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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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"lich? Träumte mir doch auch, ich schliefe
"mit dem Pater Gebhardt, meinem Beicht-
"vater, und wenn es der böse Feind ge-
"than hat," (hier machte sie und die übri-
gen alle ein Kreuz) "so mögen sie ihm die
"Disciplin geben. Ich für meinen Theil,
"habe nie eine kurzweiligere Nacht gehabt,
"sie komme, woher sie wolle." "Der Pater
"Gebhardt?" schrie die Pförtnerin. "Nun
"alle ihr Engel und Schutzheiligen! das
"ist er eben, dem von euch geträumt hat,
"dem euch vielmehr der Teufel zugeführt
"hat, und den sie nun darum verbrennen
"wollen." So gieng die Pförtnerin noch
einen Schritt weiter, verkörperte den Traum,
und in dieser Gestalt flog er in die Stadt.
Man ließ die Mutter Gottes so nackend ste-
hen wie sie war, bekümmerte sich nichts
mehr darum, ob es die weissen Nonnen den
schwarzen zuvor thun würden. Die Aeb-
tißin machte sich auf den Weg, um die höl-
lische Geschichte auszubreiten, ihr folgte
die Schaffnerin; die Pförtnerin hielt eine

Ver-

„lich? Traͤumte mir doch auch, ich ſchliefe
„mit dem Pater Gebhardt, meinem Beicht-
„vater, und wenn es der boͤſe Feind ge-
„than hat,“ (hier machte ſie und die uͤbri-
gen alle ein Kreuz) „ſo moͤgen ſie ihm die
„Diſciplin geben. Ich fuͤr meinen Theil,
„habe nie eine kurzweiligere Nacht gehabt,
„ſie komme, woher ſie wolle.“ „Der Pater
„Gebhardt?“ ſchrie die Pfoͤrtnerin. „Nun
„alle ihr Engel und Schutzheiligen! das
„iſt er eben, dem von euch getraͤumt hat,
„dem euch vielmehr der Teufel zugefuͤhrt
„hat, und den ſie nun darum verbrennen
„wollen.“ So gieng die Pfoͤrtnerin noch
einen Schritt weiter, verkoͤrperte den Traum,
und in dieſer Geſtalt flog er in die Stadt.
Man ließ die Mutter Gottes ſo nackend ſte-
hen wie ſie war, bekuͤmmerte ſich nichts
mehr darum, ob es die weiſſen Nonnen den
ſchwarzen zuvor thun wuͤrden. Die Aeb-
tißin machte ſich auf den Weg, um die hoͤl-
liſche Geſchichte auszubreiten, ihr folgte
die Schaffnerin; die Pfoͤrtnerin hielt eine

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[13/0024] „lich? Traͤumte mir doch auch, ich ſchliefe „mit dem Pater Gebhardt, meinem Beicht- „vater, und wenn es der boͤſe Feind ge- „than hat,“ (hier machte ſie und die uͤbri- gen alle ein Kreuz) „ſo moͤgen ſie ihm die „Diſciplin geben. Ich fuͤr meinen Theil, „habe nie eine kurzweiligere Nacht gehabt, „ſie komme, woher ſie wolle.“ „Der Pater „Gebhardt?“ ſchrie die Pfoͤrtnerin. „Nun „alle ihr Engel und Schutzheiligen! das „iſt er eben, dem von euch getraͤumt hat, „dem euch vielmehr der Teufel zugefuͤhrt „hat, und den ſie nun darum verbrennen „wollen.“ So gieng die Pfoͤrtnerin noch einen Schritt weiter, verkoͤrperte den Traum, und in dieſer Geſtalt flog er in die Stadt. Man ließ die Mutter Gottes ſo nackend ſte- hen wie ſie war, bekuͤmmerte ſich nichts mehr darum, ob es die weiſſen Nonnen den ſchwarzen zuvor thun wuͤrden. Die Aeb- tißin machte ſich auf den Weg, um die hoͤl- liſche Geſchichte auszubreiten, ihr folgte die Schaffnerin; die Pfoͤrtnerin hielt eine Ver-

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/24>, abgerufen am 28.03.2024.