"Lügnerisches Gepack, hab ich euch nicht "lange genug gefuchsschwänzt, vom stolzen "Patrizier bis zu dem Schuhmacher und "Pfefferkrämer, denen ihr den Rathsherrn- "kragen um die Hälse hängt, wie dem Esel "die Halfter, und ihr habt mich an eurer "Schwelle stehen lassen, und kaum eines "Blicks gewürdigt. Nun ihr hört, daß der "gnädige Herr hier, mich für den Mann hält, "den ihr nicht in mir sehen konntet, so "kommt ihr, mir den Fuchsschwanz zu strei- "chen. Seht, hier ist Gold, wofür ihr "gern das heilige römische Reich verkaufen "würdet, wenn ihr nur einen Narren fin- "den könntet, der den ungeheuren Rumpf "ohne Kopf, Sinn und Verbindung kau- "fen möchte."
Den Teufel freute Fausts Zorn und die Schaam der jungen Senatoren höchlich; sie aber, die die Geschichte der Römer nie gele- sen hatten, waren nicht so hohen und feuri- gen Sinns, um gleich eine Kriegserklärung aus ihrem zusammengefaltnen Rathsherrn-
mantel
„Luͤgneriſches Gepack, hab ich euch nicht „lange genug gefuchsſchwaͤnzt, vom ſtolzen „Patrizier bis zu dem Schuhmacher und „Pfefferkraͤmer, denen ihr den Rathsherrn- „kragen um die Haͤlſe haͤngt, wie dem Eſel „die Halfter, und ihr habt mich an eurer „Schwelle ſtehen laſſen, und kaum eines „Blicks gewuͤrdigt. Nun ihr hoͤrt, daß der „gnaͤdige Herr hier, mich fuͤr den Mann haͤlt, „den ihr nicht in mir ſehen konntet, ſo „kommt ihr, mir den Fuchsſchwanz zu ſtrei- „chen. Seht, hier iſt Gold, wofuͤr ihr „gern das heilige roͤmiſche Reich verkaufen „wuͤrdet, wenn ihr nur einen Narren fin- „den koͤnntet, der den ungeheuren Rumpf „ohne Kopf, Sinn und Verbindung kau- „fen moͤchte.“
Den Teufel freute Fauſts Zorn und die Schaam der jungen Senatoren hoͤchlich; ſie aber, die die Geſchichte der Roͤmer nie gele- ſen hatten, waren nicht ſo hohen und feuri- gen Sinns, um gleich eine Kriegserklaͤrung aus ihrem zuſammengefaltnen Rathsherrn-
mantel
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0102"n="91"/><p>„Luͤgneriſches Gepack, hab ich euch nicht<lb/>„lange genug gefuchsſchwaͤnzt, vom ſtolzen<lb/>„Patrizier bis zu dem Schuhmacher und<lb/>„Pfefferkraͤmer, denen ihr den Rathsherrn-<lb/>„kragen um die Haͤlſe haͤngt, wie dem Eſel<lb/>„die Halfter, und ihr habt mich an eurer<lb/>„Schwelle ſtehen laſſen, und kaum eines<lb/>„Blicks gewuͤrdigt. Nun ihr hoͤrt, daß der<lb/>„gnaͤdige Herr hier, mich fuͤr den Mann haͤlt,<lb/>„den ihr nicht in mir ſehen konntet, ſo<lb/>„kommt ihr, mir den Fuchsſchwanz zu ſtrei-<lb/>„chen. Seht, hier iſt Gold, wofuͤr ihr<lb/>„gern das heilige roͤmiſche Reich verkaufen<lb/>„wuͤrdet, wenn ihr nur einen Narren fin-<lb/>„den koͤnntet, der den ungeheuren Rumpf<lb/>„ohne Kopf, Sinn und Verbindung kau-<lb/>„fen moͤchte.“</p><lb/><p>Den Teufel freute Fauſts Zorn und die<lb/>
Schaam der jungen Senatoren hoͤchlich; ſie<lb/>
aber, die die Geſchichte der Roͤmer nie gele-<lb/>ſen hatten, waren nicht ſo hohen und feuri-<lb/>
gen Sinns, um gleich eine Kriegserklaͤrung<lb/>
aus ihrem zuſammengefaltnen Rathsherrn-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mantel</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[91/0102]
„Luͤgneriſches Gepack, hab ich euch nicht
„lange genug gefuchsſchwaͤnzt, vom ſtolzen
„Patrizier bis zu dem Schuhmacher und
„Pfefferkraͤmer, denen ihr den Rathsherrn-
„kragen um die Haͤlſe haͤngt, wie dem Eſel
„die Halfter, und ihr habt mich an eurer
„Schwelle ſtehen laſſen, und kaum eines
„Blicks gewuͤrdigt. Nun ihr hoͤrt, daß der
„gnaͤdige Herr hier, mich fuͤr den Mann haͤlt,
„den ihr nicht in mir ſehen konntet, ſo
„kommt ihr, mir den Fuchsſchwanz zu ſtrei-
„chen. Seht, hier iſt Gold, wofuͤr ihr
„gern das heilige roͤmiſche Reich verkaufen
„wuͤrdet, wenn ihr nur einen Narren fin-
„den koͤnntet, der den ungeheuren Rumpf
„ohne Kopf, Sinn und Verbindung kau-
„fen moͤchte.“
Den Teufel freute Fauſts Zorn und die
Schaam der jungen Senatoren hoͤchlich; ſie
aber, die die Geſchichte der Roͤmer nie gele-
ſen hatten, waren nicht ſo hohen und feuri-
gen Sinns, um gleich eine Kriegserklaͤrung
aus ihrem zuſammengefaltnen Rathsherrn-
mantel
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/102>, abgerufen am 08.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.