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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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heimniß zu verrathen, oder aus dieser Gruft
sein Grab zu machen. Lange hätte er ru-
fen mögen, dieses Gewölbe war mit dem be-
wohnten Theil des Hauses außer aller Ver-
bindung, und er wußte die Zeit so gut zu
wählen, daß ihn bisher noch niemand be-
merkt hatte, wenn er zu seinem Gott schlich.
Nachdem er lange gekämpft hatte, ohne sich
entschließen zu können, nahm das Bangen
seines Herzens, durch die schrecklichen Vor-
stellungen, und die schwere, verschloßne Luft
so zu, daß es sein Gehirn verwirrte. Er
sank nieder, kroch zu seinem Kasten zurück,
umfaßte ihn, und fieng bald an zu wüthen.
Hier kämpfte er mit der Verzweiflung, und
dem scheußlichsten Tod, während seine Toch-
ter, deren Unschuld er für das Gold, auf
welchem er nun winselte, verkauft hatte,
Faust den Lohn seiner Sünde abtrug. Nach
einigen Tagen, da man schon alle Winkel
vergebens durchsucht hatte, führte der Zu-
fall einen Diener nach dem Gewölbe. Man
öfnete es, und fand den Verzweifelten blau

und

heimniß zu verrathen, oder aus dieſer Gruft
ſein Grab zu machen. Lange haͤtte er ru-
fen moͤgen, dieſes Gewoͤlbe war mit dem be-
wohnten Theil des Hauſes außer aller Ver-
bindung, und er wußte die Zeit ſo gut zu
waͤhlen, daß ihn bisher noch niemand be-
merkt hatte, wenn er zu ſeinem Gott ſchlich.
Nachdem er lange gekaͤmpft hatte, ohne ſich
entſchließen zu koͤnnen, nahm das Bangen
ſeines Herzens, durch die ſchrecklichen Vor-
ſtellungen, und die ſchwere, verſchloßne Luft
ſo zu, daß es ſein Gehirn verwirrte. Er
ſank nieder, kroch zu ſeinem Kaſten zuruͤck,
umfaßte ihn, und fieng bald an zu wuͤthen.
Hier kaͤmpfte er mit der Verzweiflung, und
dem ſcheußlichſten Tod, waͤhrend ſeine Toch-
ter, deren Unſchuld er fuͤr das Gold, auf
welchem er nun winſelte, verkauft hatte,
Fauſt den Lohn ſeiner Suͤnde abtrug. Nach
einigen Tagen, da man ſchon alle Winkel
vergebens durchſucht hatte, fuͤhrte der Zu-
fall einen Diener nach dem Gewoͤlbe. Man
oͤfnete es, und fand den Verzweifelten blau

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[269/0280] heimniß zu verrathen, oder aus dieſer Gruft ſein Grab zu machen. Lange haͤtte er ru- fen moͤgen, dieſes Gewoͤlbe war mit dem be- wohnten Theil des Hauſes außer aller Ver- bindung, und er wußte die Zeit ſo gut zu waͤhlen, daß ihn bisher noch niemand be- merkt hatte, wenn er zu ſeinem Gott ſchlich. Nachdem er lange gekaͤmpft hatte, ohne ſich entſchließen zu koͤnnen, nahm das Bangen ſeines Herzens, durch die ſchrecklichen Vor- ſtellungen, und die ſchwere, verſchloßne Luft ſo zu, daß es ſein Gehirn verwirrte. Er ſank nieder, kroch zu ſeinem Kaſten zuruͤck, umfaßte ihn, und fieng bald an zu wuͤthen. Hier kaͤmpfte er mit der Verzweiflung, und dem ſcheußlichſten Tod, waͤhrend ſeine Toch- ter, deren Unſchuld er fuͤr das Gold, auf welchem er nun winſelte, verkauft hatte, Fauſt den Lohn ſeiner Suͤnde abtrug. Nach einigen Tagen, da man ſchon alle Winkel vergebens durchſucht hatte, fuͤhrte der Zu- fall einen Diener nach dem Gewoͤlbe. Man oͤfnete es, und fand den Verzweifelten blau und

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/280>, abgerufen am 25.04.2024.