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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

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Studien eine um die andere umzuwenden und
aufzustellen. Es waren alles umfangreiche Blätter
aus Italien, auf starkes grobkörniges Papier mit
Wasserfarben gemalt, doch auf eine mir ganz
neue Weise und mit unbekannten kühnen und
geistreichen Mitteln, so daß sie eben so viel
Schmelz und Duft, als Klarheit und Kraft zeig¬
ten und vor Allem aus in jedem Striche bewie¬
sen, daß sie vor der lebendigen Natur gemacht
waren. Ich wußte nicht, sollte ich über die glän¬
zende und angenehm nahe tretende Meisterschaft
der Behandlung oder über die Gegenstände mehr
Freude empfinden, denn von den mächtigen dun¬
klen Cypressengruppen der römischen Villen, von
den schönen Sabinerbergen bis zu den Ruinen
von Pästum und dem leuchtenden Golf von Nea¬
pel, bis zu den Küsten von Sicilien mit den
zauberhaften hingehauchten, gedichteten Linien,
tauchte Bild um Bild vor mir auf mit den köst¬
lichen Merkzeichen des Tages, des Ortes und
des Sonnenscheins, unter welchem sie entstanden.
Schöne Klöster und Kastelle glänzten in diesem
Sonnenschein an schönen Bergabhängen, Himmel

Studien eine um die andere umzuwenden und
aufzuſtellen. Es waren alles umfangreiche Blaͤtter
aus Italien, auf ſtarkes grobkoͤrniges Papier mit
Waſſerfarben gemalt, doch auf eine mir ganz
neue Weiſe und mit unbekannten kuͤhnen und
geiſtreichen Mitteln, ſo daß ſie eben ſo viel
Schmelz und Duft, als Klarheit und Kraft zeig¬
ten und vor Allem aus in jedem Striche bewie¬
ſen, daß ſie vor der lebendigen Natur gemacht
waren. Ich wußte nicht, ſollte ich uͤber die glaͤn¬
zende und angenehm nahe tretende Meiſterſchaft
der Behandlung oder uͤber die Gegenſtaͤnde mehr
Freude empfinden, denn von den maͤchtigen dun¬
klen Cypreſſengruppen der roͤmiſchen Villen, von
den ſchoͤnen Sabinerbergen bis zu den Ruinen
von Paͤſtum und dem leuchtenden Golf von Nea¬
pel, bis zu den Kuͤſten von Sicilien mit den
zauberhaften hingehauchten, gedichteten Linien,
tauchte Bild um Bild vor mir auf mit den koͤſt¬
lichen Merkzeichen des Tages, des Ortes und
des Sonnenſcheins, unter welchem ſie entſtanden.
Schoͤne Kloͤſter und Kaſtelle glaͤnzten in dieſem
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[18/0028] Studien eine um die andere umzuwenden und aufzuſtellen. Es waren alles umfangreiche Blaͤtter aus Italien, auf ſtarkes grobkoͤrniges Papier mit Waſſerfarben gemalt, doch auf eine mir ganz neue Weiſe und mit unbekannten kuͤhnen und geiſtreichen Mitteln, ſo daß ſie eben ſo viel Schmelz und Duft, als Klarheit und Kraft zeig¬ ten und vor Allem aus in jedem Striche bewie¬ ſen, daß ſie vor der lebendigen Natur gemacht waren. Ich wußte nicht, ſollte ich uͤber die glaͤn¬ zende und angenehm nahe tretende Meiſterſchaft der Behandlung oder uͤber die Gegenſtaͤnde mehr Freude empfinden, denn von den maͤchtigen dun¬ klen Cypreſſengruppen der roͤmiſchen Villen, von den ſchoͤnen Sabinerbergen bis zu den Ruinen von Paͤſtum und dem leuchtenden Golf von Nea¬ pel, bis zu den Kuͤſten von Sicilien mit den zauberhaften hingehauchten, gedichteten Linien, tauchte Bild um Bild vor mir auf mit den koͤſt¬ lichen Merkzeichen des Tages, des Ortes und des Sonnenſcheins, unter welchem ſie entſtanden. Schoͤne Kloͤſter und Kaſtelle glaͤnzten in dieſem Sonnenſchein an ſchoͤnen Bergabhaͤngen, Himmel

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/28>, abgerufen am 28.03.2024.