Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Allgemeine Naturgeschichte
und erzeuget die Monde, die um ihn laufen sollen.
Was die Sonne mit ihren Planeten im Grossen ist,
das stellet ein Planet, der eine weit ausgedehnte
Anziehungssphäre hat, im kleinern vor, nemlich
das Hauptstück eines Systems, dessen Theile durch
die Attraction des Centralkörpers in Bewegung ge-
setzet worden. Der sich bildende Planet, indem
er die Partikeln des Grundstoffs aus dem ganzen
Umfange zu seiner Bildung bewegt, wird aus al-
len diesen sinkenden Bewegungen, vermittelst ih-
rer Wechselwirkung, Kreisbewegungen, und zwar
endlich solche erzeugen, die in eine gemeinschaftliche
Richtung ausschlagen, und deren ein Theil die ge-
hörige Mäßigung des freyen Zirkellaufes bekom-
men, und in dieser Einschränkung sich einer gemein-
schaftlichen Fläche nahe befinden werden. Jn die-
sem Raume werden, so wie um die Sonne die
Hauptplaneten, also auch um diese sich die Monde
bilden, wenn die Weite der Attraction solcher
Himmelskörper günstige Umstände zu ihrer Erzeu-
gung darreichet. Was übrigens in Ansehung des
Ursprunges des Sonnensystems gesagt worden, das-
selbe läßt sich auf das System des Jupiters und des
Saturns mit genugsamer Gleichheit anwenden.
Die Monde werden alle nach einer Seite, und bey-
nahe auf einer Fläche, die Kreise ihres Umschwun-
ges gerichtet haben, und dieses zwar aus den glei-
chen Ursachen, die diese Analogie im grossen bestim-
men: Aber warum bewegen sich diese Begleiter
in ihrer gemeinschaftlichen Richtung vielmehr nach
der Seite, nach der die Planeten laufen, als nach

ei-

Allgemeine Naturgeſchichte
und erzeuget die Monde, die um ihn laufen ſollen.
Was die Sonne mit ihren Planeten im Groſſen iſt,
das ſtellet ein Planet, der eine weit ausgedehnte
Anziehungsſphaͤre hat, im kleinern vor, nemlich
das Hauptſtuͤck eines Syſtems, deſſen Theile durch
die Attraction des Centralkoͤrpers in Bewegung ge-
ſetzet worden. Der ſich bildende Planet, indem
er die Partikeln des Grundſtoffs aus dem ganzen
Umfange zu ſeiner Bildung bewegt, wird aus al-
len dieſen ſinkenden Bewegungen, vermittelſt ih-
rer Wechſelwirkung, Kreisbewegungen, und zwar
endlich ſolche erzeugen, die in eine gemeinſchaftliche
Richtung ausſchlagen, und deren ein Theil die ge-
hoͤrige Maͤßigung des freyen Zirkellaufes bekom-
men, und in dieſer Einſchraͤnkung ſich einer gemein-
ſchaftlichen Flaͤche nahe befinden werden. Jn die-
ſem Raume werden, ſo wie um die Sonne die
Hauptplaneten, alſo auch um dieſe ſich die Monde
bilden, wenn die Weite der Attraction ſolcher
Himmelskoͤrper guͤnſtige Umſtaͤnde zu ihrer Erzeu-
gung darreichet. Was uͤbrigens in Anſehung des
Urſprunges des Sonnenſyſtems geſagt worden, daſ-
ſelbe laͤßt ſich auf das Syſtem des Jupiters und des
Saturns mit genugſamer Gleichheit anwenden.
Die Monde werden alle nach einer Seite, und bey-
nahe auf einer Flaͤche, die Kreiſe ihres Umſchwun-
ges gerichtet haben, und dieſes zwar aus den glei-
chen Urſachen, die dieſe Analogie im groſſen beſtim-
men: Aber warum bewegen ſich dieſe Begleiter
in ihrer gemeinſchaftlichen Richtung vielmehr nach
der Seite, nach der die Planeten laufen, als nach

ei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0130" n="62"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Allgemeine Naturge&#x017F;chichte</hi></fw><lb/>
und erzeuget die Monde, die um ihn laufen &#x017F;ollen.<lb/>
Was die Sonne mit ihren Planeten im Gro&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t,<lb/>
das &#x017F;tellet ein Planet, der eine weit ausgedehnte<lb/>
Anziehungs&#x017F;pha&#x0364;re hat, im kleinern vor, nemlich<lb/>
das Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck eines Sy&#x017F;tems, de&#x017F;&#x017F;en Theile durch<lb/>
die Attraction des Centralko&#x0364;rpers in Bewegung ge-<lb/>
&#x017F;etzet worden. Der &#x017F;ich bildende Planet, indem<lb/>
er die Partikeln des Grund&#x017F;toffs aus dem ganzen<lb/>
Umfange zu &#x017F;einer Bildung bewegt, wird aus al-<lb/>
len die&#x017F;en &#x017F;inkenden Bewegungen, vermittel&#x017F;t ih-<lb/>
rer Wech&#x017F;elwirkung, Kreisbewegungen, und zwar<lb/>
endlich &#x017F;olche erzeugen, die in eine gemein&#x017F;chaftliche<lb/>
Richtung aus&#x017F;chlagen, und deren ein Theil die ge-<lb/>
ho&#x0364;rige Ma&#x0364;ßigung des freyen Zirkellaufes bekom-<lb/>
men, und in die&#x017F;er Ein&#x017F;chra&#x0364;nkung &#x017F;ich einer gemein-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Fla&#x0364;che nahe befinden werden. Jn die-<lb/>
&#x017F;em Raume werden, &#x017F;o wie um die Sonne die<lb/>
Hauptplaneten, al&#x017F;o auch um die&#x017F;e &#x017F;ich die Monde<lb/>
bilden, wenn die Weite der Attraction &#x017F;olcher<lb/>
Himmelsko&#x0364;rper gu&#x0364;n&#x017F;tige Um&#x017F;ta&#x0364;nde zu ihrer Erzeu-<lb/>
gung darreichet. Was u&#x0364;brigens in An&#x017F;ehung des<lb/>
Ur&#x017F;prunges des Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems ge&#x017F;agt worden, da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe la&#x0364;ßt &#x017F;ich auf das Sy&#x017F;tem des Jupiters und des<lb/>
Saturns mit genug&#x017F;amer Gleichheit anwenden.<lb/>
Die Monde werden alle nach einer Seite, und bey-<lb/>
nahe auf einer Fla&#x0364;che, die Krei&#x017F;e ihres Um&#x017F;chwun-<lb/>
ges gerichtet haben, und die&#x017F;es zwar aus den glei-<lb/>
chen Ur&#x017F;achen, die die&#x017F;e Analogie im gro&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;tim-<lb/>
men: Aber warum bewegen &#x017F;ich die&#x017F;e Begleiter<lb/>
in ihrer gemein&#x017F;chaftlichen Richtung vielmehr nach<lb/>
der Seite, nach der die Planeten laufen, als nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0130] Allgemeine Naturgeſchichte und erzeuget die Monde, die um ihn laufen ſollen. Was die Sonne mit ihren Planeten im Groſſen iſt, das ſtellet ein Planet, der eine weit ausgedehnte Anziehungsſphaͤre hat, im kleinern vor, nemlich das Hauptſtuͤck eines Syſtems, deſſen Theile durch die Attraction des Centralkoͤrpers in Bewegung ge- ſetzet worden. Der ſich bildende Planet, indem er die Partikeln des Grundſtoffs aus dem ganzen Umfange zu ſeiner Bildung bewegt, wird aus al- len dieſen ſinkenden Bewegungen, vermittelſt ih- rer Wechſelwirkung, Kreisbewegungen, und zwar endlich ſolche erzeugen, die in eine gemeinſchaftliche Richtung ausſchlagen, und deren ein Theil die ge- hoͤrige Maͤßigung des freyen Zirkellaufes bekom- men, und in dieſer Einſchraͤnkung ſich einer gemein- ſchaftlichen Flaͤche nahe befinden werden. Jn die- ſem Raume werden, ſo wie um die Sonne die Hauptplaneten, alſo auch um dieſe ſich die Monde bilden, wenn die Weite der Attraction ſolcher Himmelskoͤrper guͤnſtige Umſtaͤnde zu ihrer Erzeu- gung darreichet. Was uͤbrigens in Anſehung des Urſprunges des Sonnenſyſtems geſagt worden, daſ- ſelbe laͤßt ſich auf das Syſtem des Jupiters und des Saturns mit genugſamer Gleichheit anwenden. Die Monde werden alle nach einer Seite, und bey- nahe auf einer Flaͤche, die Kreiſe ihres Umſchwun- ges gerichtet haben, und dieſes zwar aus den glei- chen Urſachen, die dieſe Analogie im groſſen beſtim- men: Aber warum bewegen ſich dieſe Begleiter in ihrer gemeinſchaftlichen Richtung vielmehr nach der Seite, nach der die Planeten laufen, als nach ei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/130
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/130>, abgerufen am 25.04.2024.