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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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1. An Joh. Georg Herold in Hof.[I, 428]
[Kopie]

Bei einem Licht, das so wenig Fet hat wie ich -- wünsche, daß
Ihnen das Schiksal einige perpendik[ulare] Stirnfalten wegplätte,
daß Sie dankbar, nicht tolerant sind und am [Ende] des 94 Jahrs5
sagen: wünscht mir kein bessers als Richters seines, dessen corpus pium
und verklärten Leib ich auf meiner Kommode habe. -- Warum ist
man kälter gegen die Menschen, wenn man gegessen, und wärmer,
wenn man getrunken? Aus einem Fresser wüst' ich nur einen Wiener zu[I, 429]
modellieren; aus einem Trinker einen Psalmisten und Pindar. -- ich10
wolte mit [mehr] unhöflicher Wärme als höflicher Kälte sagen --
Freundschaft, die sich auf keine andere Verhältnisse gründet als auf
psychologische. -- Man wil mir schmeicheln, meine Kallygraphie habe
einige Aehnlichkeit mit der Ihrigen; aber ich werde diese sat[irische]
Aehnlichkeit wol meiner Eilfertigkeit beizumessen haben.15

2. An Joh. Georg Herold?
[Kopie]

Alexandre -- Votre modele, qui fendoit les tetes au lieu des
joues -- disoit, que le Professeur Aristote etoit son pere second.
Vous joignes a l'honneur d'etre le pere premier celui d'etre le20
second -- et de nourrir a la fois et le corps et l'ame de Vos enfans.

Trois belles tetes, qui sont l'ouvrage de la Votre, m'ont prie
de faire leur maitre de requetes et d'apporter au pied de Votre
throne la promesse de leur diligence renouvel[lee] et la demande
de Votre bonte renouvellee.
25

J'espere que Vous aures celle de ne refuser.

1 Jean Paul Briefe. II.
1. An Joh. Georg Herold in Hof.[I, 428]
[Kopie]

Bei einem Licht, das ſo wenig Fet hat wie ich — wünſche, daß
Ihnen das Schikſal einige perpendik[ulare] Stirnfalten wegplätte,
daß Sie dankbar, nicht tolerant ſind und am [Ende] des 94 Jahrs5
ſagen: wünſcht mir kein beſſers als Richters ſeines, deſſen corpus pium
und verklärten Leib ich auf meiner Kommode habe. — Warum iſt
man kälter gegen die Menſchen, wenn man gegeſſen, und wärmer,
wenn man getrunken? Aus einem Freſſer wüſt’ ich nur einen Wiener zu[I, 429]
modellieren; aus einem Trinker einen Pſalmiſten und Pindar. — ich10
wolte mit [mehr] unhöflicher Wärme als höflicher Kälte ſagen —
Freundſchaft, die ſich auf keine andere Verhältniſſe gründet als auf
pſychologiſche. — Man wil mir ſchmeicheln, meine Kallygraphie habe
einige Aehnlichkeit mit der Ihrigen; aber ich werde dieſe ſat[iriſche]
Aehnlichkeit wol meiner Eilfertigkeit beizumeſſen haben.15

2. An Joh. Georg Herold?
[Kopie]

Alexandre — Votre modéle, qui fendoit les têtes au lieu des
joues — disoit, que le Professeur Aristote etoit son pere sécond.
Vous joignés à l’honneur d’être le pere premier celui d’être le20
sécond — et de nourrir à la fois et le corps et l’ame de Vos enfans.

Trois belles têtes, qui sont l’ouvrage de la Vôtre, m’ont prié
de faire leur maitre de requêtes et d’apporter au pied de Votre
thrône la promesse de leur diligence renouvel[lée] et la demande
de Votre bonté renouvellée.
25

J’espere que Vous aurés celle de ne refuser.

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[1/0008] 1. An Joh. Georg Herold in Hof. [Schwarzenbach, 1. Jan. 1794. Mittwoch] Bei einem Licht, das ſo wenig Fet hat wie ich — wünſche, daß Ihnen das Schikſal einige perpendik[ulare] Stirnfalten wegplätte, daß Sie dankbar, nicht tolerant ſind und am [Ende] des 94 Jahrs 5 ſagen: wünſcht mir kein beſſers als Richters ſeines, deſſen corpus pium und verklärten Leib ich auf meiner Kommode habe. — Warum iſt man kälter gegen die Menſchen, wenn man gegeſſen, und wärmer, wenn man getrunken? Aus einem Freſſer wüſt’ ich nur einen Wiener zu modellieren; aus einem Trinker einen Pſalmiſten und Pindar. — ich 10 wolte mit [mehr] unhöflicher Wärme als höflicher Kälte ſagen — Freundſchaft, die ſich auf keine andere Verhältniſſe gründet als auf pſychologiſche. — Man wil mir ſchmeicheln, meine Kallygraphie habe einige Aehnlichkeit mit der Ihrigen; aber ich werde dieſe ſat[iriſche] Aehnlichkeit wol meiner Eilfertigkeit beizumeſſen haben. 15 [I, 429] 2. An Joh. Georg Herold? le 24 Pluvios [12. Febr.] 94. Alexandre — Votre modéle, qui fendoit les têtes au lieu des joues — disoit, que le Professeur Aristote etoit son pere sécond. Vous joignés à l’honneur d’être le pere premier celui d’être le 20 sécond — et de nourrir à la fois et le corps et l’ame de Vos enfans. Trois belles têtes, qui sont l’ouvrage de la Vôtre, m’ont prié de faire leur maitre de requêtes et d’apporter au pied de Votre thrône la promesse de leur diligence renouvel[lée] et la demande de Votre bonté renouvellée. 25 J’espere que Vous aurés celle de ne refuser. 1 Jean Paul Briefe. II.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/8>, abgerufen am 23.04.2024.