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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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gepredigt, daß ich armer Kerl endlich von allem
Schmollen und Bössein für immer geheilt wurde.
Zum Andenken soll seine Haut nicht mehr aus
meiner Hand kommen. Das war eine schöne
Geschichte!" setzte er mit einem Seufzer hinzu?

In der Voraussicht, daß seine Leutchen, im
Fall er sie noch lebendig anträfe, jedenfalls nicht
viel Kostbares im Hause hätten, hatte er in der
letzten größeren Stadt, wo er durchgereist, einen
Korb guten Weines eingekauft, sowie einen Korb
mit verschiedenen kalten Speisen, damit in Seld¬
wyla kein Gelaufe entstehen sollte und er in aller
Stille mit der Mutter und der Schwester ein
gutes Abendbrot einnehmen konnte. So brauchte
die Mutter nur den Tisch zu decken, und Pan¬
kraz trug auf, einige gebratene Hühner, eine
herrliche Sülzpastete und ein Packet feiner kleiner
Kuchen; ja noch mehr! Auf dem Wege hatte
er bedacht, wie dunkel einst das armselige Thran¬
lämpchen gebrannt und wie oft er sich über die
kümmerliche Beleuchtung geärgert, wobei er kaum
seine müssigen Siebensachen handtieren gekonnt,
ungeachtet die Mutter, die doch ältere Augen
hatte, ihm immer das Lämpchen vor die Nase

gepredigt, daß ich armer Kerl endlich von allem
Schmollen und Bösſein für immer geheilt wurde.
Zum Andenken ſoll ſeine Haut nicht mehr aus
meiner Hand kommen. Das war eine ſchöne
Geſchichte!« ſetzte er mit einem Seufzer hinzu?

In der Vorausſicht, daß ſeine Leutchen, im
Fall er ſie noch lebendig anträfe, jedenfalls nicht
viel Koſtbares im Hauſe hätten, hatte er in der
letzten größeren Stadt, wo er durchgereiſt, einen
Korb guten Weines eingekauft, ſowie einen Korb
mit verſchiedenen kalten Speiſen, damit in Seld¬
wyla kein Gelaufe entſtehen ſollte und er in aller
Stille mit der Mutter und der Schweſter ein
gutes Abendbrot einnehmen konnte. So brauchte
die Mutter nur den Tiſch zu decken, und Pan¬
kraz trug auf, einige gebratene Hühner, eine
herrliche Sülzpaſtete und ein Packet feiner kleiner
Kuchen; ja noch mehr! Auf dem Wege hatte
er bedacht, wie dunkel einſt das armſelige Thran¬
lämpchen gebrannt und wie oft er ſich über die
kümmerliche Beleuchtung geärgert, wobei er kaum
ſeine müſſigen Siebenſachen handtieren gekonnt,
ungeachtet die Mutter, die doch ältere Augen
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[29/0041] gepredigt, daß ich armer Kerl endlich von allem Schmollen und Bösſein für immer geheilt wurde. Zum Andenken ſoll ſeine Haut nicht mehr aus meiner Hand kommen. Das war eine ſchöne Geſchichte!« ſetzte er mit einem Seufzer hinzu? In der Vorausſicht, daß ſeine Leutchen, im Fall er ſie noch lebendig anträfe, jedenfalls nicht viel Koſtbares im Hauſe hätten, hatte er in der letzten größeren Stadt, wo er durchgereiſt, einen Korb guten Weines eingekauft, ſowie einen Korb mit verſchiedenen kalten Speiſen, damit in Seld¬ wyla kein Gelaufe entſtehen ſollte und er in aller Stille mit der Mutter und der Schweſter ein gutes Abendbrot einnehmen konnte. So brauchte die Mutter nur den Tiſch zu decken, und Pan¬ kraz trug auf, einige gebratene Hühner, eine herrliche Sülzpaſtete und ein Packet feiner kleiner Kuchen; ja noch mehr! Auf dem Wege hatte er bedacht, wie dunkel einſt das armſelige Thran¬ lämpchen gebrannt und wie oft er ſich über die kümmerliche Beleuchtung geärgert, wobei er kaum ſeine müſſigen Siebenſachen handtieren gekonnt, ungeachtet die Mutter, die doch ältere Augen hatte, ihm immer das Lämpchen vor die Naſe

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/41>, abgerufen am 29.03.2024.