau Gemahlin? Amtmann. Gott ſei Dank! Recht wohl. — Wen treffe ich denn bei Ihnen dieſen Mittag — Vermuth- lich unſern Herrn Paſtor — Obfſtr. Ja. Amtmann. Ein grundbraver Mann — er predigt die lautere Moral. Obfſtr. Und was er uns predigt, thut er. Amtmann. Wenn er nur nicht die Grille haͤtte, ſich um das Hausweſen der Leute im Ort zu bekuͤmmern. Obfſtr. Warum nicht? Der Paſtor hat ſeit zwanzig Jahren mehr fuͤr uns gethan, als das Amt in dreißig. Amtmann. Wie ſo? Obfſtr. Bei dem hochloͤblichen Amte muß man kla- gen, wenn man Huͤlfe haben will, und es hilft nicht: der gute Paſtor hilft, ehe man klagt. Amtmann. Das iſt viel geſagt. Obfſtr. Gar nicht. Es koſtet ihm ſein Vermoͤgen. Und muß es denn immer Geld ſein, was hilft? Ich habe es all mein Tage geſehn, mit Geld iſt oft den Leuten am wenigſten gedient. Das Herz auf dem rech- ten Fleck, Vertrauen — Zuſprache, Geduld — ein H 5

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Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/127>, abgerufen am 19.04.2024.