Herr!" erwiederte das freundliche Mädchen und verneigte sich ganz anmuthig, "der Herr und das Fräulein Dorothea thun immer was ihnen beliebt und was recht ist. Wie sie es thun, so meinen sie es auch und sind auch gar nicht wie andere Herrschaften! Ueberdies wird sich der Herr ganz gewiß verwundern und freuen über diese Bege¬ benheit; denn als er vor längerer Zeit die Bilder aus der Residenz brachte, hat die Herrschaft sie wochenlang alle Tage nach Tisch betrachtet und die Mappe mußte immer im Familienzim¬ mer stehen."
Heinrich ging aber dennoch höchst unruhig hin und her; denn er mochte nicht unhöflich und eigensinnig dem Thun der ungewöhnlichen und tüchtigen Dame entgegen sein, und doch fühlte er sich ganz befangen und beschämt, sich derge¬ stalt einzuquartieren und umzukleiden in einem adeligen Hause.
Inzwischen entstand Geräusch in dem Garten¬ haus, und Dorothea trat wieder ein und sagte: "So, nun gehen Sie und thun mir den Gefallen, sich umzukleiden; kommen Sie, hierhin, zu Apol¬
Herr!« erwiederte das freundliche Maͤdchen und verneigte ſich ganz anmuthig, »der Herr und das Fraͤulein Dorothea thun immer was ihnen beliebt und was recht iſt. Wie ſie es thun, ſo meinen ſie es auch und ſind auch gar nicht wie andere Herrſchaften! Ueberdies wird ſich der Herr ganz gewiß verwundern und freuen uͤber dieſe Bege¬ benheit; denn als er vor laͤngerer Zeit die Bilder aus der Reſidenz brachte, hat die Herrſchaft ſie wochenlang alle Tage nach Tiſch betrachtet und die Mappe mußte immer im Familienzim¬ mer ſtehen.«
Heinrich ging aber dennoch hoͤchſt unruhig hin und her; denn er mochte nicht unhoͤflich und eigenſinnig dem Thun der ungewoͤhnlichen und tuͤchtigen Dame entgegen ſein, und doch fuͤhlte er ſich ganz befangen und beſchaͤmt, ſich derge¬ ſtalt einzuquartieren und umzukleiden in einem adeligen Hauſe.
Inzwiſchen entſtand Geraͤuſch in dem Garten¬ haus, und Dorothea trat wieder ein und ſagte: »So, nun gehen Sie und thun mir den Gefallen, ſich umzukleiden; kommen Sie, hierhin, zu Apol¬
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Herr!« erwiederte das freundliche Maͤdchen und
verneigte ſich ganz anmuthig, »der Herr und das
Fraͤulein Dorothea thun immer was ihnen beliebt
und was recht iſt. Wie ſie es thun, ſo meinen
ſie es auch und ſind auch gar nicht wie andere
Herrſchaften! Ueberdies wird ſich der Herr ganz
gewiß verwundern und freuen uͤber dieſe Bege¬
benheit; denn als er vor laͤngerer Zeit die Bilder
aus der Reſidenz brachte, hat die Herrſchaft
ſie wochenlang alle Tage nach Tiſch betrachtet
und die Mappe mußte immer im Familienzim¬
mer ſtehen.«
Heinrich ging aber dennoch hoͤchſt unruhig
hin und her; denn er mochte nicht unhoͤflich und
eigenſinnig dem Thun der ungewoͤhnlichen und
tuͤchtigen Dame entgegen ſein, und doch fuͤhlte
er ſich ganz befangen und beſchaͤmt, ſich derge¬
ſtalt einzuquartieren und umzukleiden in einem
adeligen Hauſe.
Inzwiſchen entſtand Geraͤuſch in dem Garten¬
haus, und Dorothea trat wieder ein und ſagte:
»So, nun gehen Sie und thun mir den Gefallen,
ſich umzukleiden; kommen Sie, hierhin, zu Apol¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/330>, abgerufen am 28.03.2024.
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