und erwürgen zu können. Besagte Leute sind nebst*) des Bugjo Staat- und Leibdienern Militärpersonen, und daher jeder mit zween Säbeln in ihren Gürteln versehen. Man nent diese Leute Samurai, d. i. zween Säbelführer oder Soldaten, weil keiner vom bürgerlichen Stande sondern nur Militärpersonen, zufolge des jüngsten Kaiserlichen Edicts, zween Säbel tragen dürfen.
Von den Dolmetschern wird uns aus ihrer Ober- und Unterzunft (wie dessen im vo- rigen Buche erwähnt worden) Einer, und zwar derjenige zugeordnet, welcher im abgelegten Jahre zwischen dem Hofe und uns das Amt eines Unterhändlers und in ihrer Zunft das jährliche Präsidium (Nimban) geführet hat. Man hat jezt diesen beiden noch einen ihrer Lehrlinge beigefügt, um sie zu ihrem dereinstigen Amte durch Augenschein und Erfahrung frühzeitig tüchtig zu machen. Ein jeder von ihnen hat seine Bedienten theils zur Aufwar- tung theils auch um Staat zu machen. Der Bugjo oder Oberdolmetscher hat so viele, als er nur wil, die übrigen jeder einen oder zween,**) in Verhältnis seines Vermögens und sei- nes Amts. Der holländische Kapitain kan deren drei, ein jeder anderer Holländer aber nur einen halten. Gemeiniglich empfehlen die Dolmetscher bei dieser Gelegenheit ihre Lieb- linge, wenn sie auch gleich die holländische Sprache nicht verstehen.
Viele andere Personen, die auf besondere Erlaubnis und Verordnung der Gouver- neurs oder Dolmetscher die Reise ohne Nutzen, obwohl auf der edlen Compagnie Kosten, mitmachen, wil ich übergehen. Allen diesen Reisegefährten aber ist es einige Zeit vor der Abreise erlaubt, uns auf Desima zu besuchen und sich in etwas mit uns bekant zu machen. Es giebt viele entschlossene und muntere Köpfe unter ihnen, die wohl wünschten, mit uns vertrauter und freyer zu leben, sie dürfen uns aber, aus Furcht des einen vor dem andern, nicht freundlicher begegnen, weil ein jeder, Kraft des geleisteten Eides, des andern Ver- räther ist.
Hiernächst mus nun für die Bestellung der Träger und Pferde gesorgt werden. Dieses geschiehet von dem Oberdolmetscher als ersten Vorsorger und Cassirer des Reisetrains, durch dessen Anstalten alles so vorgekehrt wird, daß die Reise auf die bestimte Minute, und wenn es dem Bugjo gefält, augetreten werden kan, und daß auch überzählige Träger und Pferde in Bereitschaft sind, damit der schnelle Fortzug auf keine Weise gehindert werde.
Zwei Tage vor dem Aufbruche von Nagasacki wird die Equipage von dazu bestelten Leuten solchermaßen zusammen gebunden, daß man sie den Pferden in einem Augenblik auf- und wieder abhängen kan. Da dieses eine besondere inländische Manier ist, die man in Deutschland nicht kennet, so verdient sie hier angemerkt zu werden.
Nach-
*) Jn der engl Uebersetzung stehet außer stat nebst.
**) Engl. Uebersetzung zween oder drei.
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
und erwuͤrgen zu koͤnnen. Beſagte Leute ſind nebſt*) des Bugjo Staat- und Leibdienern Militaͤrperſonen, und daher jeder mit zween Saͤbeln in ihren Guͤrteln verſehen. Man nent dieſe Leute Samurai, d. i. zween Saͤbelfuͤhrer oder Soldaten, weil keiner vom buͤrgerlichen Stande ſondern nur Militaͤrperſonen, zufolge des juͤngſten Kaiſerlichen Edicts, zween Saͤbel tragen duͤrfen.
Von den Dolmetſchern wird uns aus ihrer Ober- und Unterzunft (wie deſſen im vo- rigen Buche erwaͤhnt worden) Einer, und zwar derjenige zugeordnet, welcher im abgelegten Jahre zwiſchen dem Hofe und uns das Amt eines Unterhaͤndlers und in ihrer Zunft das jaͤhrliche Praͤſidium (Nimban) gefuͤhret hat. Man hat jezt dieſen beiden noch einen ihrer Lehrlinge beigefuͤgt, um ſie zu ihrem dereinſtigen Amte durch Augenſchein und Erfahrung fruͤhzeitig tuͤchtig zu machen. Ein jeder von ihnen hat ſeine Bedienten theils zur Aufwar- tung theils auch um Staat zu machen. Der Bugjo oder Oberdolmetſcher hat ſo viele, als er nur wil, die uͤbrigen jeder einen oder zween,**) in Verhaͤltnis ſeines Vermoͤgens und ſei- nes Amts. Der hollaͤndiſche Kapitain kan deren drei, ein jeder anderer Hollaͤnder aber nur einen halten. Gemeiniglich empfehlen die Dolmetſcher bei dieſer Gelegenheit ihre Lieb- linge, wenn ſie auch gleich die hollaͤndiſche Sprache nicht verſtehen.
Viele andere Perſonen, die auf beſondere Erlaubnis und Verordnung der Gouver- neurs oder Dolmetſcher die Reiſe ohne Nutzen, obwohl auf der edlen Compagnie Koſten, mitmachen, wil ich uͤbergehen. Allen dieſen Reiſegefaͤhrten aber iſt es einige Zeit vor der Abreiſe erlaubt, uns auf Deſima zu beſuchen und ſich in etwas mit uns bekant zu machen. Es giebt viele entſchloſſene und muntere Koͤpfe unter ihnen, die wohl wuͤnſchten, mit uns vertrauter und freyer zu leben, ſie duͤrfen uns aber, aus Furcht des einen vor dem andern, nicht freundlicher begegnen, weil ein jeder, Kraft des geleiſteten Eides, des andern Ver- raͤther iſt.
Hiernaͤchſt mus nun fuͤr die Beſtellung der Traͤger und Pferde geſorgt werden. Dieſes geſchiehet von dem Oberdolmetſcher als erſten Vorſorger und Caſſirer des Reiſetrains, durch deſſen Anſtalten alles ſo vorgekehrt wird, daß die Reiſe auf die beſtimte Minute, und wenn es dem Bugjo gefaͤlt, augetreten werden kan, und daß auch uͤberzaͤhlige Traͤger und Pferde in Bereitſchaft ſind, damit der ſchnelle Fortzug auf keine Weiſe gehindert werde.
Zwei Tage vor dem Aufbruche von Nagaſacki wird die Equipage von dazu beſtelten Leuten ſolchermaßen zuſammen gebunden, daß man ſie den Pferden in einem Augenblik auf- und wieder abhaͤngen kan. Da dieſes eine beſondere inlaͤndiſche Manier iſt, die man in Deutſchland nicht kennet, ſo verdient ſie hier angemerkt zu werden.
Nach-
*) Jn der engl Ueberſetzung ſtehet außer ſtat nebſt.
**) Engl. Ueberſetzung zween oder drei.
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Militaͤrperſonen, und daher jeder mit zween Saͤbeln in ihren Guͤrteln verſehen. Man nent
dieſe Leute Samurai, d. i. zween Saͤbelfuͤhrer oder Soldaten, weil keiner vom buͤrgerlichen
Stande ſondern nur Militaͤrperſonen, zufolge des juͤngſten Kaiſerlichen Edicts, zween Saͤbel
tragen duͤrfen.
Von den Dolmetſchern wird uns aus ihrer Ober- und Unterzunft (wie deſſen im vo-
rigen Buche erwaͤhnt worden) Einer, und zwar derjenige zugeordnet, welcher im abgelegten
Jahre zwiſchen dem Hofe und uns das Amt eines Unterhaͤndlers und in ihrer Zunft das
jaͤhrliche Praͤſidium (Nimban) gefuͤhret hat. Man hat jezt dieſen beiden noch einen ihrer
Lehrlinge beigefuͤgt, um ſie zu ihrem dereinſtigen Amte durch Augenſchein und Erfahrung
fruͤhzeitig tuͤchtig zu machen. Ein jeder von ihnen hat ſeine Bedienten theils zur Aufwar-
tung theils auch um Staat zu machen. Der Bugjo oder Oberdolmetſcher hat ſo viele, als
er nur wil, die uͤbrigen jeder einen oder zween, **) in Verhaͤltnis ſeines Vermoͤgens und ſei-
nes Amts. Der hollaͤndiſche Kapitain kan deren drei, ein jeder anderer Hollaͤnder aber
nur einen halten. Gemeiniglich empfehlen die Dolmetſcher bei dieſer Gelegenheit ihre Lieb-
linge, wenn ſie auch gleich die hollaͤndiſche Sprache nicht verſtehen.
Viele andere Perſonen, die auf beſondere Erlaubnis und Verordnung der Gouver-
neurs oder Dolmetſcher die Reiſe ohne Nutzen, obwohl auf der edlen Compagnie Koſten,
mitmachen, wil ich uͤbergehen. Allen dieſen Reiſegefaͤhrten aber iſt es einige Zeit vor der
Abreiſe erlaubt, uns auf Deſima zu beſuchen und ſich in etwas mit uns bekant zu machen.
Es giebt viele entſchloſſene und muntere Koͤpfe unter ihnen, die wohl wuͤnſchten, mit uns
vertrauter und freyer zu leben, ſie duͤrfen uns aber, aus Furcht des einen vor dem andern,
nicht freundlicher begegnen, weil ein jeder, Kraft des geleiſteten Eides, des andern Ver-
raͤther iſt.
Hiernaͤchſt mus nun fuͤr die Beſtellung der Traͤger und Pferde geſorgt werden.
Dieſes geſchiehet von dem Oberdolmetſcher als erſten Vorſorger und Caſſirer des Reiſetrains,
durch deſſen Anſtalten alles ſo vorgekehrt wird, daß die Reiſe auf die beſtimte Minute, und
wenn es dem Bugjo gefaͤlt, augetreten werden kan, und daß auch uͤberzaͤhlige Traͤger und
Pferde in Bereitſchaft ſind, damit der ſchnelle Fortzug auf keine Weiſe gehindert werde.
Zwei Tage vor dem Aufbruche von Nagaſacki wird die Equipage von dazu beſtelten
Leuten ſolchermaßen zuſammen gebunden, daß man ſie den Pferden in einem Augenblik
auf- und wieder abhaͤngen kan. Da dieſes eine beſondere inlaͤndiſche Manier iſt, die man
in Deutſchland nicht kennet, ſo verdient ſie hier angemerkt zu werden.
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*) Jn der engl Ueberſetzung ſtehet außer ſtat nebſt.
**) Engl. Ueberſetzung zween oder drei.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/162>, abgerufen am 18.02.2025.
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