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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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durch Nachforschung von Freunden ein in der Ferne Woh-
nender bekannt, der neben großer Glaubenskraft vielfältige
Erfahrung in solchen Dingen besaß. Seine nähere Bezeich-
nung ist mir nicht erlaubt. Er erschien und der Kraft seines
Glaubens und seines magischen Einwirkens (das keine nähere
Beschreibung zuläßt) gelang, was vorher nie gelungen
war, die Unglückliche nicht blos vom Dämon zu befreyen,
sondern sie auch für die Zukunft zu verwahren.
Nach einem hartnäckigen Kampfe von fast drey Tagen fuhr
der Dämon, ein Teufel wieder zu seinen Teufeln aus. Seine
letzten Worte waren: "Nun muß ich fort, da steht es ja!"
und dann erfolgten die beym Hinausfahren gewöhnli-
chen Zufälle, namentlich das Zurückfallen und der Schein-
tod der U.

Eine sehr rechtschaffene Frau von hier, Frau W., die die
Fähigkeit hat, Geister zu sehen, und bey dieser letzten Scene
anwesend war, sah, während die U. im Scheintode, der eine
Viertelstunde andauerte, da lag, eine kleine ganz lichte Geister-
gestalt neben der Liegenden stehen. Auch das erste Wort der
U. war, als sie wieder erstanden: sie habe, während sie so
dagelegen, immer nur die Gestalt eines kleinen lichten Geistes
in ihrer Nähe gesehen und sonst nichts gesehen und gehört,
und wahrscheinlich bezogen sich die letzten Worte des Dämons,
die ich, als er sie aussprach, gar nicht deuten konnte: "Nun
muß ich fort, da steht es ja!" auf diese Erscheinung, die
wahrscheinlich die eines Schutzgeistes war. --

Von da an nun blieb U. von allen dämonischen Anfech-
tungen völlig frey und auch sonst ganz gesund, und ihr
Gatte schrieb mir, nachdem mehr als ein Jahr vorüber ge-
gangen:

"Mein Weib ist noch immer ganz gesund, betet und ar-
beitet, ohne alle Störung und dankt mit mir Gott, der
uns durch Ihre Mithülfe von einem Jammer befreyte,
der so lange Jahre so schwer auf uns lastete."



durch Nachforſchung von Freunden ein in der Ferne Woh-
nender bekannt, der neben großer Glaubenskraft vielfältige
Erfahrung in ſolchen Dingen beſaß. Seine nähere Bezeich-
nung iſt mir nicht erlaubt. Er erſchien und der Kraft ſeines
Glaubens und ſeines magiſchen Einwirkens (das keine nähere
Beſchreibung zuläßt) gelang, was vorher nie gelungen
war, die Unglückliche nicht blos vom Dämon zu befreyen,
ſondern ſie auch für die Zukunft zu verwahren.
Nach einem hartnäckigen Kampfe von faſt drey Tagen fuhr
der Dämon, ein Teufel wieder zu ſeinen Teufeln aus. Seine
letzten Worte waren: „Nun muß ich fort, da ſteht es ja!“
und dann erfolgten die beym Hinausfahren gewöhnli-
chen Zufälle, namentlich das Zurückfallen und der Schein-
tod der U.

Eine ſehr rechtſchaffene Frau von hier, Frau W., die die
Fähigkeit hat, Geiſter zu ſehen, und bey dieſer letzten Scene
anweſend war, ſah, während die U. im Scheintode, der eine
Viertelſtunde andauerte, da lag, eine kleine ganz lichte Geiſter-
geſtalt neben der Liegenden ſtehen. Auch das erſte Wort der
U. war, als ſie wieder erſtanden: ſie habe, während ſie ſo
dagelegen, immer nur die Geſtalt eines kleinen lichten Geiſtes
in ihrer Nähe geſehen und ſonſt nichts geſehen und gehört,
und wahrſcheinlich bezogen ſich die letzten Worte des Dämons,
die ich, als er ſie ausſprach, gar nicht deuten konnte: „Nun
muß ich fort, da ſteht es ja!“ auf dieſe Erſcheinung, die
wahrſcheinlich die eines Schutzgeiſtes war. —

Von da an nun blieb U. von allen dämoniſchen Anfech-
tungen völlig frey und auch ſonſt ganz geſund, und ihr
Gatte ſchrieb mir, nachdem mehr als ein Jahr vorüber ge-
gangen:

„Mein Weib iſt noch immer ganz geſund, betet und ar-
beitet, ohne alle Störung und dankt mit mir Gott, der
uns durch Ihre Mithülfe von einem Jammer befreyte,
der ſo lange Jahre ſo ſchwer auf uns laſtete.“



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[100/0114] durch Nachforſchung von Freunden ein in der Ferne Woh- nender bekannt, der neben großer Glaubenskraft vielfältige Erfahrung in ſolchen Dingen beſaß. Seine nähere Bezeich- nung iſt mir nicht erlaubt. Er erſchien und der Kraft ſeines Glaubens und ſeines magiſchen Einwirkens (das keine nähere Beſchreibung zuläßt) gelang, was vorher nie gelungen war, die Unglückliche nicht blos vom Dämon zu befreyen, ſondern ſie auch für die Zukunft zu verwahren. Nach einem hartnäckigen Kampfe von faſt drey Tagen fuhr der Dämon, ein Teufel wieder zu ſeinen Teufeln aus. Seine letzten Worte waren: „Nun muß ich fort, da ſteht es ja!“ und dann erfolgten die beym Hinausfahren gewöhnli- chen Zufälle, namentlich das Zurückfallen und der Schein- tod der U. Eine ſehr rechtſchaffene Frau von hier, Frau W., die die Fähigkeit hat, Geiſter zu ſehen, und bey dieſer letzten Scene anweſend war, ſah, während die U. im Scheintode, der eine Viertelſtunde andauerte, da lag, eine kleine ganz lichte Geiſter- geſtalt neben der Liegenden ſtehen. Auch das erſte Wort der U. war, als ſie wieder erſtanden: ſie habe, während ſie ſo dagelegen, immer nur die Geſtalt eines kleinen lichten Geiſtes in ihrer Nähe geſehen und ſonſt nichts geſehen und gehört, und wahrſcheinlich bezogen ſich die letzten Worte des Dämons, die ich, als er ſie ausſprach, gar nicht deuten konnte: „Nun muß ich fort, da ſteht es ja!“ auf dieſe Erſcheinung, die wahrſcheinlich die eines Schutzgeiſtes war. — Von da an nun blieb U. von allen dämoniſchen Anfech- tungen völlig frey und auch ſonſt ganz geſund, und ihr Gatte ſchrieb mir, nachdem mehr als ein Jahr vorüber ge- gangen: „Mein Weib iſt noch immer ganz geſund, betet und ar- beitet, ohne alle Störung und dankt mit mir Gott, der uns durch Ihre Mithülfe von einem Jammer befreyte, der ſo lange Jahre ſo ſchwer auf uns laſtete.“

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/114>, abgerufen am 29.03.2024.