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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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rechtmäßigen König von England, nebst sei-
nem Bruder York durch Meuchelmör der er-
morden, und an der Schwelle ihres Gefäng-
nisses begraben ließ. Er war Zeuge der
niederträchtigen Unterwerfung des Parla-
ments, und der Krönung des scheußlichen
Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie sich
die Königin mit dem Mörder ihrer Söhne
in Unterhandlung einließ, seine gewaltsame
Thronbesteigung durch die Hand ihrer älte-
sten Tochter zu unterstützen, um im Glanz
des Hofes und der Herrschaft erscheinen zu
können, ob sie gleich durch die empörten
Großen des Reichs, mit ihrem künftigen
Rächer, dem Grafen Reichmond, in gleiche
Verbindung getreten war. Dieses brachte
Fausten so auf, daß ihn selbst die Reize der
schönen Engländerinnen nicht länger in die-
ser Insel fesseln konnten, er verließ sie im
finstern Groll, denn so kalt und ohne allen
Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be-
gehen sehen. Er war noch nicht in Rom
gewesen. Als sie im Begriff waren,

sich

rechtmaͤßigen Koͤnig von England, nebſt ſei-
nem Bruder York durch Meuchelmoͤr der er-
morden, und an der Schwelle ihres Gefaͤng-
niſſes begraben ließ. Er war Zeuge der
niedertraͤchtigen Unterwerfung des Parla-
ments, und der Kroͤnung des ſcheußlichen
Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie ſich
die Koͤnigin mit dem Moͤrder ihrer Soͤhne
in Unterhandlung einließ, ſeine gewaltſame
Thronbeſteigung durch die Hand ihrer aͤlte-
ſten Tochter zu unterſtuͤtzen, um im Glanz
des Hofes und der Herrſchaft erſcheinen zu
koͤnnen, ob ſie gleich durch die empoͤrten
Großen des Reichs, mit ihrem kuͤnftigen
Raͤcher, dem Grafen Reichmond, in gleiche
Verbindung getreten war. Dieſes brachte
Fauſten ſo auf, daß ihn ſelbſt die Reize der
ſchoͤnen Englaͤnderinnen nicht laͤnger in die-
ſer Inſel feſſeln konnten, er verließ ſie im
finſtern Groll, denn ſo kalt und ohne allen
Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be-
gehen ſehen. Er war noch nicht in Rom
geweſen. Als ſie im Begriff waren,

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[292/0303] rechtmaͤßigen Koͤnig von England, nebſt ſei- nem Bruder York durch Meuchelmoͤr der er- morden, und an der Schwelle ihres Gefaͤng- niſſes begraben ließ. Er war Zeuge der niedertraͤchtigen Unterwerfung des Parla- ments, und der Kroͤnung des ſcheußlichen Tyrannen. Er war Zeuge davon, wie ſich die Koͤnigin mit dem Moͤrder ihrer Soͤhne in Unterhandlung einließ, ſeine gewaltſame Thronbeſteigung durch die Hand ihrer aͤlte- ſten Tochter zu unterſtuͤtzen, um im Glanz des Hofes und der Herrſchaft erſcheinen zu koͤnnen, ob ſie gleich durch die empoͤrten Großen des Reichs, mit ihrem kuͤnftigen Raͤcher, dem Grafen Reichmond, in gleiche Verbindung getreten war. Dieſes brachte Fauſten ſo auf, daß ihn ſelbſt die Reize der ſchoͤnen Englaͤnderinnen nicht laͤnger in die- ſer Inſel feſſeln konnten, er verließ ſie im finſtern Groll, denn ſo kalt und ohne allen Schleier hatte er noch nicht Verbrechen be- gehen ſehen. Er war noch nicht in Rom geweſen. Als ſie im Begriff waren, ſich

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/303>, abgerufen am 19.04.2024.