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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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gestand sich ein, daß er einen andern Besuch erwartet hatte. Er ging zum Fenster und sah noch einmal auf die dunkle Straße. Auch fast alle Fenster auf der andern Straßenseite waren noch dunkel, in vielen die Vorhänge herabgelassen. In einem beleuchteten Fenster des Stockwerkes spielten kleine Kinder hinter einem Gitter miteinander und tasteten, noch unfähig sich von ihren Plätzen fortzubewegen, mit den Händchen nach einander. "Alte untergeordnete Schauspieler schickt man um mich," sagte sich K. und sah sich um, um sich nochmals davon zu überzeugen. "Man sucht auf billige Weise mit mir fertig zu werden." K. wendete sich plötzlich ihnen zu und fragte: "An welchem Theater spielen Sie?" "Theater?" fragte der eine Herr mit zuckenden Mundwinkeln den andern um Rat. Der andere gebärdete sich wie ein Stummer, der mit dem widerspenstigen Organismus kämpft. "Sie sind nicht darauf vorbereitet, gefragt zu werden," sagte sich K. und ging seinen Hut holen.

Schon auf der Treppe wollten sich die Herren in K. einhängen, aber K. sagte: "Erst auf der Gasse, ich bin nicht krank." Gleich aber vor dem Tor hängten sie sich in ihn in einer Weise ein,

gestand sich ein, daß er einen andern Besuch erwartet hatte. Er ging zum Fenster und sah noch einmal auf die dunkle Straße. Auch fast alle Fenster auf der andern Straßenseite waren noch dunkel, in vielen die Vorhänge herabgelassen. In einem beleuchteten Fenster des Stockwerkes spielten kleine Kinder hinter einem Gitter miteinander und tasteten, noch unfähig sich von ihren Plätzen fortzubewegen, mit den Händchen nach einander. „Alte untergeordnete Schauspieler schickt man um mich,“ sagte sich K. und sah sich um, um sich nochmals davon zu überzeugen. „Man sucht auf billige Weise mit mir fertig zu werden.“ K. wendete sich plötzlich ihnen zu und fragte: „An welchem Theater spielen Sie?“ „Theater?“ fragte der eine Herr mit zuckenden Mundwinkeln den andern um Rat. Der andere gebärdete sich wie ein Stummer, der mit dem widerspenstigen Organismus kämpft. „Sie sind nicht darauf vorbereitet, gefragt zu werden,“ sagte sich K. und ging seinen Hut holen.

Schon auf der Treppe wollten sich die Herren in K. einhängen, aber K. sagte: „Erst auf der Gasse, ich bin nicht krank.“ Gleich aber vor dem Tor hängten sie sich in ihn in einer Weise ein,

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[393/0395] gestand sich ein, daß er einen andern Besuch erwartet hatte. Er ging zum Fenster und sah noch einmal auf die dunkle Straße. Auch fast alle Fenster auf der andern Straßenseite waren noch dunkel, in vielen die Vorhänge herabgelassen. In einem beleuchteten Fenster des Stockwerkes spielten kleine Kinder hinter einem Gitter miteinander und tasteten, noch unfähig sich von ihren Plätzen fortzubewegen, mit den Händchen nach einander. „Alte untergeordnete Schauspieler schickt man um mich,“ sagte sich K. und sah sich um, um sich nochmals davon zu überzeugen. „Man sucht auf billige Weise mit mir fertig zu werden.“ K. wendete sich plötzlich ihnen zu und fragte: „An welchem Theater spielen Sie?“ „Theater?“ fragte der eine Herr mit zuckenden Mundwinkeln den andern um Rat. Der andere gebärdete sich wie ein Stummer, der mit dem widerspenstigen Organismus kämpft. „Sie sind nicht darauf vorbereitet, gefragt zu werden,“ sagte sich K. und ging seinen Hut holen. Schon auf der Treppe wollten sich die Herren in K. einhängen, aber K. sagte: „Erst auf der Gasse, ich bin nicht krank.“ Gleich aber vor dem Tor hängten sie sich in ihn in einer Weise ein,

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/395>, abgerufen am 24.04.2024.