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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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verwandelte; denn in der That, liebe Luzie,
jüngst, als Du mit aller Weisheit Himmels
und der Erde vor mich tratest, sah ich Dich
wirklich von der Scheitel bis zu den Sohlen
in schön gebläutem Stahl -- mächtig erhaben
auf den Zehen des linken Fußes; das andre
Bein künstlich von der Erde geschwungen; em-
por die heilige Rechte, das Haupt mit einem
Lorbeerzweige zu beschatten; und Dein ganzes
Wesen begriffen -- in der Verdauung der
göttlichen Eule, welche Du so eben roh und
ungepflückt hinuntergeschluckt hattest.

Gewiß hattest Du neulich meine geringe
Person unter einer nicht viel weniger veredel-
ten Gestalt erblick; als da wäre eine uner-
meßliche Perücke über meinem trotzigen Haar-
zopf, die mir dicke Schweißtropfen aus der
Stirne preßte; zwey Seraphimsflügel an den
Schultern, die mir zu Fächern, um mich an-
zuwehen, dienten; ebenfalls auf einem Beine
stehend, fest wie ein Fels. -- O komm doch,
komm, liebe Luzie! laß uns auf einander zu-

P

verwandelte; denn in der That, liebe Luzie,
juͤngſt, als Du mit aller Weisheit Himmels
und der Erde vor mich trateſt, ſah ich Dich
wirklich von der Scheitel bis zu den Sohlen
in ſchoͤn geblaͤutem Stahl — maͤchtig erhaben
auf den Zehen des linken Fußes; das andre
Bein kuͤnſtlich von der Erde geſchwungen; em-
por die heilige Rechte, das Haupt mit einem
Lorbeerzweige zu beſchatten; und Dein ganzes
Weſen begriffen — in der Verdauung der
goͤttlichen Eule, welche Du ſo eben roh und
ungepfluͤckt hinuntergeſchluckt hatteſt.

Gewiß hatteſt Du neulich meine geringe
Perſon unter einer nicht viel weniger veredel-
ten Geſtalt erblick; als da waͤre eine uner-
meßliche Peruͤcke uͤber meinem trotzigen Haar-
zopf, die mir dicke Schweißtropfen aus der
Stirne preßte; zwey Seraphimsfluͤgel an den
Schultern, die mir zu Faͤchern, um mich an-
zuwehen, dienten; ebenfalls auf einem Beine
ſtehend, feſt wie ein Fels. — O komm doch,
komm, liebe Luzie! laß uns auf einander zu-

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[225/0263] verwandelte; denn in der That, liebe Luzie, juͤngſt, als Du mit aller Weisheit Himmels und der Erde vor mich trateſt, ſah ich Dich wirklich von der Scheitel bis zu den Sohlen in ſchoͤn geblaͤutem Stahl — maͤchtig erhaben auf den Zehen des linken Fußes; das andre Bein kuͤnſtlich von der Erde geſchwungen; em- por die heilige Rechte, das Haupt mit einem Lorbeerzweige zu beſchatten; und Dein ganzes Weſen begriffen — in der Verdauung der goͤttlichen Eule, welche Du ſo eben roh und ungepfluͤckt hinuntergeſchluckt hatteſt. Gewiß hatteſt Du neulich meine geringe Perſon unter einer nicht viel weniger veredel- ten Geſtalt erblick; als da waͤre eine uner- meßliche Peruͤcke uͤber meinem trotzigen Haar- zopf, die mir dicke Schweißtropfen aus der Stirne preßte; zwey Seraphimsfluͤgel an den Schultern, die mir zu Faͤchern, um mich an- zuwehen, dienten; ebenfalls auf einem Beine ſtehend, feſt wie ein Fels. — O komm doch, komm, liebe Luzie! laß uns auf einander zu- P

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/263>, abgerufen am 28.03.2024.