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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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sollen die Sache besser wissen. Hören Sie
mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des
andern Geschlechts reizt mich unendlich; die
artigen Geschöpfe haben so etwas sanftes, an-
schmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen
stimmt allmählich das allzuheftige in meiner
Empfindungsart sich herab; sie stehlen mir
Gleichmüthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt
nun gar noch eine etwas nähere Beziehung
hinzu, und ich fahre mit meiner Juno dro-
ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un-
ten klettern die Berge hinan, und thürmen
ihre Felsen auf einander -- o, Clerdon! das
bringt immer richtig meinen Satan um sein
Latein; es ist so gut, als ob er in einen Weih-
kessel scheiterte, und ich -- habe gewonnen
Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr
eben deswegen, ist es mir ein unerträglicher
Gedanke, von eben belobten Göttinnen irgend
eine anzubeten; ihr in ganzem Ernste zu Füs-
sen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro-
lands Thaten auch meine Sache: allein ich
wurde doch ziemlich bald inne, wie es im

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ſollen die Sache beſſer wiſſen. Hoͤren Sie
mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des
andern Geſchlechts reizt mich unendlich; die
artigen Geſchoͤpfe haben ſo etwas ſanftes, an-
ſchmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen
ſtimmt allmaͤhlich das allzuheftige in meiner
Empfindungsart ſich herab; ſie ſtehlen mir
Gleichmuͤthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt
nun gar noch eine etwas naͤhere Beziehung
hinzu, und ich fahre mit meiner Juno dro-
ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un-
ten klettern die Berge hinan, und thuͤrmen
ihre Felſen auf einander — o, Clerdon! das
bringt immer richtig meinen Satan um ſein
Latein; es iſt ſo gut, als ob er in einen Weih-
keſſel ſcheiterte, und ich — habe gewonnen
Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr
eben deswegen, iſt es mir ein unertraͤglicher
Gedanke, von eben belobten Goͤttinnen irgend
eine anzubeten; ihr in ganzem Ernſte zu Fuͤſ-
ſen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro-
lands Thaten auch meine Sache: allein ich
wurde doch ziemlich bald inne, wie es im

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[37/0075] ſollen die Sache beſſer wiſſen. Hoͤren Sie mein ganzes Geheimniß. Der Umgang des andern Geſchlechts reizt mich unendlich; die artigen Geſchoͤpfe haben ſo etwas ſanftes, an- ſchmiegendes, was mir behagt. Neben ihnen ſtimmt allmaͤhlich das allzuheftige in meiner Empfindungsart ſich herab; ſie ſtehlen mir Gleichmuͤthigkeit und Ruhe ins Herz. Kommt nun gar noch eine etwas naͤhere Beziehung hinzu, und ich fahre mit meiner Juno dro- ben auf den Wolken, und die Stutzerchen un- ten klettern die Berge hinan, und thuͤrmen ihre Felſen auf einander — o, Clerdon! das bringt immer richtig meinen Satan um ſein Latein; es iſt ſo gut, als ob er in einen Weih- keſſel ſcheiterte, und ich — habe gewonnen Spiel. Aber bey allem dem, oder vielmehr eben deswegen, iſt es mir ein unertraͤglicher Gedanke, von eben belobten Goͤttinnen irgend eine anzubeten; ihr in ganzem Ernſte zu Fuͤſ- ſen zu liegen. Vor Jahren, ja; da waren Ro- lands Thaten auch meine Sache: allein ich wurde doch ziemlich bald inne, wie es im C 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/75>, abgerufen am 29.03.2024.