Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertelstunde annehmen, vierzehn Tage darauf
können die Besuche länger werden, und nach sechs
Wochen werden wir hoffentlich so weit seyn, daß
der Reconvalescent in der Mittagssonne eine halbe
Stunde spazieren gehen darf. Dieß nennen die
Aerzte Herstellung.

Wirklich hatte der Arzt noch bis gestern den
Zustand des Kranken als bedenklich und der höchsten
Schonung bedürftig dargestellt. Streng war jeder
Verkehr zwischen ihm und der Außenwelt unter-
sagt gewesen; Niemand, weder die Frauen, noch
selbst der Diaconus und sein neuer Vetter aus
Oesterreich hatten ihn besuchen dürfen. Nur dem
alten Jochem war er zur Obhut und Pflege von
dem unnachsichtigen Arzte anvertraut worden, die
jener denn auch in aller Treue ausgeübt hatte.

Aengstliche Sorge und Spannung, die in dem
kleinen mit Gästen plötzlich so angefüllten Hause
Alle, besonders in den ersten Tagen der Krankheit,
bewegte, konnte sich daher nur durch eifriges Fra-
gen und Nachfragen und durch jede Liebesgefällig-
keit, die von draußen nach dem Krankenzimmer
hinein zu leisten war, geltend machen. Am un-
ruhigsten war Clelia gewesen, welche ihren Vetter

Viertelſtunde annehmen, vierzehn Tage darauf
können die Beſuche länger werden, und nach ſechs
Wochen werden wir hoffentlich ſo weit ſeyn, daß
der Reconvalescent in der Mittagsſonne eine halbe
Stunde ſpazieren gehen darf. Dieß nennen die
Aerzte Herſtellung.

Wirklich hatte der Arzt noch bis geſtern den
Zuſtand des Kranken als bedenklich und der höchſten
Schonung bedürftig dargeſtellt. Streng war jeder
Verkehr zwiſchen ihm und der Außenwelt unter-
ſagt geweſen; Niemand, weder die Frauen, noch
ſelbſt der Diaconus und ſein neuer Vetter aus
Oeſterreich hatten ihn beſuchen dürfen. Nur dem
alten Jochem war er zur Obhut und Pflege von
dem unnachſichtigen Arzte anvertraut worden, die
jener denn auch in aller Treue ausgeübt hatte.

Aengſtliche Sorge und Spannung, die in dem
kleinen mit Gäſten plötzlich ſo angefüllten Hauſe
Alle, beſonders in den erſten Tagen der Krankheit,
bewegte, konnte ſich daher nur durch eifriges Fra-
gen und Nachfragen und durch jede Liebesgefällig-
keit, die von draußen nach dem Krankenzimmer
hinein zu leiſten war, geltend machen. Am un-
ruhigſten war Clelia geweſen, welche ihren Vetter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0198" n="186"/>
Viertel&#x017F;tunde annehmen, vierzehn Tage darauf<lb/>
können die Be&#x017F;uche länger werden, und nach &#x017F;echs<lb/>
Wochen werden wir hoffentlich &#x017F;o weit &#x017F;eyn, daß<lb/>
der Reconvalescent in der Mittags&#x017F;onne eine halbe<lb/>
Stunde &#x017F;pazieren gehen darf. Dieß nennen die<lb/>
Aerzte Her&#x017F;tellung.</p><lb/>
          <p>Wirklich hatte der Arzt noch bis ge&#x017F;tern den<lb/>
Zu&#x017F;tand des Kranken als bedenklich und der höch&#x017F;ten<lb/>
Schonung bedürftig darge&#x017F;tellt. Streng war jeder<lb/>
Verkehr zwi&#x017F;chen ihm und der Außenwelt unter-<lb/>
&#x017F;agt gewe&#x017F;en; Niemand, weder die Frauen, noch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t der Diaconus und &#x017F;ein neuer Vetter aus<lb/>
Oe&#x017F;terreich hatten ihn be&#x017F;uchen dürfen. Nur dem<lb/>
alten Jochem war er zur Obhut und Pflege von<lb/>
dem unnach&#x017F;ichtigen Arzte anvertraut worden, die<lb/>
jener denn auch in aller Treue ausgeübt hatte.</p><lb/>
          <p>Aeng&#x017F;tliche Sorge und Spannung, die in dem<lb/>
kleinen mit Gä&#x017F;ten plötzlich &#x017F;o angefüllten Hau&#x017F;e<lb/>
Alle, be&#x017F;onders in den er&#x017F;ten Tagen der Krankheit,<lb/>
bewegte, konnte &#x017F;ich daher nur durch eifriges Fra-<lb/>
gen und Nachfragen und durch jede Liebesgefällig-<lb/>
keit, die von draußen nach dem Krankenzimmer<lb/>
hinein zu lei&#x017F;ten war, geltend machen. Am un-<lb/>
ruhig&#x017F;ten war Clelia gewe&#x017F;en, welche ihren Vetter<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0198] Viertelſtunde annehmen, vierzehn Tage darauf können die Beſuche länger werden, und nach ſechs Wochen werden wir hoffentlich ſo weit ſeyn, daß der Reconvalescent in der Mittagsſonne eine halbe Stunde ſpazieren gehen darf. Dieß nennen die Aerzte Herſtellung. Wirklich hatte der Arzt noch bis geſtern den Zuſtand des Kranken als bedenklich und der höchſten Schonung bedürftig dargeſtellt. Streng war jeder Verkehr zwiſchen ihm und der Außenwelt unter- ſagt geweſen; Niemand, weder die Frauen, noch ſelbſt der Diaconus und ſein neuer Vetter aus Oeſterreich hatten ihn beſuchen dürfen. Nur dem alten Jochem war er zur Obhut und Pflege von dem unnachſichtigen Arzte anvertraut worden, die jener denn auch in aller Treue ausgeübt hatte. Aengſtliche Sorge und Spannung, die in dem kleinen mit Gäſten plötzlich ſo angefüllten Hauſe Alle, beſonders in den erſten Tagen der Krankheit, bewegte, konnte ſich daher nur durch eifriges Fra- gen und Nachfragen und durch jede Liebesgefällig- keit, die von draußen nach dem Krankenzimmer hinein zu leiſten war, geltend machen. Am un- ruhigſten war Clelia geweſen, welche ihren Vetter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/198
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/198>, abgerufen am 16.04.2024.