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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs
Schöne, begeisterter fürs Große -- auflebt, ent¬
brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬
gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzschule
künftiger Thaten. Festlichkeiten, Feierlichkeiten,
Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe,
geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte;
und es entsteht eine nachwürkende Jmmergegen¬
wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit festet, den
Leichtsinn ernstet, und die Zerstreuungssucht in
enge Schranken drängt.

b) Vom Wesen der Volksfeste.

Alle alten Völker, und unsere Vorfahren
auch, feierten Volksfeste. Die weisesten Völker¬
schöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬
rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke.

Michaelis Mosaisches Recht. 4r. Th. §. 197. 198.

Wir Neudeutschen Völklein feierten ehmahls
Dorf- und Stadtfeste. Das schien kleinlich
und spießbürgerlich, wider guten Ton und Welt.
Da ließen wir die altfränkischen Dinger ein¬
gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden.
Unsere Mehrmacher und Rechenhexer, die jedem
Menschen das tägliche Brot, und kein Krüm¬

Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs
Schöne, begeiſterter fürs Große — auflebt, ent¬
brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬
gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzſchule
künftiger Thaten. Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten,
Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe,
geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte;
und es entſteht eine nachwürkende Jmmergegen¬
wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit feſtet, den
Leichtſinn ernſtet, und die Zerſtreuungsſucht in
enge Schranken drängt.

b) Vom Weſen der Volksfeſte.

Alle alten Völker, und unſere Vorfahren
auch, feierten Volksfeſte. Die weiſeſten Völker¬
ſchöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬
rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke.

Michaelis Moſaiſches Recht. 4r. Th. §. 197. 198.

Wir Neudeutſchen Völklein feierten ehmahls
Dorf- und Stadtfeſte. Das ſchien kleinlich
und ſpießbürgerlich, wider guten Ton und Welt.
Da ließen wir die altfränkiſchen Dinger ein¬
gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden.
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[342/0372] 342 Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs Schöne, begeiſterter fürs Große — auflebt, ent¬ brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬ gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzſchule künftiger Thaten. Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten, Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe, geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte; und es entſteht eine nachwürkende Jmmergegen¬ wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit feſtet, den Leichtſinn ernſtet, und die Zerſtreuungsſucht in enge Schranken drängt. b) Vom Weſen der Volksfeſte. Alle alten Völker, und unſere Vorfahren auch, feierten Volksfeſte. Die weiſeſten Völker¬ ſchöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬ rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke. Michaelis Moſaiſches Recht. 4r. Th. §. 197. 198. Wir Neudeutſchen Völklein feierten ehmahls Dorf- und Stadtfeſte. Das ſchien kleinlich und ſpießbürgerlich, wider guten Ton und Welt. Da ließen wir die altfränkiſchen Dinger ein¬ gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden. Unſere Mehrmacher und Rechenhexer, die jedem Menſchen das tägliche Brot, und kein Krüm¬

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/372>, abgerufen am 29.03.2024.