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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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heftig, daß er mit seiner hohen Person sein
Spiel getrieben, daß er dem Hang sich zu
rächen nicht widerstehen konnte, und da
Faust in keiner bessern Laune gegen den
Mönch war, so machten sie sich auf ihm ei-
nen Streich zu spielen. Sie giengen nach
dem Kloster, und da sie beyde stattlich ge-
kleidet waren, und Leute von Rang und Be-
deutung zu seyn schienen, so wurden sie von
dem jungen Mönch sehr freundlich und herz-
lich empfangen. Aber kaum sah er den
Teufel schärfer an, als er von seinem Ange-
sichte so begeistert wurde, daß er alle Worte
des Grußes vergaß, ihm stark die Hand
schüttelte, sich dann von ihm entfernte,
und ihn bald en face, bald en profil an-
starrte. Hierauf rief er hochbegeistert:

"Ha! wer bist du, Uebergroßer?

"Ja, man kann, was man will.

"Man will, was man kann! dies sagt
"mir dein Gesicht, und ich brauche dich
"nicht zu kennen, und dies zu sagen. Nie
"hab' ich die Gewißheit meiner Wissen-

"schaft
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heftig, daß er mit ſeiner hohen Perſon ſein
Spiel getrieben, daß er dem Hang ſich zu
raͤchen nicht widerſtehen konnte, und da
Fauſt in keiner beſſern Laune gegen den
Moͤnch war, ſo machten ſie ſich auf ihm ei-
nen Streich zu ſpielen. Sie giengen nach
dem Kloſter, und da ſie beyde ſtattlich ge-
kleidet waren, und Leute von Rang und Be-
deutung zu ſeyn ſchienen, ſo wurden ſie von
dem jungen Moͤnch ſehr freundlich und herz-
lich empfangen. Aber kaum ſah er den
Teufel ſchaͤrfer an, als er von ſeinem Ange-
ſichte ſo begeiſtert wurde, daß er alle Worte
des Grußes vergaß, ihm ſtark die Hand
ſchuͤttelte, ſich dann von ihm entfernte,
und ihn bald en face, bald en profil an-
ſtarrte. Hierauf rief er hochbegeiſtert:

„Ha! wer biſt du, Uebergroßer?

„Ja, man kann, was man will.

„Man will, was man kann! dies ſagt
„mir dein Geſicht, und ich brauche dich
„nicht zu kennen, und dies zu ſagen. Nie
„hab’ ich die Gewißheit meiner Wiſſen-

„ſchaft
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[229/0240] heftig, daß er mit ſeiner hohen Perſon ſein Spiel getrieben, daß er dem Hang ſich zu raͤchen nicht widerſtehen konnte, und da Fauſt in keiner beſſern Laune gegen den Moͤnch war, ſo machten ſie ſich auf ihm ei- nen Streich zu ſpielen. Sie giengen nach dem Kloſter, und da ſie beyde ſtattlich ge- kleidet waren, und Leute von Rang und Be- deutung zu ſeyn ſchienen, ſo wurden ſie von dem jungen Moͤnch ſehr freundlich und herz- lich empfangen. Aber kaum ſah er den Teufel ſchaͤrfer an, als er von ſeinem Ange- ſichte ſo begeiſtert wurde, daß er alle Worte des Grußes vergaß, ihm ſtark die Hand ſchuͤttelte, ſich dann von ihm entfernte, und ihn bald en face, bald en profil an- ſtarrte. Hierauf rief er hochbegeiſtert: „Ha! wer biſt du, Uebergroßer? „Ja, man kann, was man will. „Man will, was man kann! dies ſagt „mir dein Geſicht, und ich brauche dich „nicht zu kennen, und dies zu ſagen. Nie „hab’ ich die Gewißheit meiner Wiſſen- „ſchaft P 3

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/240>, abgerufen am 28.03.2024.