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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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hand Vorwänden von den Jagden zurückgehalten habe,
endlich hatte man den wahren Grund aufgespürt,
und der etwas rohe und leichtfertige Kreis mag
sich trefflich über den gehorsamen Ehemann lustig
gemacht haben. Der Fürst, derb und zufahrend,
wie er war, nahm sich vor, den Gehorsam zu
Falle zu bringen. Es war so Sitte, daß schon an
dem Tage vor Hubertus ein lustiges Banquett auf
dem Jagdschlosse gegeben wurde. Der Saal, in wel-
chem es Statt fand, war an den Wänden mit Hirsch-
geweihen, Armbrüsten und alten Jagdspießen ausge-
ziert. Da wurde denn, wie man bei uns zu sagen
pflegt, tapfer gebürstet, d. h. gezecht, und wer an
dem Banquette Theil nahm, konnte sich natürlich
von der Hubertusjagd nicht lossagen.

Mein Vater würde also um keinen Preis einen
Partner des Schmauses abgegeben haben, wenn
ihn nicht der Fürst durch eine List nach dem Jagd-
schlosse zu ziehen gewußt hätte. Er ließ ihn näm-
lich unter dem Vorwande eines Geschäfts berufen
und hielt ihn in langen Gesprächen hin, bis der
Lakai meldete, daß servirt sei. Da wollte mein
Vater fortreiten, aber ein zweiter Lakai brachte,
ausgesandt, die Nachricht, der Reitknecht habe ver-

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hand Vorwänden von den Jagden zurückgehalten habe,
endlich hatte man den wahren Grund aufgeſpürt,
und der etwas rohe und leichtfertige Kreis mag
ſich trefflich über den gehorſamen Ehemann luſtig
gemacht haben. Der Fürſt, derb und zufahrend,
wie er war, nahm ſich vor, den Gehorſam zu
Falle zu bringen. Es war ſo Sitte, daß ſchon an
dem Tage vor Hubertus ein luſtiges Banquett auf
dem Jagdſchloſſe gegeben wurde. Der Saal, in wel-
chem es Statt fand, war an den Wänden mit Hirſch-
geweihen, Armbrüſten und alten Jagdſpießen ausge-
ziert. Da wurde denn, wie man bei uns zu ſagen
pflegt, tapfer gebürſtet, d. h. gezecht, und wer an
dem Banquette Theil nahm, konnte ſich natürlich
von der Hubertusjagd nicht losſagen.

Mein Vater würde alſo um keinen Preis einen
Partner des Schmauſes abgegeben haben, wenn
ihn nicht der Fürſt durch eine Liſt nach dem Jagd-
ſchloſſe zu ziehen gewußt hätte. Er ließ ihn näm-
lich unter dem Vorwande eines Geſchäfts berufen
und hielt ihn in langen Geſprächen hin, bis der
Lakai meldete, daß ſervirt ſei. Da wollte mein
Vater fortreiten, aber ein zweiter Lakai brachte,
ausgeſandt, die Nachricht, der Reitknecht habe ver-

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[355/0363] hand Vorwänden von den Jagden zurückgehalten habe, endlich hatte man den wahren Grund aufgeſpürt, und der etwas rohe und leichtfertige Kreis mag ſich trefflich über den gehorſamen Ehemann luſtig gemacht haben. Der Fürſt, derb und zufahrend, wie er war, nahm ſich vor, den Gehorſam zu Falle zu bringen. Es war ſo Sitte, daß ſchon an dem Tage vor Hubertus ein luſtiges Banquett auf dem Jagdſchloſſe gegeben wurde. Der Saal, in wel- chem es Statt fand, war an den Wänden mit Hirſch- geweihen, Armbrüſten und alten Jagdſpießen ausge- ziert. Da wurde denn, wie man bei uns zu ſagen pflegt, tapfer gebürſtet, d. h. gezecht, und wer an dem Banquette Theil nahm, konnte ſich natürlich von der Hubertusjagd nicht losſagen. Mein Vater würde alſo um keinen Preis einen Partner des Schmauſes abgegeben haben, wenn ihn nicht der Fürſt durch eine Liſt nach dem Jagd- ſchloſſe zu ziehen gewußt hätte. Er ließ ihn näm- lich unter dem Vorwande eines Geſchäfts berufen und hielt ihn in langen Geſprächen hin, bis der Lakai meldete, daß ſervirt ſei. Da wollte mein Vater fortreiten, aber ein zweiter Lakai brachte, ausgeſandt, die Nachricht, der Reitknecht habe ver- 23*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/363>, abgerufen am 28.03.2024.