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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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in ihm einen Mann der Gerechtigkeit über-
liefern muß, der durch seine Eigenschaften
seinem Vaterlande hätte nützlich seyn können,
wenn es ihm nicht gefallen hätte, sie zu des-
sen Untergang anzuwenden. Ich will nach
dem Grund zu dieser Verirrung nicht in
seinen Busen greifen, und es seinem eignen
Gewissen überlassen. Lange hatte ich Ge-
duld mit seinem gefährlichen Wahnsinn; da
er aber das Volk aufwiegelte, für dessen
Bestes ich zu sorgen habe, und sich zum
Haupt einer Empörung aufwarf, so muß
er sterben, wie es mein einziger Sohn müßte,
wenn er ein gleiches unternehmen sollte.
Das Gesetz hat ihn verurtheilt, nicht ich,
er kennt dieses Gesetz, und weiß welche Fol-
gen Empörung nach sich zieht. Das Ur-
theil der Welt nehme ich auf mich, und ha-
be nichts dagegen zu setzen, als die Ruhe
und das Glück dieses Volks, das es später
erkennen wird, daß nur ich sein Vater bin.
Wenn es euch nicht genug ist, dem ersten
Eindruck zu folgen, so verweilet hier, und

wenn

in ihm einen Mann der Gerechtigkeit uͤber-
liefern muß, der durch ſeine Eigenſchaften
ſeinem Vaterlande haͤtte nuͤtzlich ſeyn koͤnnen,
wenn es ihm nicht gefallen haͤtte, ſie zu deſ-
ſen Untergang anzuwenden. Ich will nach
dem Grund zu dieſer Verirrung nicht in
ſeinen Buſen greifen, und es ſeinem eignen
Gewiſſen uͤberlaſſen. Lange hatte ich Ge-
duld mit ſeinem gefaͤhrlichen Wahnſinn; da
er aber das Volk aufwiegelte, fuͤr deſſen
Beſtes ich zu ſorgen habe, und ſich zum
Haupt einer Empoͤrung aufwarf, ſo muß
er ſterben, wie es mein einziger Sohn muͤßte,
wenn er ein gleiches unternehmen ſollte.
Das Geſetz hat ihn verurtheilt, nicht ich,
er kennt dieſes Geſetz, und weiß welche Fol-
gen Empoͤrung nach ſich zieht. Das Ur-
theil der Welt nehme ich auf mich, und ha-
be nichts dagegen zu ſetzen, als die Ruhe
und das Gluͤck dieſes Volks, das es ſpaͤter
erkennen wird, daß nur ich ſein Vater bin.
Wenn es euch nicht genug iſt, dem erſten
Eindruck zu folgen, ſo verweilet hier, und

wenn
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[173/0184] in ihm einen Mann der Gerechtigkeit uͤber- liefern muß, der durch ſeine Eigenſchaften ſeinem Vaterlande haͤtte nuͤtzlich ſeyn koͤnnen, wenn es ihm nicht gefallen haͤtte, ſie zu deſ- ſen Untergang anzuwenden. Ich will nach dem Grund zu dieſer Verirrung nicht in ſeinen Buſen greifen, und es ſeinem eignen Gewiſſen uͤberlaſſen. Lange hatte ich Ge- duld mit ſeinem gefaͤhrlichen Wahnſinn; da er aber das Volk aufwiegelte, fuͤr deſſen Beſtes ich zu ſorgen habe, und ſich zum Haupt einer Empoͤrung aufwarf, ſo muß er ſterben, wie es mein einziger Sohn muͤßte, wenn er ein gleiches unternehmen ſollte. Das Geſetz hat ihn verurtheilt, nicht ich, er kennt dieſes Geſetz, und weiß welche Fol- gen Empoͤrung nach ſich zieht. Das Ur- theil der Welt nehme ich auf mich, und ha- be nichts dagegen zu ſetzen, als die Ruhe und das Gluͤck dieſes Volks, das es ſpaͤter erkennen wird, daß nur ich ſein Vater bin. Wenn es euch nicht genug iſt, dem erſten Eindruck zu folgen, ſo verweilet hier, und wenn

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/184>, abgerufen am 19.04.2024.