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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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te ein Diener ein dolles Frühstück, d[ie] Klei-
nen fielen darüber her, schrien und [ja]uchz-
ten. Die Mutter hatte den Hunger ve[rg]essen.

Fausts Vater sagte seinem Sohn leise:
"Hast du dies alles auf eine redliche Art er-
"worben, so laß uns Gott danken, mein
"So[h]n, und des Bescheerten genießen Ich
"habe seit einigen Nächten schreckliche Ge-
"sichter und Ahndungen gehabt, doch ich
"hoffe, sie kommen von unserm Kummerher."

Diese Anmerkung des Alten, wollte tief
in Fausts Seele sinken; aber die Freude,
seine Kinder so gierig und vergnügt essen zu
sehen, zu bemerken, wie freundlich und dank-
bar sein ältester Sohn und Liebling nach
ihm blickte, der Gedanke, ihrem Elend ab-
geholfen zu haben, der Mißmuth über das
Vergangene, der innere Zug nach Genuß,
dämpften die Aufwallung. Der Teufel leg-
te noch eine Summe zu dem Golde, beschenk-
te die junge Frau mit einem edlen Hals-
schmuck, gab jedem der Kinder etwas, und

ver-

te ein Diener ein dolles Fruͤhſtuͤck, d[ie] Klei-
nen fielen daruͤber her, ſchrien und [ja]uchz-
ten. Die Mutter hatte den Hunger ve[rg]eſſen.

Fauſts Vater ſagte ſeinem Sohn leiſe:
„Haſt du dies alles auf eine redliche Art er-
„worben, ſo laß uns Gott danken, mein
„So[h]n, und des Beſcheerten genießen Ich
„habe ſeit einigen Naͤchten ſchreckliche Ge-
„ſichter und Ahndungen gehabt, doch ich
„hoffe, ſie kommen von unſerm Kummerher.“

Dieſe Anmerkung des Alten, wollte tief
in Fauſts Seele ſinken; aber die Freude,
ſeine Kinder ſo gierig und vergnuͤgt eſſen zu
ſehen, zu bemerken, wie freundlich und dank-
bar ſein aͤlteſter Sohn und Liebling nach
ihm blickte, der Gedanke, ihrem Elend ab-
geholfen zu haben, der Mißmuth uͤber das
Vergangene, der innere Zug nach Genuß,
daͤmpften die Aufwallung. Der Teufel leg-
te noch eine Summe zu dem Golde, beſchenk-
te die junge Frau mit einem edlen Hals-
ſchmuck, gab jedem der Kinder etwas, und

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[126/0137] te ein Diener ein dolles Fruͤhſtuͤck, die Klei- nen fielen daruͤber her, ſchrien und jauchz- ten. Die Mutter hatte den Hunger vergeſſen. Fauſts Vater ſagte ſeinem Sohn leiſe: „Haſt du dies alles auf eine redliche Art er- „worben, ſo laß uns Gott danken, mein „Sohn, und des Beſcheerten genießen Ich „habe ſeit einigen Naͤchten ſchreckliche Ge- „ſichter und Ahndungen gehabt, doch ich „hoffe, ſie kommen von unſerm Kummerher.“ Dieſe Anmerkung des Alten, wollte tief in Fauſts Seele ſinken; aber die Freude, ſeine Kinder ſo gierig und vergnuͤgt eſſen zu ſehen, zu bemerken, wie freundlich und dank- bar ſein aͤlteſter Sohn und Liebling nach ihm blickte, der Gedanke, ihrem Elend ab- geholfen zu haben, der Mißmuth uͤber das Vergangene, der innere Zug nach Genuß, daͤmpften die Aufwallung. Der Teufel leg- te noch eine Summe zu dem Golde, beſchenk- te die junge Frau mit einem edlen Hals- ſchmuck, gab jedem der Kinder etwas, und ver-

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/137>, abgerufen am 23.04.2024.