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Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

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daß Sie mich jezt werfen, könnte Ihnen einst schrecklich
beifallen, zu einer Zeit, wo Sie Trost auf meinem
Gesicht wollen.
Amtmann. Da der junge Mensch so ausserordentlich
hartnäckig auf seiner Unschuld besteht; so will ich, um
allen Zweifel zu heben und auf den wahren Grund zu
kommen -- ich will darauf antragen, daß man ihm
die Tortur giebt. Bleibt er standhaft: so ist es eine
offenbare Fügung des Himmels, der seine Unschuld an
den Tag legt und mein Gewissen befreiet.
Pastor. Unmensch! Sie häufen auf böse Thaten
verdammenden Spott. Ich lasse ab von Ihrem Her-
zen. Gott führt die Sache dieser Unglücklichen -- Er
wird sie retten, oder ihnen Kraft zu tragen geben. Hat
dieser Jüngling in gereiztem Zorn gemordet -- er
büßt. -- Ihm wird verziehen. Aber Ihre Gemorde-
ten, Ihre langsam Gemordeten, werden einst in leben-
digen Gestalten die Ankläger Ihrer Unthaten sein!
Sie denken an den Augenblick, Sie fürchten ihn --
Prahlen Sie immer mit Starkgeisterei! Sie glauben
Gott und Zukunft, das weiß ich. Sie glauben und
zittern! -- Gott vergebe Ihnen!

(er will aus der Mittelthür gehen.)
daß Sie mich jezt werfen, koͤnnte Ihnen einſt ſchrecklich
beifallen, zu einer Zeit, wo Sie Troſt auf meinem
Geſicht wollen.
Amtmann. Da der junge Menſch ſo auſſerordentlich
hartnaͤckig auf ſeiner Unſchuld beſteht; ſo will ich, um
allen Zweifel zu heben und auf den wahren Grund zu
kommen — ich will darauf antragen, daß man ihm
die Tortur giebt. Bleibt er ſtandhaft: ſo iſt es eine
offenbare Fuͤgung des Himmels, der ſeine Unſchuld an
den Tag legt und mein Gewiſſen befreiet.
Paſtor. Unmenſch! Sie haͤufen auf boͤſe Thaten
verdammenden Spott. Ich laſſe ab von Ihrem Her-
zen. Gott fuͤhrt die Sache dieſer Ungluͤcklichen — Er
wird ſie retten, oder ihnen Kraft zu tragen geben. Hat
dieſer Juͤngling in gereiztem Zorn gemordet — er
buͤßt. — Ihm wird verziehen. Aber Ihre Gemorde-
ten, Ihre langſam Gemordeten, werden einſt in leben-
digen Geſtalten die Anklaͤger Ihrer Unthaten ſein!
Sie denken an den Augenblick, Sie fuͤrchten ihn —
Prahlen Sie immer mit Starkgeiſterei! Sie glauben
Gott und Zukunft, das weiß ich. Sie glauben und
zittern! — Gott vergebe Ihnen!

(er will aus der Mittelthuͤr gehen.)
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[173/0179] daß Sie mich jezt werfen, koͤnnte Ihnen einſt ſchrecklich beifallen, zu einer Zeit, wo Sie Troſt auf meinem Geſicht wollen. Amtmann. Da der junge Menſch ſo auſſerordentlich hartnaͤckig auf ſeiner Unſchuld beſteht; ſo will ich, um allen Zweifel zu heben und auf den wahren Grund zu kommen — ich will darauf antragen, daß man ihm die Tortur giebt. Bleibt er ſtandhaft: ſo iſt es eine offenbare Fuͤgung des Himmels, der ſeine Unſchuld an den Tag legt und mein Gewiſſen befreiet. Paſtor. Unmenſch! Sie haͤufen auf boͤſe Thaten verdammenden Spott. Ich laſſe ab von Ihrem Her- zen. Gott fuͤhrt die Sache dieſer Ungluͤcklichen — Er wird ſie retten, oder ihnen Kraft zu tragen geben. Hat dieſer Juͤngling in gereiztem Zorn gemordet — er buͤßt. — Ihm wird verziehen. Aber Ihre Gemorde- ten, Ihre langſam Gemordeten, werden einſt in leben- digen Geſtalten die Anklaͤger Ihrer Unthaten ſein! Sie denken an den Augenblick, Sie fuͤrchten ihn — Prahlen Sie immer mit Starkgeiſterei! Sie glauben Gott und Zukunft, das weiß ich. Sie glauben und zittern! — Gott vergebe Ihnen! (er will aus der Mittelthuͤr gehen.)

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Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/179>, abgerufen am 25.04.2024.