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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Anwesenden frohlockend empfangen, der
Schildknappe führte ihm die Ziege zu, er
nannte sie seine Kamilla, und streichelte sie
unter süßen Liebkosungen.

Faust entfernte sich von dem Kampfplatz,
und wankte zwischen dem Kitzel zu lachen,
und dem Gefühl des Unwillens, als der
Teufel ihm folgendes hinwarf:

"Faust, dieser lustige Zweykampf hat
"dich mit dem päpstlichen General bekannt
"gemacht; aber der gegen ihm über stehende
"ist nicht weniger merkwürdig. Dieser schlug
"sich auf Gefahr seines Lebens um eine
"weisse Ziege, und der andre hat schon zwey
"seiner Weiber, aus den besten Häusern
"Italiens, vergiftet und mit eigner Hand
"erdrosselt, um schnell von ihnen zu erben.
"Er freyt wirklich um die dritte, und wenn
"er auf den Füßen bleibt, so wird sie ver-
"muthlich ein gleiches Schicksal haben.
"Beyde sind übrigens sehr religiöse Män-
"ner, halten Proceßionen, widmen dem Him-
"mel Gelübde, und flehen ihn um Sieg an;

"für

Anweſenden frohlockend empfangen, der
Schildknappe fuͤhrte ihm die Ziege zu, er
nannte ſie ſeine Kamilla, und ſtreichelte ſie
unter ſuͤßen Liebkoſungen.

Fauſt entfernte ſich von dem Kampfplatz,
und wankte zwiſchen dem Kitzel zu lachen,
und dem Gefuͤhl des Unwillens, als der
Teufel ihm folgendes hinwarf:

„Fauſt, dieſer luſtige Zweykampf hat
„dich mit dem paͤpſtlichen General bekannt
„gemacht; aber der gegen ihm uͤber ſtehende
„iſt nicht weniger merkwuͤrdig. Dieſer ſchlug
„ſich auf Gefahr ſeines Lebens um eine
„weiſſe Ziege, und der andre hat ſchon zwey
„ſeiner Weiber, aus den beſten Haͤuſern
„Italiens, vergiftet und mit eigner Hand
„erdroſſelt, um ſchnell von ihnen zu erben.
„Er freyt wirklich um die dritte, und wenn
„er auf den Fuͤßen bleibt, ſo wird ſie ver-
„muthlich ein gleiches Schickſal haben.
„Beyde ſind uͤbrigens ſehr religioͤſe Maͤn-
„ner, halten Proceßionen, widmen dem Him-
„mel Geluͤbde, und flehen ihn um Sieg an;

„fuͤr
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[300/0311] Anweſenden frohlockend empfangen, der Schildknappe fuͤhrte ihm die Ziege zu, er nannte ſie ſeine Kamilla, und ſtreichelte ſie unter ſuͤßen Liebkoſungen. Fauſt entfernte ſich von dem Kampfplatz, und wankte zwiſchen dem Kitzel zu lachen, und dem Gefuͤhl des Unwillens, als der Teufel ihm folgendes hinwarf: „Fauſt, dieſer luſtige Zweykampf hat „dich mit dem paͤpſtlichen General bekannt „gemacht; aber der gegen ihm uͤber ſtehende „iſt nicht weniger merkwuͤrdig. Dieſer ſchlug „ſich auf Gefahr ſeines Lebens um eine „weiſſe Ziege, und der andre hat ſchon zwey „ſeiner Weiber, aus den beſten Haͤuſern „Italiens, vergiftet und mit eigner Hand „erdroſſelt, um ſchnell von ihnen zu erben. „Er freyt wirklich um die dritte, und wenn „er auf den Fuͤßen bleibt, ſo wird ſie ver- „muthlich ein gleiches Schickſal haben. „Beyde ſind uͤbrigens ſehr religioͤſe Maͤn- „ner, halten Proceßionen, widmen dem Him- „mel Geluͤbde, und flehen ihn um Sieg an; „fuͤr

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/311>, abgerufen am 16.04.2024.